Donnerstag, 02. Mai 2024

Ein Jahr Atomausstieg
Habeck verweist auf fallende Strompreise und sichere Versorgung - DIHK widerspricht

Ein Jahr nach dem deutschen Atomausstieg hat Bundeswirtschaftsminister Habeck die Entscheidung zur Abschaltung der letzten Atomkraftwerke verteidigt und auf fallende Strompreise verwiesen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer beklagt hingegen weiterhin zu hohe Energiekosten.

14.04.2024
    Aus dem Kühlturm des abgeschalteten Atomkraftwerks Isar 2 kommt kein Wasserdampf mehr. Man sieht im Vordergrund eine Autobahn.
    Aus dem Kühlturm des abgeschalteten Atomkraftwerks Isar 2 kommt kein Wasserdampf mehr. (IMAGO / Wolfgang Maria Weber / IMAGO / Wolfgang Maria Weber)
    Habeck sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, alle an die Wand gemalten Schreckensszenarien seien nicht eingetreten. Die Stromversorgung sei weiter sicher, die Strompreise seien auch nach dem Atomausstieg gefallen und die CO2-Emissionen würden ebenfalls runtergehen.
    Nach Angaben von Habeck hat Deutschland ausreichend eigene Kapazitäten, um den Strombedarf im Inland zu decken. Nur zwei Prozent des Bruttostromverbrauchs seien im vergangenen Jahr mit Importen gedeckt worden, sagte er. Davon sei nur rund ein Viertel Atomstrom aus Frankreich gewesen.

    Habeck: "Atomenergie international nicht wettbewerbsfähig"

    Habeck sagte, inzwischen werde deutlich, dass gerade jene Regionen mit viel erneuerbaren Energien echte Standortvorteile genössen. Atomenergie sei international nicht mehr wettbewerbsfähig, die Kosten aktueller Projekte explodierten, so der Grünen-Politiker. Zudem sei die Endlagerfrage in Deutschland weiter ungelöst.

    DIHK: Strompreise in Deutschland teilweise vier mal hoch wie in anderen Ländern

    CDU-Generalsekretär Linnemann bezeichnete den Atomausstieg dagegen als historischen Fehler. Die einheimische Wirtschaft ächze unter hohen Energiepreisen und Deutschland sei insgesamt abhängiger von Stromimporten. Er verwies darauf, dass weltweit neue Kernkraftwerke gebaut würden.
    Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hatte zuvor die weiterhin hohen Strompreise in Deutschland beklagt. DIHK-Präsident Adrian sagte ebenfalls den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die deutschen Strompreise an der Handelsbörse seien noch immer doppelt so hoch wie 2019. Allerdings seien die Preise im Verlauf des vergangenen Jahres gefallen. Zusammen mit Steuern, Netzentgelten und Umlagen seien die Kosten zum Teil aber viermal so hoch wie in anderen Ländern, sagte Adrian. Deutsche Unternehmen seien auf international wettbewerbsfähige Energiepreise und eine sichere Versorgung angewiesen. Viele Unternehmen berichteten von kleineren und größeren Stromausfällen, ergänzte Adrian. Aus Sicht der DIHK sprechen derzeit viele Gründe dafür, dass der Wettbewerbsnachteil auch in Zukunft bestehen bleibt. Verbandspräsident Adrian forderte, bestehende Kraftwerke dürfe man frühestens dann abschalten, wenn andere Leistungen gesichert zur Verfügung stünden.

    2023 mehr als die Hälfte des Stromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien

    Vor einem Jahr, am 15. April 2023, wurden die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Es waren die Kraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2. Sie sollten eigentlich bereits zum Jahresende 2022 heruntergefahren werden. Wegen der Energiekrise durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hatte die Bundesregierung die Abschaltung aber vom Winter in das Frühjahr verlegt. Inzwischen ist der Rückbau der Kraftwerke so weit fortgeschritten, dass ein erneutes Hochfahren technisch nicht mehr möglich ist. Die Produktion von Erneuerbaren Energien hat seither weiter zugenommen. Im vergangenen Jahr lag der Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bei 51,8 Prozent - und damit erstmals bei über der Hälfte des Stromverbrauchs in Deutschland.
    Diese Nachricht wurde am 14.04.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.