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Handel nach dem Brexit
Die Chlorhühnchen sind zurück

Großbritannien verhandelt ab heute in Washington einen eigenen Handelsvertrag mit den USA. In London warnen Politiker vor den berüchtigten mit Chlor gewaschenen Hühnchen. Doch der britische Handelsminister betont die Vorteile eines Freihandelsvertrags.

Von Friedbert Meurer | 24.07.2017
    Der britische Handelsminister Liam Fox
    "Das jährliche Volumen von 167 Milliarden Pfund kann um bis zu 40 Milliarden Pfund anwachsen, wenn wir Handelsbarrieren bis 2020 abbauen", sagt der britische Handelsminister Liam Fox. (EPA, Facundo Arrizabalaga)
    Die Chlorhühnchen sind zurück: Während Handelsminister Liam Fox in Washington für einen Handelsvertrag wirbt, warnen zuhause in London führende Tory-Politiker vor der Invasion der berüchtigten mit Chlor gewaschenen US-Hühnchen. Einige Kabinettskollegen sperren sich gegen ein Absenken der Standards, berichtet der Daily Telegraph. Aber Liam Fox hebt die Vorteile eines Handelsvertrags mit den USA hervor. Lebensmittel könnten billiger werden. Außerdem gehe es auch um viele andere Sektoren.
    "Natürlich ist die Landwirtschaft in jedem Freihandelsvertrag ein sehr schwieriges Kapitel, auf das man sich erst ganz am Ende verständigt. Aber wir wollen auf die ganze Breite des Handels schauen, auf den Finanzsektor zum Beispiel oder auf andere Bereiche der Dienstleistungen."
    Erhoffter Handels-Boom nach dem Brexit
    Großbritannien versteht sich als handelsoffene Nation. Das soll sich auch nach dem Brexit nicht ändern. Im Gegenteil: Der freie Handel mit der ganzen Welt soll boomen, wenn erst einmal die Fesseln der EU-Mitgliedschaft abgelegt sind.
    "Finanzsektor und die Luftfahrt, da könnten sich Großbritannien und die USA am schnellsten einig werden", analysiert Thomas Cole vom Think Tank "Open Britain". "Andererseits denken Sie an die Proteste gegen TTIP, die den Gegnern der EU hier geholfen haben. Gesundheit und Pharmaindustrie sind kritische Bereiche. Und die Landwirtschaft kann in den Gesprächen problematisch werden."
    Ein Freihandelsvertrag mit den USA würde einem Großbritannien nach dem Brexit wirtschaftlichen Auftrieb geben, so lautet das Kalkül der Regierung.
    Nicht von den USA über den Tisch ziehen lassen
    Aber selbst die britische Handelskammer warnt davor, die Regierung solle sich von den USA nicht über den Tisch ziehen lassen. In der EU schließt alleine die EU-Kommission Handelsverträge ab. Großbritannien fehle schlicht seit 40 Jahren die Expertise. Handelsminister Liam Foix aber hebt die Vorteile des Handels mit den USA klar hervor.
    "Wir haben einen Handelsüberschuss mit den USA. Das jährliche Volumen von 167 Milliarden Pfund kann um bis zu 40 Milliarden Pfund anwachsen, wenn wir Handelsbarrieren bis 2020 abbauen. Regierung und Kongress in Washington wollen das auch."
    Schwierig werden könnte der Zeitplan: Solange Großbritannien Mitglied der EU-Zollunion ist, darf es keinen eigenen Handelsvertrag abschließen. Sollte das Land auch nach 2019 in einer Übergangszeit faktisch in der Zollunion bleiben, droht erheblicher Verzug für einen Vertrag mit den USA.