Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Hacker vs. Informatiker
Wer braucht hier wen?

Die Frage "Braucht die Informatik Hacker?" wurde auf dem 30. Jahrestreffen des Chaos Computer Clubs intensiver als in den Vorjahren diskutiert. Wir haben die wichtigsten Argumente und Positionen über das Verhältnis von Informatikern und Hackern zusammengefasst.

Von Peter Welchering | 04.01.2014
    Der Hacker-Legende Wau Holland wird der Ausruf zugeschrieben: Bleib mir mit Informatikern vom Leibe. Tatsächlich verstanden sich die Hacker in den Gründerjahren der Szene, so in den frühen 1980ern, als Gegenbewegung zur Hochschulinformatik. Hacker, das waren die Aufklärer, die Informationstechnik gesellschaftlich fruchtbringend anwenden wollten. Die Informatiker hatte sie in Verdacht, auf der Seite des Establishments gegen die Hackerbewegung zu arbeiten. Diese Frontlinie ist inzwischen völlig aufgeweicht. Die Hochschul-Informatik will sogar sich sogar Hackererfahrungen für Studium und Lehre nutzbar machen. Professor Oliver Günther, Präsident der Universität Potsdam brachte das so auf den Punkt.
    "Ich möchte noch einmal betonen: Informatik braucht Hacker, aber Hacker brauchen auch Informatik. Und um da dieses Aufeinanderzugehen zu befördern, kann man zum Beispiel verstärkt über den Einsatz von E-Learning-Techniken nachdenken, dass also bestimmte Kerninhalte ansprechende präsentiert werden, die dann auch von jedem zu Hause konsumiert werden können, um sich eben diese Grundkenntnisse außerhalb des klassischen Hörsaals zu erwerben."
    Die Informatik will durchaus näher an die Hacker heran und auf deren Lernverständnis eingehen. Das ist nicht ganz einfach, denn hier scheinen noch immer Welten zwischen den Lernkonzepten zu liegen. Tim Pritlove beschreibt das so.
    "Es ist, glaube ich, ein sehr ambivalentes Verhältnis, was man zu diesem vorstrukturierten Lernprozess hat, der einfach ganz anders ist als der Hacker-Lernprozess, der einfach immer so ganz triebgesteuert abläuft."
    Der Lernprozess ist sicherlich ein anderer, das räumen auch die Vertreter der Hochschulinformatik ein. Professor Günther.
    "Ich kann sehr intuitiv an die Sache herangehen, wie das im Hackerumfeld eben typisch ist, oder ich kann stark strukturiert, sozusagen von oben, an eine Sache herangehen, oft kommt hinterher dann das Gleiche heraus. Ich denke, an den Hochschulen haben wir auch gelernt, dass andere Lernparadigmen da besser geeignet sind, um bestimmte Lerninhalte zu vermitteln, spielerisch an die Sache heranzugehen, sodass man nicht mehr von zwei Kulturen sprechen kann. Das sind einfach unterschiedliche Herangehensweisen."
    Doch in einem Punkt erwartet der Hochschullehrer Günther, dass die Hacker sozusagen der Hochschullehre auch entgegenkommen und sich für die theoretischen Grundlagen von Algorithmen interessieren und nicht nur für das Ausprobieren.
    "Auch ein Hacker wird davon profitieren, dass er ungefähr weiß, was die Komplexität eines Algorithmus bedeutet, oder wie ein Betriebssystem funktioniert. Das sind einfach bestimmte Dinge, die man im Studium lernt, die einem aber im praktischen Leben von Nutzen sein können. Also insofern kein Konflikt sondern eher ein schrittweises Aufeinanderzugehen."
    Und dieses schrittweise Aufeinanderzugehen braucht die Gesellschaft auch, und das nicht nur in Zeiten der NSA-Affäre, meint der frühere Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Peter Schaar.
    "Einige der wirklich besorgniserregenden Erkenntnisse sind durch die Hackerszene aufgedeckt worden. Denken Sie an den sog. Staatstrojaner, also ein Programm, das verwendet wurde, um sog. Quellentelekommunikationsüberwachung durchzuführen. Das ist aufgedeckt worden durch die Hackerszene, durch einzelne Vertreter, die das sehr systematisch analysiert haben. Und da kommt dann letztlich auch ein Stück Academia mit rein, vieles, was da analysiert wurde, war sehr fachgerecht geschehen. Da ist nachgewiesen worden, dass vieles, was in dem Programmcode drin war, recht zweifelhaft war."