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Halbzeit in der Entwicklungsrunde

In puncto Dramatik ließen die Verhandlungen keine Wünsche offen. Gut eine Woche lang schlugen sich die EU-Agrarminister Tage und Nächte um die Ohren, holten Weisung aus den Hauptstädten ein, kamen zurück an den Verhandlungsort Luxemburg, rechneten, kämpften, sträubten sich und fanden schließlich einen Kompromiss. Einen historischen, ja revolutionären Kompromiss, wie die Beteiligten Ende Juni erklärten: Europas Bauern sollen künftig aus der Staatskasse nicht mehr dafür bezahlt werden, dass sie viel und meist zu viel produzieren, sondern für ihre Leistungen bei der Pflege unserer Kulturlandschaft. Oder im Deutsch europäischer Technokraten gesprochen: agrarische Produktion und Subvention werden entkoppelt.

Matthias Rumpf | 23.08.2003
    Es ist fraglich, ob diese Entkopplung, oder, wie es Bauernvertreter polemisch ausdrückten, die Transformation des europäischen Nährstandes zu Landschaftsgärtnern jemals beschlossen worden wäre, hätten nicht permanente Ermahnungen die Agrarminister zur Ordnung gerufen. Nur wenn ihr euch einigt, wurde den Ministern vor allem von der EU-Kommission immer wieder eingebläut, nur dann hat ein anders, größeres Projekt überhaupt noch Überlebenschancen.

    Mit der Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik haben wir substantiell die Subventionen reduziert, die eine handelsverzerrende Wirkungen haben. Das bringt uns in eine bessere Position, um die Verhandlungen zur Landwirtschaft abzuschließen. Und man sieht schon erste Erfolge der Reform, denn es gibt jetzt einen neuen Impetus, eine neue Dynamik in den WTO-Verhandlungen.

    Joao Pacheco ist Abteilungsleiter in der Generaldirektion Landwirtschaft der Brüsseler EU-Kommission und zuständig für die laufenden Verhandlungen über die Liberalisierung des Welthandels. Der Impetus, von dem der Beamte spricht, hat gewissermaßen einen Patienten aus dem Koma gerufen. Denn nichts anderes waren die WTO-Verhandlungen zur Marköffnung und zum Abbau von Handelsbarrieren, die seit knapp zwei Jahren unter dem Namen Doha-Runde laufen. Da kam die Einigung der EU-Agrarminister in Luxemburg als erste erlösende Nachricht. Eine zweite war die jüngste Vereinbarung zwischen EU und USA über die Agrarsubventionen.

    Knapp anderthalb Jahre dümpelten die Verhandlungen vor sich hin, ohne dass konkrete Ergebnisse in Sicht waren. Der anfangs aufgestellte Zeitplan hat kaum mehr etwas mit der Wirklichkeit zu tun, und lange Zeit glaubte niemand mehr, dass die Verhandlungen bis zum vereinbarten Zeitpunkt Ende 2004 zum Abschluss gebracht werden könnten.

    Doch nun bewegt sich wieder etwas: Kurz bevor sich die Minister der WTO-Staaten im mexikanischen Cancun zur Halbzeitbilanz der Doha-Runde treffen, scheint der Patient auf dem Weg der Genesung. Allerdings muss sich erst noch zeigen, ob er die Herkulesaufgabe, die ihm zugedacht wurde, wirklich schultern kann.

    Rückblick. Seattle im US-Bundesstaat Washington. Dezember 1999. Eine Stadt im Ausnahmezustand. Tagelang liefern sich Polizei und Demonstranten Straßenschlachten. Gewerkschaften, Umweltaktivisten und andere Gruppen demonstrieren gegen eine - wie sie sagen - ungerechte Weltordnung, gegen die Folgen des ungezügelten Freihandels und den Abbau von sozialen Leistungen.

    Die Ministerkonferenz von Seattle war eine der größten Niederlagen des weltweiten Handelsregimes. Zum Fiasko kam es allerdings erst, als sich der Sturm der Straße gelegt hatte und die Delegation sich im Kongresszentrum versammelten. Seattle sollte den Startschuss für Verhandlungen über einen weiteren Abbau von Handelsschranken geben, eine neue Handelsrunde einläuten. Doch die Entwicklungsländer fühlten sich von der rüden Verhandlungsführung des Gastgebers USA düpiert - und ließen das Treffen platzen.

    Auch die nächste Ministerkonferenz der WTO in Doha im November 2001, stand zunächst unter keinem guten Stern. Zwar garantierte der Verhandlungsort im arabischen Emirat Qatar eine von Protesten ungestörte Konferenz. Doch die Gegensätze zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern schienen weiterhin kaum überbrückbar.

    Erst der Schock der Terroranschläge vom 11. September ließ die WTO-Staaten zusammenrücken, und in Doha einigte man sich zwei Monate nach den Anschlägen auf eine gemeinsame Agenda für die Welthandelsrunde. Die Industrieländer machten dabei ein entscheidendes Zugeständnis. Erklärtes Ziel ist es nun, die Entwicklungsländer besser in die Weltwirtschaft einzubinden und das Handelssystem in diesem Sinne gerechter zu machen.

    Brasilien und die anderen Entwicklungsländer wurden von der WTO gezwungen, ihre Gesetze anzupassen im Bereich geistiges Eigentum, Zölle auf Industriegüter oder Dienstleistungen. Aber wenn es um Produkte geht, bei denen wir wettbewerbsfähig sind, heißt es, wir sollen warten. Und das geht nun schon 50 Jahre so. Es ist höchste Zeit, dass Entwicklungsländer dort eine Chance bekommen, wo sie wettbewerbsfähig sind.

    Auf riesigen Weideflächen produziert Brasilien Rindfleisch, billig und in bester Qualität. Und Costa Filho, der für das Land in Genf verhandelt, könnte eine ganze Reihe weiterer konkurrenzfähiger Produkte nennen. Brasilien könnte damit leicht weltweit Marktanteile erringen, wenn die Industriestaaten mit ihrer Agrarpolitik nicht die Preise verderben würden. Es gibt aber auch Entwicklungsländer, die ein Ende dieses Dumpings mit großer Sorge sehen würden - so Toufiq Ali Bangladeschs Botschafter bei der WTO:

    Wir sind sehr in Sorge. Viele der ärmsten Länder müssen Lebensmittel importieren, und wir sind sehr in Sorge, was passiert, wenn Subventionen und Exporterstattungen für Lebensmittel sinken. Wird es dann anderswo genug Produktion geben, um die Preise zu stabilisieren und sie wieder zu senken?

    Bangladesh ist mit seinen 130 Million Einwohnern ein Land, das Chancen hat, bei der WTO Gehör zu finden. Für viele kleine Staaten gilt das nicht ohne weiteres.

    Green Room, grüner Salon, heißt der Ort bei den Ministerkonferenzen, an dem die Entscheidungen fallen. Dorthin ziehen sich EU, USA und 10 bis 20 ausgesuchte Entwicklungsländer regelmäßig zurück: Sie erarbeiten Texte und stellen dann die übrigen Staaten vor vollendete Tatsachen. Marita Wiggerthale von der Entwicklungs-Initiantive Germanwatch kritisiert...

    ... dass die restlichen 120 Mitglieder diesen Kompromiss als einen total hart errungen Kompromiss präsentiert bekommen, den sie also möglichst unterstützen sollen und der nur sehr sehr schwer zu kippen ist, so dass sie gar keine Freiheiten haben, ihre eigenen Standpunkte zu vertreten.

    Doch selbst wenn sie bei den Verhandlungen mit einer Stimme sprächen: Viele Entwicklungsländer überfordert es schlicht, ihre eigenen Interessen überhaupt zu definieren. Gado Boureïma, Abgeordneter im Parlament des westafrikanischen Wüstenstaates Niger:

    Gerade die afrikanischen Staaten haben die WTO lange mehr oder weniger ignoriert. Erst jetzt wird uns bewusst, dass die WTO auch uns betrifft und dass wir uns dafür interessieren müssen. Niger will jedenfalls in Zukunft seine Stimme erheben und für seine Interessen sprechen, auch wenn wir ein sehr armes Land sind.

    Einige Nachbarstaaten von Niger haben kürzlich ihre Stimme erhoben und sich in die WTO-Verhandlungen eingemischt. Burkina Faso, Benin und der Tschad attackieren gemeinsam Subventionen, die Baumwollfarmer in den USA erhalten. Durchaus öffentlichkeitswirksam haben sie im Juni im WTO-Verhandlungszentrum in Genf einen eigenen Verhandlungsvorschlag präsentiert. Nadine Keim von der pro-afrikanischen Initiative Idea Centre:

    Der Präsident von Burkina Faso persönlich hat am 10. Juni in diesem Saal symbolisch den Verhandlungsvorschlag unterbreitet. Hier werden jeden Tag Hunderte von Vorschlägen eingereicht, und wenn sie nicht in einer Schublade verschwinden sollen, wie es die meisten dieser Vorschläge aus Entwicklungsländern tun, dann muss man wirklich Krach schlagen.

    Den Krach besorgt für die Westafrikaner eine ganze Reihe von Nichtregierungsorganisationen in Genf. Kevin Watkins von der britischen Entwicklungsorganisation Oxfam ist einer der Krachmacher.

    Es gibt 25.000 Baumwollfarmer in den Vereinigten Staaten, die erhalten zwischen drei und vier Milliarden US-Dollar jährlich an Direktzahlungen. Der Wert der Baumwolle, die in den USA produziert wird, entspricht ungefähr den Subventionen, die diese Farmer von der US-Regierung erhalten. Ich weiß nicht, wer sich hier mit bolschewistischer Planwirtschaft auskennt. Aber das ist ein Wirtschaftsmodell, das seit den Zeiten der staatlichen Planungskomitees wie Gosplan nicht mehr aktuell ist.

    Den 25.000 US-Farmern, die die Vorzüge der amerikanischen "Planwirtschaft" genießen, stehen einige Hunderttausend Baumwollbauern in Westafrika gegenüber. Sie produzieren Baumwolle zu einem Bruchteil der Kosten, die in den USA anfallen. Trotzdem verlieren sie ständig Marktanteile, klagt Ibrahim Malloun vom Verband der afrikanischen Baumwollindustrie:

    Wir sind trotzdem optimistisch. Die Lage in unseren Ländern lässt es nicht zu, pessimistisch zu sein. Denn unsere Baumwollbauern haben keine Alternative: Sieben Monate im Jahr tun sie nichts anderes, um Geld zu verdienen, als Baumwolle zu produzieren. Und sie können nicht von einem Tag auf den anderen ihre Produktion umstellen.

    Nicht immer sind die Handelskonflikte so klar zwischen arm und reich strukturiert. Etwas anders liegen die Dinge zum Beispiel bei den Subventionen für Zucker in der EU. Brasilien hätte gerne einen besseren Zugang zum europäischen Zuckermarkt. Der ist mit Zollsätzen von über 300 Prozent völlig abgeschottet. Davon profitieren allerdings nicht nur die Zuckerbauern der Europäischen Union. Viele kleine Entwicklungsländer, so Joao Pacheco von der EU-Kommission, können derzeit zu Vorzugsbedingungen ihren Zucker nach Europa exportieren. Der Subventionsabbau - ein Interessenkonflikt unter Entwicklungsländern.

    Was Brasilien sagt, ist: Sie mögen unser Zuckerregime nicht und wollen, dass wir es umfassend reformieren. Brasilien ist jetzt schon der größte Zuckerexporteur der Welt. Wenn wir das Zuckerregime in der Weise reformieren, wie Brasilien es möchte, würde Brasilien einen noch besseren Zugang zu unseren Märkten bekommen aber auf Kosten anderer Entwicklungsländer, die schwächer sind. Hier haben wir einen Interessenkonflikt zwischen den Entwicklungsländern, und da müssen wir eine Balance finden.

    ...und dabei vor allem die eigenen Interessen wahren. Das wird EU und USA im Schulterschluss auch gelingen. Nach ihrer Einigung zu Export-Subventionen und Importzöllen wird es für die Entwicklungsländer noch schwieriger werden, eigene Ideen durchzusetzen. Dennoch ist die EU bemüht, die Rolle des schwarzen Peter in den WTO-Verhandlungen abzugeben.

    Wir importieren mehr Agrarprodukte als die USA, Japan, Kanada und Australien zusammen. Wir haben einen Markt, der weitgehend offen ist für die ärmsten der Entwicklungsländer, wir haben Abkommen mit den ehemaligen Kolonien der EU-Staaten, mit den mediterranen Ländern, mit Chile, mit Südafrika, mit anderen. Und mit der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik reduzieren wir weiter negative Einflüsse auf diese Länder.

    Auch die Nichtregierungsorganisationen haben mittlerweile eingesehen, dass gerade die ärmsten Entwicklungsländer oft nicht von einer einfachen Liberalisierung des Handels profitieren würden. Alex Werth vom Internationalen Zentrum für Handel und Entwicklung in Genf:

    Denen ist ganz bestimmt nicht damit geholfen, wenn die EU auf horizontaler Ebene ihre Märkte öffnet. Weil sie werden sicher nicht gegen Brasilien und Konsorten ankämpfen können. Sie bräuchten wahrscheinlich eher eine Sonderbehandlung; und dann kommt man zu dem Thema, ob es möglich sein könnte, dass innerhalb der Entwicklungsländer eine unterschiedliche Behandlung möglich ist, wogegen sich eigentlich die Entwicklungsländer sträuben. Weil sie wollen nicht, dass ihre Koalition gebrochen wird.

    Eine unterschiedliche Behandlung von großen und kleinen Entwicklungsländern, das wäre für die Agrarexporteure Brasilien und Argentinien sozusagen das Letzte. Sie haben sich mit 15 anderen Staaten zur Cairns Group zusammengeschlossen. Zu dieser Gruppe kompromissloser Verfechter des Freihandels gehören auch reiche Länder wie Australien und Neuseeland, die davon profitieren, dass sie ihre Interessen Seite an Seite mit Entwicklungsländern vertreten. Timothy Groser, Botschafter von Neuseeland bei der WTO, reagiert empfindlich, wenn jemand versucht, große Entwicklungsländer gegen die kleinen auszuspielen.

    Hier läuft eine Schmierenkampagne ab, mit der extrem geschickt das Gerücht gestreut wird, dass die Cairns Group keine Institution von Entwicklungsländern ist, was sie aber zum größten Teil ist. Sehen sie, der Entwicklungsaspekt ist ein sehr wichtiges Verhandlungsinstrument. Und wer aufstehen und sagen kann: Ich setzte mich für Entwicklung ein, der hat einen enormen Einfluss in der WTO. Hier ist ein Kampf um die Herzen und Köpfe im Gange.

    Trotzdem haben die Entwicklungsländer der Cairns-Group den Industriestaaten etwas zu bieten. Denn deren Wunschliste ist lang: Zollsenkung für Industriegüter, Öffnung der Märkte für Finanzdienstleistungen, Strom, Wasser und Telekommunikation. Es geht aber auch um ganz praktische Dinge, die den Unternehmen das Leben leichter machen, erläutert Guido Glania vom Bundesverband der deutschen Industrie.

    In vielen Entwicklungsländern haben sie Ware wochenlang in Einfuhrhäfen, sie werden einfach nicht freigegeben. Sie haben Verhältnisse, bei denen sie sie nur dann auf den Markt kommen, wenn sie mit Zöllnern Sondervereinbarungen treffen, dass heißt wenn sie Schmieren. Wenn wir da die Möglichkeit schaffen, elektronische Verfahren einzuführen, mehr Transparenz einzuführen... für Entwicklungsländer ist das eine große Chance grade im Bereich der Korruptionsbekämpfung und eine große Chance für unsere Unternehmen, verlässlich und pünktlich die Ware liefern zu können, die in den Ländern nachgefragt wird.

    Diese Handelserleichterungen gehören zu einem Paket von Themen, die bei den WTO-Verhandlungen vor allem von der EU forciert werden. Neben einer einfacheren Zollabfertigung wollen die Europäer Regeln für die Wettbewerbspolitik, den Schutz von ausländischen Direktinvestitionen und Standards für öffentliche Ausschreibungen festlegen. Diese sogenannten neuen Themen gehören neben der Agrarpolitik zu den umstrittensten Fragen. Viele Entwicklungsländer fürchten, dass ihnen Rechte aus der Hand geschlagen werden, internationale Konzerne zu bändigen. Auf dem WTO-Ministertreffen in Cancun wird es deshalb zunächst darum gehen, ob überhaupt über diese Punkte verhandelt wird.

    Doch auch hier bröckelt die Front der Entwicklungsländer. Quasi durch die Hintertür verhandeln viele von ihnen längst mit EU und USA über Themen wie Investitionsschutz: Das ist der Preis für einen besseren Zugang zu den Märkten der großen Handelsmächte. Ein Machtspiel in der Handelspolitik, sagt der Ökonom Jagdish Baghwati, der Entwicklungsländer in Handelsfragen berät.

    Viele dieser Abkommen werden mit Hegemonialmächten wie der EU und den USA vereinbart. Und jedes Mal machen die großen Länder den kleinen Auflagen, die nichts mit Handel zu tun haben. Du schützt besser unsere Eigentumsrechte oder gibst uns Öllizenzen oder schaffst Kapitalkontrollen ab. Und dann nehmen sie das als Modell für andere bilaterale Abkommen und brechen so die Koalition der kleinen Staaten auf, um für sich etwas zu erreichen im multilateralen System der WTO.

    Mehr als 250 solcher bilateralen Handelsabkommen gibt es bereits. Fast ist dadurch ein Parallelsystem zu den WTO-Regeln entstanden, in dem die großen Handelsmächte Entwicklungsländer die unterschiedlichsten Zollrabatte auf ihre Waren einräumen. Dieses komplizierte System bilateraler Abkommen gefährdet mittlerweile auch den Kernbereich der WTO: den einfachen Austausch von Waren.

    Ein bestimmtes Produkt wird einen Zollsatz haben, wenn es aus Mexiko kommt, einen anderen, wenn es aus Chile kommt, einen dritten wenn es aus Brasilien oder Argentinien kommt. Es gibt ganz verschiedene Zollsätze, je nach dem, wo ein Produkt herkommt. Und wenn ich Dir eine Zollpräferenz gebe, dann will ich, dass das Produkt auch von Dir hergestellt wird. Aber wie definiert man das in der modernen Welt, wo alle möglichen Teile von Produkten aus ganz verschiedenen Ecken der Welt kommen? Das ist wirklich chaotisch.

    Viele Entwicklungsländer begreifen langsam, dass das Schreckgespenst WTO im Vergleich zu diesem Chaos im Welthandel möglicherweise das geringere Übel ist. Denn die WTO bietet zumindest eine Minimalausstattung an Regeln und Rechtssicherheit. Sicherheit, die es sonst im Verhältnis mit den großen Handelsmächten nicht gibt. Die großen Staaten mögen in der Lage sein, ihre Interessen auch außerhalb der WTO-Verhandlungen abzustecken. Die Entwicklungsländer haben dagegen kaum Alternativen. Ob allerdings mit diesem Machtgefälle aus der WTO-Runde eine Entwicklungsrunde wird, muss man bezweifeln. Vermutlich müssen die Entwicklungsländer ihre Hoffnungen auf das reduzieren, was Guido Glania vom Bundesverband der Deutschen Industrie als Ziel für den WTO-Gipfel in Cancun formuliert,...

    ... dass wir dann frischen Wind haben für die nächsten 15 16 Monate und dann die Verhandlungen einigermaßen im Zeitplan abschließen können. Das wäre ein wichtiges Signal für die Weltwirtschaft, das zeigen würde, mittelfristig verbessern sich die Rahmenbedingungen, kommen wir zu mehr Liberalisierung, zu mehr Rechtssicherheit, mehr Transparenz, das wäre ein wichtiges Signal, das uns einen Schritt weit aus der Rezession weltweit führen kann. Und was, wie gesagt, jetzt nötiger ist als jemals zuvor.