Archiv


Härtetest am Donnersberg

Steiler Anstieg mit 15 Kilo Gepäck auf dem Rücken, Professor Hans-Joachim Fuchs hört seine Studenten keuchen und legt einen kurzen Zwischenstopp noch vor dem Donnersberg-Gipfel ein.

Von Anke Petermann |
    Jemand, der Probleme hat? Wir sind jetzt ziemlich abrupt hier hoch, das geht jetzt sehr schnell nach oben – wer Probleme hat, bitte sagen, der wird getragen .... Lachen

    Die Wanderung zum 687 Meter hohen "Dach der Pfalz" - nur ein kleiner Vorgeschmack auf die physischen Belastungen beim Trip zum "Dach der Welt". Die Gebirgshänge des Himalaja wollen die Mainzer Geografen bis zu einer Höhe von 4000 Metern erkunden.

    In Indien werden wir auch diese Rucksäcke tragen. Um abschätzen zukönnen, dass nicht zu viel und nicht zu wenig drin ist, und dass es vom Gewicht stimmt, dass man einiges an Strecke laufen kann. Denn in Indien ist es wichtig, dass man gut zu Fuß unterwegs ist, wegen der fehlenden Infrastruktur, vor allem wenn wir dann in den Himalaja reingehen. – Und jeder kann dann mal sehen, wie seine Schuhe eingelaufen sind, ob der Trageriemen vom Rucksack nicht scheuert. In Indien werden wir viel Trekking machen, und dieses Gebiet eignet sich wunderbar, um das vorab zu üben.

    Sich durch die Sümpfe des Ganges-Brahmaputra-Deltas zu schlagen, mal ins Boot umzusteigen, auf Pferden und sogar Elefanten zu reiten, gehört dazu. Das alles bei Temperaturen von 30 Grad und mehr, die während der Trockenzeit herrschen ...

    Was entscheidend ist, ist die extrem hohe Luftfeuchtigkeit, die unseren europäischen Organismus durchrütteln wird. Wir werden wohl 3-5 Tage brauchen, um uns zu akklimatisieren. Im Himalaja wird’s wohl etwas kälter, da kommen wir in die Temperaturverhältnisse unterhalb des Donnersbergs, aber dementsprechend muss man halt die Ausrüstung konzipieren, und das ist halt praktisch hier, weil man merkt ob der Schlafsack hält oder nicht.

    Manchen Indien-Reisenden in spe reicht der Härtetest auf dem harten Hüttenboden nicht, sie verbringen die beiden Nächte am Fuß des Donnersbergs bei Temperaturen von 5 bis 8 Grad Minus im Freien davor.

    Nach vier Stunden Wandern und einem gruppendynamischen Angriffsspiel auf dem Gipfel kehrt die Gruppe zurück zur Hütte. Eva und ein paar andere haben das abendliche Grillen und die Folienkartoffeln vorbereitet – in einer Küche ohne Strom und:

    Fließend Wasser gibt es, wenn ich mich darum kümmere, nicht aus der Leitung. Wir gehen zur Quelle mit Kanistern...

    Toilettenersatz ist ein Donnerbalken mit geblümtem Duschvorhang etwas abseits der Hütte, bei frostigen Temperaturen eine gewöhnungsbedürftige Sanitäranlage. Warum tut man sich das an und kratzt außerdem 1600 Euro für einen Indientrip zusammen, den das Land mit zusätzlich zehn Prozent sponsort? Eine Mischung aus Abenteuerlust und wissenschaftlichem Interesse motiviert die Studenten. Tim hat seine Seminararbeit über die indische Ausprägung des Islams geschrieben, Eva ist neugierig darauf, Arbeiter in den steilen Teehängen und in der Teefabrik zu begleiten:

    Darjeeling Assam – alles drin – da freue ich mich. Wir trinken ziemlich viel Tee und da bin ich mal gespannt, wie da die Arbeit vonstatten geht, bis der bei uns ankommt – was da alles passiert.

    Währende der Tour informieren die Studierenden sich gegenseitig jeweils vor Ort über ihre Spezialgebiete, "da wissen die teilweise mehr als ich", gibt Professor Hans-Joachim Fuchs zu. Er hat schon einheimische Begleiter in Kolkata, vormals Calcutta organisiert, damit die Studierenden mit Slumbewohnern über deren Lebensbedingungen reden können, ohne wie Voyeure zu wirken.

    Indien ist die weltgrößte Demokratie, trotzdem Entwicklungsland-Status, das ist faszinierend.

    ... bedeutet aber auch: die medizinische Versorgung kann lückenhaft sein. Das ist der Hauptgrund, warum ein Tropenmediziner mitreist, "Dok Peter" nennen ihn die Studenten:

    Das Risiko, was in der Reise drinsteckt, ist nicht größer, als wenn man zum Skifahren in die Alpen fährt. – Ich denke, wir sind gut geschützt und haben die Impfungen bekommen, die wir brauchen, alles andere zeigt sich vor Ort.

    Es lassen sich auf dem "Dach der Pfalz" eben nicht im Detail die klimatischen, hygienischen und gesundheitlichen Bedingungen simulieren, die ein Indientrip birgt, aber

    ... um das alles spontan besser zu verkraften, ist Gruppendynamik wichtig. Und die wird hier aufgebaut, und dann sind Überraschungen von der Gruppe besser zu meistern, als wenn man das nicht vorher geprobt hätte. - Ich denke, wir sind zu einer Gruppe zusammengewachsen, man kann den anderen besser einschätzen, man merkt, dass die Leute nett und gut drauf sind, man kann sich auf sie verlassen, was in Indien wahnsinnig zählt, hat also schon was gebracht, das Wochenende.