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Hakenkreuz an der Bürotür

Rassistische Vorfälle an US-Hochschulen haben Studenten und Professoren aufgeschreckt. Sie rücken zusammen und machen gegen den Hass mobil.

Von Heike Wipperfürth |
    Protestkundgebung auf dem Campus der Columbia-Universität gegen den Fremdenhass. Keine Schlingen mehr, heißt die Forderung. Etwa 50 Demonstranten - Studenten, Professoren, Politiker - schwenken Spruchbänder. "Nicht auf unserem Unigelände!", steht darauf.

    Nachdem schon seit Wochen immer wieder Ku Klux Klan und Nazi- Symbole auf Amerikas Uni-Geländen aufgetaucht sind, veranstalten Columbia und die Stadt New York heute einen Aktionstag gegen den Hass. Der Anlass sind eine Henkersschlinge und ein Hakenkreuz an den Bürotüren einer schwarzen und einer jüdischen Professorin der New Yorker Eliteuniversität. Auch Flugblätter, die auf dem Unigelände verteilt werden, hetzen mit antisemitischen Parolen. Joel Levy, Leiter der Anti-Defamation League in New York:

    "Die Opfer sind nicht nur die Leute mit Hakenkreuz oder Schlinge an der Tür. Die ganze Gemeinschaft bekommt Angst und fühlt sich bedroht. Tausende der Holocaust-Überlebenden, die heute in New York leben, werden an die Schrecken ihrer Kindheit erinnert, die schwarze Bevölkerung an die Lynchmorde in den Südstaaten. In meiner sechsjährigen Tätigkeit bei der ACLU habe ich so etwas noch nicht erlebt."

    Zum ersten Mal waren Henkersschlingen im Südstaaten-Städtchen Jena aufgetaucht, als sich ein schwarzer Schüler unter einen Baum gesetzt hatte, den Weiße nur für sich beanspruchten. Als junge Schwarze anschließend einen Weißen verprügelten und vor Gericht mussten, kam es zu Massenprotesten. Auch der Besuch des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad bei der Columbia-Universität hat die Situation angeheizt, sagt Todd Gitlin, Professor für Soziologie und Journalismus an der Columbia Universität.

    "Ich glaube, jemand mit der Mentalität eines Skinheads oder Neonazis sieht ihn als eine Persönlichkeit, die die öffentliche Meinung polarisiert. Sein Besuch war wie ein Startschuss, der diese Leute aus ihren Löchern lockt. Sie fühlen sich dazu ermutigt, weil er so viel Aufmerksamkeit erregt hat und weil sie glauben, dass sie mit kaltblütiger Hasspropaganda da weitermachen können, wo er aufgehört hat."

    Die Ereignisse sind aber nach Expertenmeinung kein Symbol dafür, dass an US-Hochschulen der Fremdenhass generell zunehme.

    "Für mich ist dieser Ausbruch symbolischer Gewalt, also die Henkersschlingen und die Swastikas, kein Beweis dafür, dass sich der Rassismus ausbreitet. Ich glaube noch nicht einmal, dass er weit verbreitet ist. Man muss sich eine kleine Gruppe Verrückter vorstellen, die sehr zielbewusst ist und manchmal gefährlich sein kann. Sie weiß jetzt, dass sich die Medien für sie interessieren. Ein Hakenkeuz an einer Bürotür ist nicht nur Schmiererei, sondern ein Mittel, um die Medien anzulocken."

    Columbia plant bereits neue Kurse zum Studium des gegenseitigen Verständnis der Menschen unterschiedlicher Herkunft und der Kampf schweißt die Hass-Gegner enger zusammen.

    Die Vorfälle haben uns enger zusammengebracht. Wir arbeiten eng dem Rektorat und der Fakultät zusammen, damit wir uns gegen Angriffe dieser Art wappnen können.