"Entscheidend ist, dass jetzt gesprochen wird", sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch am Rande einer Veranstaltung des Wirtschaftsrats der CDU in Berlin. "Zölle sind als politisches Mittel immer nur Ultima Ratio und häufig der schlechteste Weg." Deutschland sei ein handels- und exportorientiertes Land, das den offenen Markt und gleiche Wettbewerbsbedingungen brauche. Verstöße müssten im Zweifelsfall sanktioniert werden. Es gebe aber die Chance, dass man versuche, eine drohende Spirale zu unterbinden. "Denn das wäre wirklich schlecht, wenn Zölle als protektionistisches Mittel eingesetzt werden, wenn wir in einen Zollwettlauf mit China einsteigen, dann wäre das Kind mit dem Bade ausgeschüttet."
Verkehrsminister Wissing schrieb im Netzwerk X: "Strafzölle der EU-Kommission treffen deutsche Unternehmen und ihre Spitzenprodukte. Durch mehr Wettbewerb, offene Märkte und erheblich bessere Standortbedingungen in der EU müssen Fahrzeuge preiswerter werden, nicht durch Handelskrieg und Marktabschottung."
Hohe Strafzölle geplant
Wie die EU-Kommission in Brüssel mitteilte, wird die Höhe der Importzölle je nach Automarke zwischen 17 und 38 Prozent liegen. Die Kommission begründete den Schritt damit, dass E-Auto-Importe aus China der europäischen Autobranche schadeten. Sie war im Rahmen einer Untersuchung vorläufig zu dem Schluss gekommen, dass die Wertschöpfungskette für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge in China von einer unfairen Subventionierung profitiert.
Peking: Strafzölle auf E-Autos sind Verstoß gegen internationale Handelsregeln
Die chinesische Regierung kritisierte die Ankündigung der EU-Kommission. Sie warf Brüssel Protektionismus vor. Die Pläne verstießen gegen internationale Handelsregeln, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. China hatte bereits im Vorfeld der Brüsseler Entscheidung angekündigt, höhere Zölle der EU nicht hinzunehmen, und mit Gegenmaßnahmen gedroht.
Deutsche Autohersteller befürchten Vergeltung
Insbesondere die deutschen Autobauer sind stark vom Absatz in China abhängig - und fürchten daher Vergeltungsmaßnahmen aus Peking. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnte, die Entscheidung der EU-Kommission werde für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft nicht ohne Folgen bleiben. Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Müller, sprach von einem "weiteren Schritt weg von globaler Zusammenarbeit". Der weltgrößte Autozulieferer Bosch gab zu bedenken, höhere Importzölle könnten das Wirtschaftswachstum bremsen und die Inflation befeuern, was große Teile der Bevölkerung treffe.
Fratzscher bezeichnet EU-Maßnahmen als notwendig
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Fratzscher, hält die EU-Maßnahmen hingegen für notwendig zur Verteidigung der Prinzipien einer fairen Marktwirtschaft und zum Schutz der europäischen Wirtschaftsstandorte. "Deutschland und Europa sollten nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen, wie beispielsweise bei der Solarbranche, und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit gegen kurzfristige Erträge opfern", so Fratzscher.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Wettbewerbsökonom Südekum von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Es gehe bei den Strafzöllen nicht um Protektionismus. Es sei eine Reaktion Europas auf unfaire chinesische Wettbewerbspraktiken.
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Diese Nachricht wurde am 12.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.