Dienstag, 19. März 2024

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Hajo Seppelt über Doping im Sport
"In diesem Milieu gelten andere Gesetze"

In seinem neuen Buch blickt Journalist Hajo Seppelt auf mehr als zwei Jahrzehnte Doping-Berichterstattung zurück. Mittlerweile habe es partiell Änderungen gegeben, sagte er im Dlf. Von einem Mentalitätswechsel beim Thema Doping könne aber noch nicht die Rede sein. Der Sport habe häufig nur reagiert und nicht agiert.

Hajo Seppelt im Gespräch mit Maximilian Rieger | 19.10.2019
Der Doping-Journalist Hajo Seppelt
Der Doping-Journalist Hajo Seppelt (Deutschlandradio / Jessica Sturmberg)
Hajo Seppelt ist der deutsche Journalist, wenn es um Doping-Berichterstattung geht. Und dabei arbeitet er auch immer wieder eng mit der Sportredaktion des Deutschlandfunks zusammen. Nun hat er sein erstes Buch veröffentlicht. In "Feinde des Sports" beschreibt er unter anderem, wie er in Kenia, Österreich und Russland gedopte Sportlerinnen und Sportler und ihre Hintermänner aufgespürt hat.
Gemeinsam hätten alle Doper, dass sie in einer Parallelwelt lebten, meint Seppelt. Nach jahrelanger Erfahrung wisse er mittlerweile sehr gut, mit den verschiedenen Seiten umzugehen. Er wisse, dass die Sportler immer etwas zu verbergen hätten und erwarte deshalb auch nicht, dass sie "einen Seelenstriptease" vor ihm machten.
"Der Sport hat häufig nur reagiert und nicht agiert"
"Es geht mich auch partiell gar nichts an", sagt Seppelt. "Wenn es aber um die Wahrheit beim Thema Doping geht, dann erwarte ich natürlich schon, dass sie das sagen und tun, was sie vorgeben zu sagen und zu tun." Besonders der Fall Johannes Dürr habe ihm gezeigt, wie schizophren, wie bipolar das Verhalten von manchen Leuten im Sport sei. "Ich weiß inzwischen, dass in diesem Milieu des Sports andere Gesetze gelten als woanders".
Der Österreichische Langläufer Johannes Duerr während einer Pressekonferenz bei den Olympischen Spielen in Sotschi 2014
Journalist Hajo Seppelt - "Dürr ist eine tragische Figur"
Der Journalist Hajo Seppelt hat mit Kollegen die Enthüllungen des Doping-Kronzeugen Johannes Dürr in einer Doku veröffentlicht. Nach der Ausstrahlung stellte sich heraus: Dürr hat auch sie belogen.
Teile des Sportsystems hätten sich nach den zahlreichen Doping-Recherchen unter Veränderungsdruck befunden. Als Folge habe es auch partiell Änderungen gegeben. Von einem Mentalitätswechsel mit Blick auf Doping könne aber noch nicht die Rede sein, meint Seppelt. "Der Sport hat häufig nur reagiert und nicht agiert."
"Wir sind nur Beobachter in diesem Spiel"
Heute werde sicher weniger gedopt als vor 30 Jahren, es gebe "eine Tendenz zum Besseren". Die Wahrnehmung beim Publikum sei jedoch eine andere. Das liege auch daran, dass früher viel weniger darüber berichtet worden sei, so der Doping-Experte.
Seppelt selbst blickt im Dlf zufrieden auf die Arbeit seiner ARD-Doping-Redaktion zurück: "Wir haben dazu beigetragen, dass manche Menschen Sport heute anders sehen." Es sei erfreulich, dass die Arbeit auch eine gesellschaftliche Konsequenz haben könne. Seppelt betont aber abschließend: "Wir sind nur Beobachter in diesem Spiel, wir sind kein Teil dieses Systems, gleichwohl wir inzwischen eine wichtige Funktion eingenommen haben."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Hajo Seppelt (zus. mit Wigbert Löer), "Feinde des Sports. Undercover in der Unterwelt des Spitzensports"
Econ Verlag, 384 Seiten, € 20.