Die Europäische Union plant unterdessen ab dem Jahr 2005 ein Projekt zum Emissionsrechtehandel zwischen europäischen Unternehmen. Das würde die Klimaschutzpolitik ihrer Mitgliedsstaaten quasi revolutionieren. Bisher wurden Umweltverschmutzer mit Ökosteuern, Abgaben und Auflagen belastet. Nun sollen sie sich einen Platz in der Atmosphäre kaufen können, in die sie dann ihre Abgase ungestraft einblasen. Durch diesen Emissionsrechtehandel verspricht sich die Europäische Union, dass auch diejenigen Länder ihre Emittenten in den Griff bekommen, die bisher große Schwierigkeiten haben, ihre Klimaschutzziele einzuhalten. 4000-5000 Industrieanlagen, die besonders energieintensiv sind, sollen in den Handel einbezogen werden. Betroffen sind zunächst nur die Sektoren Energie, Eisen und Stahl, Papier und Glas sowie Keramik und Baustoffe. Dabei soll der Handel zunächst nur auf das Treibhausgas CO2 beschränkt werden.
In Deutschland hat sich bisher mehr Widerstand gegen dieses Vorhaben geregt als in anderen europäischen Ländern. Besonders lautstark hat sich der Verband der Chemischen Industrie zu Wort gemeldet. Würde der europäische Emissionshandel eingeführt, hätte er weitreichende Folgen für die energieintensive Branche, erläutert Winfried Golla vom Landesverband der Chemischen Industrie Baden-Württemberg:
Wir haben berechnet, was das kosten wird in etwa und zwar mit den Zahlen, die die EU vorgegeben hat. Das heißt, wenn wir die von der EU vorgegebenen Zahlen benutzen, kommen wir ab 2008 auf eine Größenordnung - man kann es nie ganz genau sagen - aber wir kommen auf eine Zusatzbelastung von einer Milliarde Euro jährlich, wohlgemerkt für die deutsche Chemische Industrie.
...wenn die Chemieunternehmen sämtliche Zertifikate, die sie bei der bisherigen Produktion bräuchten, kaufen müssten. Da es noch gar keinen Preis für die Zertifikate gibt, hat der Verband eine Zahl von 25 Euro pro Tonne CO2 zugrunde gelegt. Dieser Preis war zur Zeit der Berechnung des Verbandes in der Diskussion. Dass die Unternehmen sämtliche Zertifikate wirklich werden kaufen müssen, das steht noch gar nicht fest. Das wahrscheinlichere Szenario ist, dass beim Beginn des Emissionshandels die Rechte kostenlos vergeben werden. Die Kostenberechnungen der Industrie entbehren also derzeit noch jeglicher Grundlage. Inzwischen sind Unternehmen mit Stellungnahmen zum Emissionsrechtehandel zurückhaltender geworden und warten auf die Verabschiedung der europäischen Richtlinie. So war der größte deutsche Energieerzeuger, E.On. in Düsseldorf, zu diesem Thema auch zu keiner Stellungnahme bereit.
Ein Argument, das stets für den Emissionsrechtehandel ins Feld geführt wird: Er gilt als unter dem Strich billiger als andere Klimaschutz-Instrumente.
Die EU-Komission geht beispielsweise davon aus, dass Deutschland als Staat, also die Unternehmen in Deutschland pro Jahr etwa 2,24 Milliarden Euro einfach nur durch die Einführung des Emissionshandels einsparen könnten. Und das ist natürlich schon ein Argument, das sehr interessant ist für die Wirtschaft.
...sagt Michael Schmalholz vom Unternehmen FutureCamp, das Beratungsleistungen zum Emissionsrechtehandel anbietet. Ein Teil der deutschen Industrie ist jedoch der Meinung, dass die bisherigen Politikinstrumente wie Selbstverpflichtungen und Ökosteuern ausreichen, damit Deutschland seine internationalen Klimaschutzverpflichtungen einhält. Würden den Unternehmen zusätzliche Vorschriften gemacht, erzeuge das unnötige Kosten. In der Tat ist Deutschland ein Musterschüler unter seinen europäischen Nachbarn. Mit 18,5 Prozent hat Deutschland seine Emissionen zwischen den Jahren 1990 und 2000 in großem Ausmaß vermindert und damit sein Ziel von 21 Prozent für das Jahr 2012 fast erreicht. Das Bundesumweltamt hat allerdings berechnet, dass dies jedoch zu 60 Prozent auf die Umstrukturierung der Wirtschaft in Ostdeutschland zurückzuführen ist.
Damit sich das Weltklima stabilisiert, müssen die Klimaschutzziele in Zukunft aber immer anspruchsvoller werden. Dass Selbstverpflichtungen, Ordnungsrecht und Steuern dann noch ausreichen, ist nicht gewährleistet. Anders ist es beim Emissionsrechtehandel. Hier ist garantiert, dass das Ziel erreicht wird. Wenn ein Unternehmen kein Zertifikat zum Ablassen von Emissionen in die Atmosphäre erhalten hat, müssen seine Schornsteine kalt bleiben. Michael Schmalholz rät Unternehmen dazu, nicht Äpfel und Birnen zu vergleichen, wenn sie die Folgen des Emissionsrechtehandels berechnen.
Man darf nicht vergleichen, es kommt der Emissionshandel oder es passiert klimapolitisch gar nichts, sondern man muss vergleichen, es kommt entweder der Emissionshandel oder ein schärferes Ordnungs- und Steuerrecht. Das heißt, die klimapolitischen Ziele des Kyoto-Protokolls, die Deutschland verpflichten, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, die sind festgelegt.
Noch allerdings ist über den europäischen Emissionsrechtehandel nicht endgültig entschieden. Da es um eine revolutionäre Neuerung und um große Summen Geld geht, wird um jedes Detail gefeilscht. Einerseits sucht man nach dem Optimum des Systems. Andererseits drängen Interessengruppen auf eine Ausgestaltung zu ihren Gunsten.
Ein strittiger Punkt ist zum Beispiel, wie die Zertifikate zu Beginn des Emissionsrechtehandels verteilt werden. Wenn ein Land die Zertifikate versteigern lässt, ein anderes sie aber kostenlos vergibt, dann entstehen Wettbewerbsverzerrungen. Zahle ich als Unternehmen für meine ersten Rechte einen Preis, wird meine Produktion teurer, erklärt die Unternehmensberaterin Barbara Wieler von PriceWaterhouseCoopers.
Wenn ich jetzt zum Beispiel ein Unternehmen bin im Bereich der Chemie oder der pharmazeutischen Industrie oder vielleicht auch der Zementindustrie, heißt das, ich habe Kosten, die ich irgendwie auf mein Produkt übertragen werde, denn ich will das Geld ja wieder haben, das heißt die Tonne Zement wird dann vielleicht statt 20 Euro die Tonne 30 Euro die Tonne kosten.
...und ein Unternehmen in einem Land, das die Zertifikate kostenlos vergibt, kann womöglich den Zement weiter zu 20 Euro die Tonne anbieten. Was für Unternehmen besonders schlimm ist, ist Unsicherheit, sagt Michael Schmalholz von FutureCamp.
Und solange Unternehmen nicht Sicherheit hierüber haben über die politischen Rahmenbedingungen, solange die noch nicht klar gelegt sind, einerseits auf europäischer Ebene, andererseits auf nationaler, sprich deutscher Ebene, solange werden Unternehmen ganz viele Probleme haben und verständliche Probleme, weil daran Investitionsentscheidungen über viele Jahre hängen und von vielen Millionen Euro, die ein Unternehmen natürlich nicht so gerne in den Sand setzt.
Der Emissionshandel ist ein starker Eingriff in gewohnte Rechte. Ein ganzes Rechtssystem wird durcheinandergewirbelt. Was die neue Ordnung bringt, kann niemand genau sagen. Und dann sei vielen eben der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach, sagt Michael Schmalholz.
Die Schwierigkeit ist natürlich auch, dass man mit dem System des Emissionshandels einen völlig neuen Weg beschreitet, Umweltauswirkungen, Umweltbeeinträchtigungen hier im Klimaschutz zu beseitigen oder zu reduzieren. Bislang war es eben das Ordnungsrecht oder das Steuerrecht. Und gerade das Ordnungsrecht ist über viele Jahre gewachsen, organisch gewachsen, hat sich immer weiterentwickelt. Das Ordnungsrecht gibt es seit nahezu 100 oder weit über 100 Jahren. Damit hat man Erfahrungen gesammelt und da weiß man was man hat. Das kennt man und da gibt es dann keine Überraschungen mehr. Das hat viele Schönheitsfehler, aber es funktioniert einigermaßen.
Auch so manche Behörde sieht dem Emissionsrechtehandel mit Skepsis entgegen, weil neue Aufgaben dazukommen. Gemessene Emissionen müssen überprüft, das Zertifikatesystem organisiert, die Einhaltung von Emissionsgrenzen kontrolliert werden.
Das ist nicht nur eine Kritik der Unternehmen, sondern auch wo sich die Verwaltungen, die Länderverwaltungen sicherlich auch schwer tun, weil für sie das bedeutet, dass sie ein komplett neues System zusätzlich noch umsetzen müssen, implementieren müssen in Deutschland, auch ein System, mit dem sie jetzt noch keine Erfahrungen haben.
Neue Aufgaben kommen auch auf die Unternehmen zu. Für viele ist der Emissionsrechtehandel noch ein Buch mit sieben Siegeln. Das Wuppertal-Institut hat deutsche Unternehmen nach ihrer Position zum Emissionshandel befragt. Als Ergebnis einer im Frühjahr vorgelegten Studie wurden vor allem zwei Dinge deutlich: Der Großteil der Firmen hatte nur geringe Kenntnis über das Funktionieren eines Emissionshandels. Eine präzise Meinung konnte sich also noch gar nicht entwickeln. Nur ein kleiner Teil der Befragten war über das Politikinstrument gut informiert. Diese Unternehmen zeigten aber ein sehr vielfältiges Meinungsbild zum Emissionshandel. Eine grundsätzliche Ablehnung von Seiten deutscher Unternehmen zeigte die Wuppertaler Studie nicht.
Dass Unternehmen die Menge ihrer Emissionen variieren können, dass sie Zertifikate kaufen können, wenn sie die Produktion ausweiten wollen, und Zertifikate verkaufen können, wenn sie Emissionen senken, haben viele Unternehmen aber noch gar nicht verstanden, so Tilman Santarius, Autor der Wuppertaler Studie.
Dieses Grundprinzip von entweder vermeiden und Emissionsrechte verkaufen oder nicht Emissionen vermeiden oder zukaufen, das ist bei vielen Unternehmen noch gar nicht verstanden und es ist auch, was die Auswirkungen betrifft, gar nicht so einfach. Wir glauben, dass dieser mangelnde Informationsgrad auch zum Teil dafür verantwortlich ist, dass es so viele kritische Stimmen seitens der Industrie gibt, denn wenn man natürlich nicht genau Bescheid weiß über ein Thema und das Prinzip nicht verstanden hat, dann hat man natürlich auch viele Ängste, Vorurteile und Befürchtungen, was da auf einen zukommen könnte. Und damit geht dann natürlich auch eine Ablehnung unter Umständen einher.
Wer den politischen Prozess aufmerksam verfolgt, bezweifelt kaum noch, dass der europäische Emissionshandel kommen wird. Daher ist es dringend, dass das Informationsdefizit der Unternehmen abgebaut wird. Im Verlauf dieses Jahres haben sich zahlreiche Verbände, Forschungsinstitute und politische Institutionen dafür engagiert, die Wirtschaft besser zu informieren mit einer Reihe von Veranstaltungen zum Emissionshandel. Auf ihnen wird der politische Wille erklärt, der Verhandlungsstand dargelegt und Pro und Contra-Argumente werden ausgetauscht. Das Bundesumweltministerium hat im Jahr 2000 eine Arbeitsgruppe Emissionshandel ins Leben gerufen. Michael Schmalholz leitet darin die Untergruppe, die sich mit der Umsetzung der europäischen Richtlinie in nationales Recht befasst.
Es gibt eine Fülle von Aktivitäten in diesem Bereich. Eine davon ist diese Arbeitsgruppe Emissionshandel. Das ist ein Zusammenschluss unter Leitung des Bundesumweltministeriums und da sind alle Vertreter der betroffenen Industrien, Verbände, Umweltgruppen, Handel, Banken, Versicherungen, Dienstleister, alle, die sich für das System und seine Ausgestaltung interessieren, zusammengeschlossen und dieses Gremium überlegt einerseits, welche Impulse man in die EU tragen kann aus dieser Arbeitsgruppe, wie man die Richtlinie beeinflussen und verbessern kann. Und gleichzeitig, wie man das in deutsches Recht umsetzt und wie man das im nationalen Bereich ausgestaltet, das ist also eine der wesentlichen Aktivitäten in diesem Bereich.
Mitglied dieser Arbeitsgruppe ist auch Regina Betz. Sie berät für das Fraunhofer Institut in Karlsruhe die Bundesregierung zu Fragen des Emissionshandels. Sie weiß, dass noch sehr viel zu tun sein wird, wenn die Europäische Union die Richtlinie zum Emissionshandel verabschiedet. Eine der größten Aufgaben für die Bundesregierung wird es sein, den sogenannten Allokationsplan aufzustellen —
...das heißt einen Plan, wo genau festgelegt wird, wie viele Emissionsrechte welches Unternehmen am Anfang bekommt, die Anfangsausstattung. Und da gibt es bestimmte Kriterien, die in der Richtlinie feststehen. Und da wird die Bundesregierung erst mal eine große Aufgabe haben, zwischen den Sektoren, also zwischen den Emissionen des Haushaltssektors, des Verkehrssektors und des Industriesektors eine genaue Zuteilung vorzunehmen, wie viel jeder Sektor darf ...
Dabei sollen bisherige Emissionen und Vermeidungsleistungen berücksichtigt werden. Ziemlich unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit üben schon einige Unternehmen die Mechanismen des Kyoto-Protokolls ein. Zu den Möglichkeiten, die es eröffnet, gehört, dass Unternehmen Klimaschutzprojekte in anderen Ländern durchführen können. Die durch die Projekte verminderten Treibhausgase werden dabei schon seit dem Jahr 2000 im eigenen Land als Emissionssenkung angerechnet.
...und da gibt es eine Fülle von kleinen Projekten, die gar nicht mal an die Öffentlichkeit dringen und auch, auch wenn Unternehmen nicht immer das an die große Glocke hängen, wissen gerade die großen Unternehmen natürlich sehr genau, was auf sie zukommt. Die überlegen sich dann schon sehr dezidiert, wie sie auf jede Frage reagieren können. Und wenn es dann richtig losgeht, sind die, glaube ich, schon ganz gut gewappnet.
Bei den bisher durchgeführten Projekten haben sich auch schon Preise herausgebildet, wie Barbara Wieler vom Beratungsunternehmen PriceWaterhouseCoopers beobachten konnte.
Wir haben unterschiedliche Preise und zwar, das eine sind die Preise für so genannte Emissionsminderungen, die momentan noch keinen Status von Rechten oder Zertifikaten haben. Die Preise hierfür liegen ungefähr bei 1-3 Euro die Tonne CO2, das ist abhängig vom Projekttyp. Normalerweise bekommen Sie höhere Preise für Energieeffizienzprojekte, Preise für forstwirtschaftliche Projekte sind eher am unteren Rand anzusiedeln. Die Preise ab dem Jahr 2008, wenn wir ein verpflichtendes System haben, liegen bei 8-10 Euro die Tonne.
Der Emissionsrechtehandel ist also durchaus vergleichbar mit dem Aktienhandel.
Wir haben, glaube ich, sehr viele Produkte oder Möglichkeiten, die dem Aktienhandel sehr ähnlich sind, das heißt, wir haben einen Spotmarkt, das heißt, ich kann heute ein Recht kaufen, das ich ganz dringend brauche und ich bezahle auch heute. Und ich habe natürlich Futurekontrakte, ich kann Optionskontrakte aufsetzen etc. Das ist alles vergleichbar mit dem Börsenhandel.
Auf Initiative des baden-württembergischen Umweltministeriums haben das Karlsruher Fraunhofer Institut, die Universität Karlsruhe und eine Agentur für spieltheoretische Beratung einen Emissionsrechtehandel simuliert. 12 Unternehmen durchschritten im Spiel die Jahre 2005 bis 2012, emittierten Treibhausgase, versuchten, Emissionen zu vermindern und stellten fest, dass man mit Emissionszertifikaten auch zocken kann: Sie handelten mit Millionen Euros!
Verschiedene Szenarien beherrschten das Planspiel. Die Zertifikate wurden dabei unterschiedlich an die Unternehmen verteilt: einmal kostenlos, einmal versteigert. Ein drittes Szenario war ein Mischsystem, erzählt Joachim Schleich, der für das Karlsruher Fraunhofer Institut das Projekt mit entwickelt hat.
...und wir haben im Rahmen des Planspiels beide Varianten integriert. In der ersten Durchführung des Planspiels wurden die Rechte gratis zugeteilt auf Basis einer bestimmten Formel. In der zweiten Variante wurde ein zunehmender Anteil der Rechte, die insgesamt zur Verfügung standen, über eine Auktion vergeben. Der Anteil, der über die Auktion vergeben wurde, ist angestiegen von anfänglich 20 auf 40 Prozent gegen Ende des Planspielhorizonts.
Das Planspiel wurde gerade abgeschlossen. Bernd Reuter, beim baden-württembergischen Umweltministerium verantwortlich für das Thema Klimaschutz, ist mit dem Experiment hochzufrieden.
Wir hoffen, deutlich zu machen, dass die Vorbereitungen der Unternehmen essentiell ist, um auf einem Emissionsrechtehandelsmarkt auch erfolgreich zu sein. Der Zeitpunkt ist auch nicht zu früh, wenn wirklich ab 2005 nach Vorschlägen der EU-Kommission der Handel eingeführt wird, haben wir jetzt noch zwei Jahre. Die brauchen wir dringend zur Vorbereitung. Insofern würden wir wirklich den potenziell betroffenen Unternehmen auch empfehlen, so wie in dem Planspiel, sich mit dem Thema zu beschäftigen, auch die Vorbereitungen intern zu treffen...
...also zum Beispiel Emissionen erfassen, Minderungsmaßnahmen identifizieren und Handelsstrategien entwickeln.
Wir hoffen auch, durch einige Ergebnisse die Ausgestaltung des zukünftigen Handels noch beeinflussen zu können, beispielsweise das so genannte Banking zu erlauben, das heißt, es sollte aus unserer Sicht möglich sein, Emissionsrechte aus der ersten Verpflichtungsperiode in die nächste zu übertragen. Das hat unser Planspiel gezeigt. So gibt es noch verschiedene andere Ausgestaltungsfragen, die wir in die Diskussion auch auf Bundesebene einbringen möchten.
Die mitspielenden Unternehmen verhielten sich risikoscheu. Sie bemühten sich, Strafen für zuviel ausgestoßene Treibhausgase zu vermeiden. Das Konzept der europäischen Kommission sieht vor, dass pro Tonne zuviel ausgestoßenes CO2 ohne den ausreichenden Besitz entsprechender Zertifikate eine Strafe von 50 Euro gezahlt werden muss.
Wir haben auch gesehen, dass die vorgesehenen Sanktionen, die die Kommission in ihrem Richtlinienvorschlag vorgesehen hat, vielleicht zu hoch sind, weil sie die Teilnehmer abschrecken, zu stark bestrafen. Wir würden anregen, in der ersten Phase eines Emissionshandels die Sanktionshöhen etwas abzusenken.
Ähnliche Planspiele wie in Baden-Württemberg fanden auch in Hessen und Schleswig-Holstein statt und die Europäische Kommission zeigt sich auch sehr interessiert an ihrem Ergebnis. Die Erkenntnisse scheinen also durchaus in den politischen Prozess einzufließen. Die europäischen Umweltminister haben das Thema Emissionshandel jedoch auf ihrem Treffen letzte Woche in Luxemburg von der Tagesordnung genommen, weil andere Problemlösungen dringender sind: So kommt die Europäische Verpackungsrichtlinie zügiger voran als der Klimaschutz, desgleichen auch neue Vorschriften zur Vermeidung von Chemieunfällen.
Die dänische Regierung hat kürzlich einen neuen Richtlinienvorschlag unterbreitet, mit dem sie hofft, den Emissionsrechtehandel bis zum Ende ihrer Ratspräsidentschaft verbindlich zu regeln.
Klappt das nicht - so witzeln böse Zungen - wird das Konzept im Mittelmeer verklappt. Denn im folgenden Jahr übernehmen zunächst Griechenland und dann Italien die Präsidentschaft. Die südlichen EU-Länder gelten als nicht so engagiert im Klimaschutz wie die Nordländer oder auch Deutschland. Die internationale Staatengemeinschaft jedenfalls wird auf eine einheitliche europäische Position in Sachen Emissionsrechtehandel noch einige Zeit warten müssen - und auch für den Klimagipfel in Delhi werden zunächst keine verbindlichen Regelungen vorgelegt.
In Deutschland hat sich bisher mehr Widerstand gegen dieses Vorhaben geregt als in anderen europäischen Ländern. Besonders lautstark hat sich der Verband der Chemischen Industrie zu Wort gemeldet. Würde der europäische Emissionshandel eingeführt, hätte er weitreichende Folgen für die energieintensive Branche, erläutert Winfried Golla vom Landesverband der Chemischen Industrie Baden-Württemberg:
Wir haben berechnet, was das kosten wird in etwa und zwar mit den Zahlen, die die EU vorgegeben hat. Das heißt, wenn wir die von der EU vorgegebenen Zahlen benutzen, kommen wir ab 2008 auf eine Größenordnung - man kann es nie ganz genau sagen - aber wir kommen auf eine Zusatzbelastung von einer Milliarde Euro jährlich, wohlgemerkt für die deutsche Chemische Industrie.
...wenn die Chemieunternehmen sämtliche Zertifikate, die sie bei der bisherigen Produktion bräuchten, kaufen müssten. Da es noch gar keinen Preis für die Zertifikate gibt, hat der Verband eine Zahl von 25 Euro pro Tonne CO2 zugrunde gelegt. Dieser Preis war zur Zeit der Berechnung des Verbandes in der Diskussion. Dass die Unternehmen sämtliche Zertifikate wirklich werden kaufen müssen, das steht noch gar nicht fest. Das wahrscheinlichere Szenario ist, dass beim Beginn des Emissionshandels die Rechte kostenlos vergeben werden. Die Kostenberechnungen der Industrie entbehren also derzeit noch jeglicher Grundlage. Inzwischen sind Unternehmen mit Stellungnahmen zum Emissionsrechtehandel zurückhaltender geworden und warten auf die Verabschiedung der europäischen Richtlinie. So war der größte deutsche Energieerzeuger, E.On. in Düsseldorf, zu diesem Thema auch zu keiner Stellungnahme bereit.
Ein Argument, das stets für den Emissionsrechtehandel ins Feld geführt wird: Er gilt als unter dem Strich billiger als andere Klimaschutz-Instrumente.
Die EU-Komission geht beispielsweise davon aus, dass Deutschland als Staat, also die Unternehmen in Deutschland pro Jahr etwa 2,24 Milliarden Euro einfach nur durch die Einführung des Emissionshandels einsparen könnten. Und das ist natürlich schon ein Argument, das sehr interessant ist für die Wirtschaft.
...sagt Michael Schmalholz vom Unternehmen FutureCamp, das Beratungsleistungen zum Emissionsrechtehandel anbietet. Ein Teil der deutschen Industrie ist jedoch der Meinung, dass die bisherigen Politikinstrumente wie Selbstverpflichtungen und Ökosteuern ausreichen, damit Deutschland seine internationalen Klimaschutzverpflichtungen einhält. Würden den Unternehmen zusätzliche Vorschriften gemacht, erzeuge das unnötige Kosten. In der Tat ist Deutschland ein Musterschüler unter seinen europäischen Nachbarn. Mit 18,5 Prozent hat Deutschland seine Emissionen zwischen den Jahren 1990 und 2000 in großem Ausmaß vermindert und damit sein Ziel von 21 Prozent für das Jahr 2012 fast erreicht. Das Bundesumweltamt hat allerdings berechnet, dass dies jedoch zu 60 Prozent auf die Umstrukturierung der Wirtschaft in Ostdeutschland zurückzuführen ist.
Damit sich das Weltklima stabilisiert, müssen die Klimaschutzziele in Zukunft aber immer anspruchsvoller werden. Dass Selbstverpflichtungen, Ordnungsrecht und Steuern dann noch ausreichen, ist nicht gewährleistet. Anders ist es beim Emissionsrechtehandel. Hier ist garantiert, dass das Ziel erreicht wird. Wenn ein Unternehmen kein Zertifikat zum Ablassen von Emissionen in die Atmosphäre erhalten hat, müssen seine Schornsteine kalt bleiben. Michael Schmalholz rät Unternehmen dazu, nicht Äpfel und Birnen zu vergleichen, wenn sie die Folgen des Emissionsrechtehandels berechnen.
Man darf nicht vergleichen, es kommt der Emissionshandel oder es passiert klimapolitisch gar nichts, sondern man muss vergleichen, es kommt entweder der Emissionshandel oder ein schärferes Ordnungs- und Steuerrecht. Das heißt, die klimapolitischen Ziele des Kyoto-Protokolls, die Deutschland verpflichten, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, die sind festgelegt.
Noch allerdings ist über den europäischen Emissionsrechtehandel nicht endgültig entschieden. Da es um eine revolutionäre Neuerung und um große Summen Geld geht, wird um jedes Detail gefeilscht. Einerseits sucht man nach dem Optimum des Systems. Andererseits drängen Interessengruppen auf eine Ausgestaltung zu ihren Gunsten.
Ein strittiger Punkt ist zum Beispiel, wie die Zertifikate zu Beginn des Emissionsrechtehandels verteilt werden. Wenn ein Land die Zertifikate versteigern lässt, ein anderes sie aber kostenlos vergibt, dann entstehen Wettbewerbsverzerrungen. Zahle ich als Unternehmen für meine ersten Rechte einen Preis, wird meine Produktion teurer, erklärt die Unternehmensberaterin Barbara Wieler von PriceWaterhouseCoopers.
Wenn ich jetzt zum Beispiel ein Unternehmen bin im Bereich der Chemie oder der pharmazeutischen Industrie oder vielleicht auch der Zementindustrie, heißt das, ich habe Kosten, die ich irgendwie auf mein Produkt übertragen werde, denn ich will das Geld ja wieder haben, das heißt die Tonne Zement wird dann vielleicht statt 20 Euro die Tonne 30 Euro die Tonne kosten.
...und ein Unternehmen in einem Land, das die Zertifikate kostenlos vergibt, kann womöglich den Zement weiter zu 20 Euro die Tonne anbieten. Was für Unternehmen besonders schlimm ist, ist Unsicherheit, sagt Michael Schmalholz von FutureCamp.
Und solange Unternehmen nicht Sicherheit hierüber haben über die politischen Rahmenbedingungen, solange die noch nicht klar gelegt sind, einerseits auf europäischer Ebene, andererseits auf nationaler, sprich deutscher Ebene, solange werden Unternehmen ganz viele Probleme haben und verständliche Probleme, weil daran Investitionsentscheidungen über viele Jahre hängen und von vielen Millionen Euro, die ein Unternehmen natürlich nicht so gerne in den Sand setzt.
Der Emissionshandel ist ein starker Eingriff in gewohnte Rechte. Ein ganzes Rechtssystem wird durcheinandergewirbelt. Was die neue Ordnung bringt, kann niemand genau sagen. Und dann sei vielen eben der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach, sagt Michael Schmalholz.
Die Schwierigkeit ist natürlich auch, dass man mit dem System des Emissionshandels einen völlig neuen Weg beschreitet, Umweltauswirkungen, Umweltbeeinträchtigungen hier im Klimaschutz zu beseitigen oder zu reduzieren. Bislang war es eben das Ordnungsrecht oder das Steuerrecht. Und gerade das Ordnungsrecht ist über viele Jahre gewachsen, organisch gewachsen, hat sich immer weiterentwickelt. Das Ordnungsrecht gibt es seit nahezu 100 oder weit über 100 Jahren. Damit hat man Erfahrungen gesammelt und da weiß man was man hat. Das kennt man und da gibt es dann keine Überraschungen mehr. Das hat viele Schönheitsfehler, aber es funktioniert einigermaßen.
Auch so manche Behörde sieht dem Emissionsrechtehandel mit Skepsis entgegen, weil neue Aufgaben dazukommen. Gemessene Emissionen müssen überprüft, das Zertifikatesystem organisiert, die Einhaltung von Emissionsgrenzen kontrolliert werden.
Das ist nicht nur eine Kritik der Unternehmen, sondern auch wo sich die Verwaltungen, die Länderverwaltungen sicherlich auch schwer tun, weil für sie das bedeutet, dass sie ein komplett neues System zusätzlich noch umsetzen müssen, implementieren müssen in Deutschland, auch ein System, mit dem sie jetzt noch keine Erfahrungen haben.
Neue Aufgaben kommen auch auf die Unternehmen zu. Für viele ist der Emissionsrechtehandel noch ein Buch mit sieben Siegeln. Das Wuppertal-Institut hat deutsche Unternehmen nach ihrer Position zum Emissionshandel befragt. Als Ergebnis einer im Frühjahr vorgelegten Studie wurden vor allem zwei Dinge deutlich: Der Großteil der Firmen hatte nur geringe Kenntnis über das Funktionieren eines Emissionshandels. Eine präzise Meinung konnte sich also noch gar nicht entwickeln. Nur ein kleiner Teil der Befragten war über das Politikinstrument gut informiert. Diese Unternehmen zeigten aber ein sehr vielfältiges Meinungsbild zum Emissionshandel. Eine grundsätzliche Ablehnung von Seiten deutscher Unternehmen zeigte die Wuppertaler Studie nicht.
Dass Unternehmen die Menge ihrer Emissionen variieren können, dass sie Zertifikate kaufen können, wenn sie die Produktion ausweiten wollen, und Zertifikate verkaufen können, wenn sie Emissionen senken, haben viele Unternehmen aber noch gar nicht verstanden, so Tilman Santarius, Autor der Wuppertaler Studie.
Dieses Grundprinzip von entweder vermeiden und Emissionsrechte verkaufen oder nicht Emissionen vermeiden oder zukaufen, das ist bei vielen Unternehmen noch gar nicht verstanden und es ist auch, was die Auswirkungen betrifft, gar nicht so einfach. Wir glauben, dass dieser mangelnde Informationsgrad auch zum Teil dafür verantwortlich ist, dass es so viele kritische Stimmen seitens der Industrie gibt, denn wenn man natürlich nicht genau Bescheid weiß über ein Thema und das Prinzip nicht verstanden hat, dann hat man natürlich auch viele Ängste, Vorurteile und Befürchtungen, was da auf einen zukommen könnte. Und damit geht dann natürlich auch eine Ablehnung unter Umständen einher.
Wer den politischen Prozess aufmerksam verfolgt, bezweifelt kaum noch, dass der europäische Emissionshandel kommen wird. Daher ist es dringend, dass das Informationsdefizit der Unternehmen abgebaut wird. Im Verlauf dieses Jahres haben sich zahlreiche Verbände, Forschungsinstitute und politische Institutionen dafür engagiert, die Wirtschaft besser zu informieren mit einer Reihe von Veranstaltungen zum Emissionshandel. Auf ihnen wird der politische Wille erklärt, der Verhandlungsstand dargelegt und Pro und Contra-Argumente werden ausgetauscht. Das Bundesumweltministerium hat im Jahr 2000 eine Arbeitsgruppe Emissionshandel ins Leben gerufen. Michael Schmalholz leitet darin die Untergruppe, die sich mit der Umsetzung der europäischen Richtlinie in nationales Recht befasst.
Es gibt eine Fülle von Aktivitäten in diesem Bereich. Eine davon ist diese Arbeitsgruppe Emissionshandel. Das ist ein Zusammenschluss unter Leitung des Bundesumweltministeriums und da sind alle Vertreter der betroffenen Industrien, Verbände, Umweltgruppen, Handel, Banken, Versicherungen, Dienstleister, alle, die sich für das System und seine Ausgestaltung interessieren, zusammengeschlossen und dieses Gremium überlegt einerseits, welche Impulse man in die EU tragen kann aus dieser Arbeitsgruppe, wie man die Richtlinie beeinflussen und verbessern kann. Und gleichzeitig, wie man das in deutsches Recht umsetzt und wie man das im nationalen Bereich ausgestaltet, das ist also eine der wesentlichen Aktivitäten in diesem Bereich.
Mitglied dieser Arbeitsgruppe ist auch Regina Betz. Sie berät für das Fraunhofer Institut in Karlsruhe die Bundesregierung zu Fragen des Emissionshandels. Sie weiß, dass noch sehr viel zu tun sein wird, wenn die Europäische Union die Richtlinie zum Emissionshandel verabschiedet. Eine der größten Aufgaben für die Bundesregierung wird es sein, den sogenannten Allokationsplan aufzustellen —
...das heißt einen Plan, wo genau festgelegt wird, wie viele Emissionsrechte welches Unternehmen am Anfang bekommt, die Anfangsausstattung. Und da gibt es bestimmte Kriterien, die in der Richtlinie feststehen. Und da wird die Bundesregierung erst mal eine große Aufgabe haben, zwischen den Sektoren, also zwischen den Emissionen des Haushaltssektors, des Verkehrssektors und des Industriesektors eine genaue Zuteilung vorzunehmen, wie viel jeder Sektor darf ...
Dabei sollen bisherige Emissionen und Vermeidungsleistungen berücksichtigt werden. Ziemlich unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit üben schon einige Unternehmen die Mechanismen des Kyoto-Protokolls ein. Zu den Möglichkeiten, die es eröffnet, gehört, dass Unternehmen Klimaschutzprojekte in anderen Ländern durchführen können. Die durch die Projekte verminderten Treibhausgase werden dabei schon seit dem Jahr 2000 im eigenen Land als Emissionssenkung angerechnet.
...und da gibt es eine Fülle von kleinen Projekten, die gar nicht mal an die Öffentlichkeit dringen und auch, auch wenn Unternehmen nicht immer das an die große Glocke hängen, wissen gerade die großen Unternehmen natürlich sehr genau, was auf sie zukommt. Die überlegen sich dann schon sehr dezidiert, wie sie auf jede Frage reagieren können. Und wenn es dann richtig losgeht, sind die, glaube ich, schon ganz gut gewappnet.
Bei den bisher durchgeführten Projekten haben sich auch schon Preise herausgebildet, wie Barbara Wieler vom Beratungsunternehmen PriceWaterhouseCoopers beobachten konnte.
Wir haben unterschiedliche Preise und zwar, das eine sind die Preise für so genannte Emissionsminderungen, die momentan noch keinen Status von Rechten oder Zertifikaten haben. Die Preise hierfür liegen ungefähr bei 1-3 Euro die Tonne CO2, das ist abhängig vom Projekttyp. Normalerweise bekommen Sie höhere Preise für Energieeffizienzprojekte, Preise für forstwirtschaftliche Projekte sind eher am unteren Rand anzusiedeln. Die Preise ab dem Jahr 2008, wenn wir ein verpflichtendes System haben, liegen bei 8-10 Euro die Tonne.
Der Emissionsrechtehandel ist also durchaus vergleichbar mit dem Aktienhandel.
Wir haben, glaube ich, sehr viele Produkte oder Möglichkeiten, die dem Aktienhandel sehr ähnlich sind, das heißt, wir haben einen Spotmarkt, das heißt, ich kann heute ein Recht kaufen, das ich ganz dringend brauche und ich bezahle auch heute. Und ich habe natürlich Futurekontrakte, ich kann Optionskontrakte aufsetzen etc. Das ist alles vergleichbar mit dem Börsenhandel.
Auf Initiative des baden-württembergischen Umweltministeriums haben das Karlsruher Fraunhofer Institut, die Universität Karlsruhe und eine Agentur für spieltheoretische Beratung einen Emissionsrechtehandel simuliert. 12 Unternehmen durchschritten im Spiel die Jahre 2005 bis 2012, emittierten Treibhausgase, versuchten, Emissionen zu vermindern und stellten fest, dass man mit Emissionszertifikaten auch zocken kann: Sie handelten mit Millionen Euros!
Verschiedene Szenarien beherrschten das Planspiel. Die Zertifikate wurden dabei unterschiedlich an die Unternehmen verteilt: einmal kostenlos, einmal versteigert. Ein drittes Szenario war ein Mischsystem, erzählt Joachim Schleich, der für das Karlsruher Fraunhofer Institut das Projekt mit entwickelt hat.
...und wir haben im Rahmen des Planspiels beide Varianten integriert. In der ersten Durchführung des Planspiels wurden die Rechte gratis zugeteilt auf Basis einer bestimmten Formel. In der zweiten Variante wurde ein zunehmender Anteil der Rechte, die insgesamt zur Verfügung standen, über eine Auktion vergeben. Der Anteil, der über die Auktion vergeben wurde, ist angestiegen von anfänglich 20 auf 40 Prozent gegen Ende des Planspielhorizonts.
Das Planspiel wurde gerade abgeschlossen. Bernd Reuter, beim baden-württembergischen Umweltministerium verantwortlich für das Thema Klimaschutz, ist mit dem Experiment hochzufrieden.
Wir hoffen, deutlich zu machen, dass die Vorbereitungen der Unternehmen essentiell ist, um auf einem Emissionsrechtehandelsmarkt auch erfolgreich zu sein. Der Zeitpunkt ist auch nicht zu früh, wenn wirklich ab 2005 nach Vorschlägen der EU-Kommission der Handel eingeführt wird, haben wir jetzt noch zwei Jahre. Die brauchen wir dringend zur Vorbereitung. Insofern würden wir wirklich den potenziell betroffenen Unternehmen auch empfehlen, so wie in dem Planspiel, sich mit dem Thema zu beschäftigen, auch die Vorbereitungen intern zu treffen...
...also zum Beispiel Emissionen erfassen, Minderungsmaßnahmen identifizieren und Handelsstrategien entwickeln.
Wir hoffen auch, durch einige Ergebnisse die Ausgestaltung des zukünftigen Handels noch beeinflussen zu können, beispielsweise das so genannte Banking zu erlauben, das heißt, es sollte aus unserer Sicht möglich sein, Emissionsrechte aus der ersten Verpflichtungsperiode in die nächste zu übertragen. Das hat unser Planspiel gezeigt. So gibt es noch verschiedene andere Ausgestaltungsfragen, die wir in die Diskussion auch auf Bundesebene einbringen möchten.
Die mitspielenden Unternehmen verhielten sich risikoscheu. Sie bemühten sich, Strafen für zuviel ausgestoßene Treibhausgase zu vermeiden. Das Konzept der europäischen Kommission sieht vor, dass pro Tonne zuviel ausgestoßenes CO2 ohne den ausreichenden Besitz entsprechender Zertifikate eine Strafe von 50 Euro gezahlt werden muss.
Wir haben auch gesehen, dass die vorgesehenen Sanktionen, die die Kommission in ihrem Richtlinienvorschlag vorgesehen hat, vielleicht zu hoch sind, weil sie die Teilnehmer abschrecken, zu stark bestrafen. Wir würden anregen, in der ersten Phase eines Emissionshandels die Sanktionshöhen etwas abzusenken.
Ähnliche Planspiele wie in Baden-Württemberg fanden auch in Hessen und Schleswig-Holstein statt und die Europäische Kommission zeigt sich auch sehr interessiert an ihrem Ergebnis. Die Erkenntnisse scheinen also durchaus in den politischen Prozess einzufließen. Die europäischen Umweltminister haben das Thema Emissionshandel jedoch auf ihrem Treffen letzte Woche in Luxemburg von der Tagesordnung genommen, weil andere Problemlösungen dringender sind: So kommt die Europäische Verpackungsrichtlinie zügiger voran als der Klimaschutz, desgleichen auch neue Vorschriften zur Vermeidung von Chemieunfällen.
Die dänische Regierung hat kürzlich einen neuen Richtlinienvorschlag unterbreitet, mit dem sie hofft, den Emissionsrechtehandel bis zum Ende ihrer Ratspräsidentschaft verbindlich zu regeln.
Klappt das nicht - so witzeln böse Zungen - wird das Konzept im Mittelmeer verklappt. Denn im folgenden Jahr übernehmen zunächst Griechenland und dann Italien die Präsidentschaft. Die südlichen EU-Länder gelten als nicht so engagiert im Klimaschutz wie die Nordländer oder auch Deutschland. Die internationale Staatengemeinschaft jedenfalls wird auf eine einheitliche europäische Position in Sachen Emissionsrechtehandel noch einige Zeit warten müssen - und auch für den Klimagipfel in Delhi werden zunächst keine verbindlichen Regelungen vorgelegt.