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Hallenhockey-WM in Berlin
Ein Turnier auf deutschen Wunsch

Hallenhockey ist in der DNA des Deutschen Hockey Bundes verankert. Die Deutschen dominierten den Sport in der Vergangenheit regelrecht - Gründe sind das Wetter und die Nachwuchsförderung. Doch der Weltverband wollte die Hallen-WM streichen. Deutschland setzte sich für den Erhalt ein - und trägt die WM jetzt in Berlin aus.

Von Dorian Aust | 04.02.2018
    Ein Hockeyschläger mit Ball in der Halle.
    Die Hallenhockey-WM 2018 wird in Berlin ausgetragen. (imago sportfotodienst)
    Wenn in drei Tagen die Hallenhockey WM in Berlin losgeht, startet ein Turnier, das nach den ursprünglichen Plänen des Hockeyweltverbands FIH gar nicht hätte stattfinden sollen. Im Zuge der letzten WM vor drei Jahren wurde bekannt, dass die FIH das Turnier aus dem ohnehin vollen Wettkampfkalender streichen wolle. Die Reaktionen ließen damals nicht lange auf sich warten, erinnert sich Wolfgang Hillmann, Präsident des Deutschen Hockey Bundes DHB:
    "Als wir davon erfahren haben, haben wir in Verbindung mit anderen europäischen Hockeynationen uns zusammengeschlossen und gesagt: 'Genau das wollen wir nicht.' Gab auch Überlegungen der FIH praktisch, es nicht mehr Weltmeisterschaft zu nennen. Wir haben gesagt, dann nennen wir es eine internationale Europameisterschaft. Dazu kam natürlich auch, dass wir gesagt haben, wir müssen in allen Hockeybereichen dieser Welt erhalten. Und all diese Argumente haben dazu geführt, dass die FIH gesagt hat: Wir bleiben bei einer Weltmeisterschaft."
    Argentinien fehlte es an Geld, Deutschland sprang ein
    Die WM wurde an Argentinien vergeben und sollte erstmals außerhalb Europas stattfinden. Doch dem argentinischen Verband fehlten plötzlich staatliche Fördergelder. An die Ausrichtung einer WM war nicht mehr zu denken. Die FIH wandte sich dann direkt an den DHB. Delf Ness, damals DHB-Vizepräsident, heute Marketing- und Kommunikationsdirektor im Weltverband, erinnert sich, was beiden Verbänden besonders am Herzen lag:
    "Wichtig war für uns, dass man es eben auch mit einer Stadt wie Berlin verbindet, um eben den internationalen Gästen auch etwas neues zu bieten, aber eben auch eine große Metropole, bei der es sich sowieso lohnt mal hinzufahren."
    Berlin ist eine der größten Hockeyhochburgen Deutschlands – auch was das Hallenhockey angeht. Gespielt wird fünf gegen fünf plus Torhüter. Der Ball muss flach gespielt werden, an den Seiten liegen Banden – das Spielfeld ist so groß wie beim Handball. Beim DHB gilt das Hallenhockey als Teil der DNA. Dass in Nachbarländern wie Belgien, Holland oder auch England die Halle einen anderen Stellenwert hat, liege auch an den klimatischen Bedingungen. In den Ländern seien die Kunstrasenplätze draußen seltener gefroren und länger bespielbar. Zudem hat Hallenhockey für den Nachwuchsbereich eine große Bedeutung, so Hillmann:
    "Für die technische und gruppentaktische Ausbildung ist das extrem wichtig und da wir auch noch nie Probleme mit dem Niveau der Torhüter hatten, muss ich eben auch sagen, dass das Torhüterspiel in der Halle ein Mitspielspiel ist, auch ein sehr raumtaktisch geprägtes Spiel. Auch das hilft in der Ausbildung."
    Halle teilweise beliebter als das Feld
    In der deutschen Szene ist die Halle häufig sogar beliebter als das Feld. Die Bundesligaspiele besuchen im Schnitt 500 Zuschauer – auf dem Feld ist an solche Zahlen nicht zu denken. Mats Grambusch, 111-facher Nationalspieler, wird bei der WM erstmals für Deutschland in der Halle auflaufen. Der besondere Reiz an der Indoor-Variante für ihn:
    "Das Spiel ist sehr, sehr schnell, manchmal auch ein bisschen hitziger als auf dem Feld, weil alles viel lauter in der Halle ist und man auch mal übersäuert ist. Dann gibt es auch viele spektakuläre Torschüsse, einen mitspielenden Torwart, was immer interessant ist. Das ist einfach unheimlich cool zuzugucken und macht auch unglaublich viel Spaß selber zu spielen."
    Dabei war seine Teilnahme gar nicht so selbstverständlich. Würde die lukrative Hockey India League, natürlich eine Feld-Liga, nicht gerade pausieren, hätte er den Februar wohl in Indien verbracht. Trotzdem wünscht sich Mats Grambusch mehr Initiative seitens der FIH:
    "Ich glaube man kann Hallenhockey viel besser vermarkten – noch besser als Feldhockey. Aber, ich wüsste nicht – wenn man in der Halle auch so einen Aufwand betreibt – das in ein Jahr überhaupt reinpassen soll. Eventuell müsste man es so machen, dass einfach komplett andere Spieler in der Hallen dann spielen als auf dem Feld."
    Zukunft könnte in der Spezialisierung liegen
    Vermutlich ist genau das die Zukunft des Hockeys: Spieler, die sich immer mehr auf Feld oder Halle spezialisieren. Die überragende Bedeutung wird dabei das Feldhockey behalten, weil durch den Status als Olympiasportart nur hier Fördergelder fließen. Hillmann beobachtet bei der FIH trotzdem, dass die Potenziale des Hallenhockeys erkannt wurden. Der Sport habe immerhin alles, was die FIH suche:
    "Laut, tolle Atmosphäre für die Fans, hohe Action, schnelle Wechsel in der Angriffsrichtung. Das sind alles Dinge, die genau in die Weiterentwicklung der Hockeyidee der FIH passen. Und in der Richtung wird es aus meiner Sicht auch kein Zurückdenken bei der FIH geben."
    Ganz im Gegenteil. Wenn es nach Delf Ness von der FIH geht, sieht die Zukunft des internationalen Hallenhockeys nämlich so aus:
    "Ich glaube es wird vom Kalender ein bisschen enger gesteckt sein, es sind dann vielleicht nicht drei, vier Monate, sondern zwei. Aber ein Traum, eine Vision muss natürlich sein, dass wir dann vor zehn- oder fünfzehntausend Leuten spielen."
    Die Hallen-WM soll auch zukünftig stattfinden. Wer das nächste Turnier ausrichtet, ist aber noch ungewiss.