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Handelskonflikt mit den USA
Chinas Wachstum sinkt im zweiten Quartal

Der Handelskrieg mit den USA macht der chinesischen Wirtschaft zu schaffen. Im zweiten Quartal ist Chinas Wirtschaft nur noch um 6,2 Prozent gewachsen - das ist der niedrigste Wert seit langem. Viele Ökonomen halten von diesen staatlichen Statistiken allerdings nicht viel.

Von Steffen Wurzel | 15.07.2019
Zwei Lastkähne bringen ein Containerschiff zur Werft in Qingdao in der ostchinesischen Provinz Shandong.
Chinas Staats- und Parteiführung hat in den vergangenen Monaten viele Extra-Milliarden lockergemacht, um die Wirtschaft künstlich zu stabilisieren. (dpa-Bildfunk / CHINATOPIX)
6,2 Prozent im zweiten Quartal: Das ist ein im Vergleich zu Europa immer noch beachtlicher Wert, aber für China ist das niedrigste Wachstum seit fast 30 Jahren. Im ersten Quartal des Jahres war die chinesische Wirtschaft noch um 6,4 Prozent gewachsen.
"Zusammengenommen hatten wir im ersten Halbjahr also ein Wachstum von 6,3 Prozent", erklärt Mao Shengyong, Sprecher des chinesischen Statistikamtes. "Für's Gesamtjahr streben wir 6,0 bis 6,5 Prozent an. Das erste Halbjahr bildet also eine gute Grundlage für unser Jahreswachstumsziel. Im zweiten Halbjahr werden es externen Faktoren allerdings recht kompliziert machen."
Folgen des Handelskrieges mit den USA spürbar
Diese "externen Faktoren" – damit ist der US-chinesische Handelskrieg gemeint. Den Begriff selbst vermeiden chinesische Spitzenpolitiker in der Öffentlichkeit weiterhin so gut es geht. Klar wird aber: Die Folgen des Handelskriegs machen der chinesischen Wirtschaft zu schaffen.
Ob die Wachstumsrate nun bei 6,0 oder 6,5 Prozent oder irgendwo dazwischen lande, sei ohnehin egal, sagen viele Ökonomen. Viele halten die staatlichen chinesischen Statistiken für Unsinn, weil künstlich nach oben frisiert.
So lange es sich Chinas Führung weiter leisten könne, neue Schulden zu machen, so lange könne sie jedes beliebige Wachstumsziel erreichen, sagt etwa Michael Pettis, Finanzprofessor an der Peking-Universität.
"Sobald die Schuldenmacherei endet, wird die Wachstumsrate zurückfallen, meiner Ansicht nach auf unter drei Prozent."
Wirtschaft künstlich stabilisiert
Tatsächlich hat Chinas Staats- und Parteiführung in den vergangenen Monaten viele Extra-Milliarden lockergemacht, um die Wirtschaft künstlich zu stabilisieren. Das Geld fließt zum Beispiel in Bauprojekte, Infrastruktur und staatliche Konzerne. Finanziert wurde und wird das Ganze durch neue Schulden. Wie lange sich das die Führung in Peking noch leisten kann: Schwer zu sagen, meint Finanzprofessor Pettis:
"Wir wissen nicht, wann die Grenzen des Schuldenmachens erreicht werden. Das können zwei oder vier Jahre sein – niemand weiß das. Aber entscheidend ist: Die Führung in Peking ist sich des Problems bewusst. Und sie versucht, es zu lösen. Doch das ist politisch sehr schwer."
Die meisten Analysten in Asien interessierten sich heute ohnehin weniger für Chinas Wirtschaftswachstum, als vielmehr für andere Zahlen, die die Statistikbehörde in Peking ebenfalls vorgelegt hat. Und von denen fielen einige Zahlen relativ gut aus. So legte zum Beispiel die Industrieproduktion des Landes stärker zu als erwartet. Auch beim Einzelhandel ging es nach oben.