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Handtaschen zum Anbeißen

Sie sehen aus wie Designerhandtaschen oder Turnschuhe und sind nicht nur bei Promis wie den Rolling Stones, Jay-Z oder Justin Bieber heiß begehrt. In New York backt eine studierte Grafikdesignerin aus der Nähe von Düsseldorf essbare Schmuckstücke für Partys.

Von Jürgen Kalwa | 18.03.2013

    Ein kleiner Laden an der Washington Avenue in Brooklyn. Vorne ein paar Tische. Dahinter eine Theke. Im Schaufenster Fotos, die andeuten, was hier passiert.
    Hier - bei BCakeNY – entstehen die kreativsten Torten von New York.

    Hinter einer Tür: Die Backstube, in dem Miriam Milord aus Kaarst bei Düsseldorf und ihre fünf Angestellten zaubern. Mit Zucker und Sahne und Schokolade. Und mit einem speziellen Teig. Wie Biskuit, nur luftiger.

    "Das hat auf jeden Fall viel mehr Backpulver, viele Eier, viel Butter.”"

    Miriam Milord ist 31 Jahre alt. Sie hat vor Jahren Grafikdesign studiert. Dann in einer Kunstgalerie gearbeitet. Nun setzt sie ihren Sinn fürs Schöne in einer verschwenderischen Genusswelt um. In Amerika geht so etwas auch ohne Konditorlehre. Ganz autodidaktisch. Ihr Erfolgsrezept: Sinnestäuschung. Miriams beeindruckendste Backmischungen sind Torten, die nicht wie Torten aussehen, sondern wie Turnschuhe. Oder wie Designerhandtaschen, wie Spielzeugautos, wie Sektflaschen und iPhones, wie Ledersofas oder wie ganze Stadtlandschaften. Eine perfekte, spielerische Illusion.

    ""Wir hatten das schon ein paar Mal, dass wir einen Kuchen geliefert haben und dann die Leute gefragt haben: ‘Wo ist denn der Kuchen?’ Und ich dann gesagt habe: ‘Wir haben den gerade auf den Tisch gestellt.’ – ‘Oh, der Kuchen ist in der Tasche?’ – ‘Nee, der Kuchen ist die Tasche.’ Das finden Leute auf den Fall schon ganz witzig.”"

    Ihre Geschichte begann, als Miriam Milord ihre erste Torte für eine Freundin produzierte.

    ""2009. Dadurch, dass ich keine Torte finden konnte, die ich wirklich mochte und die ich für meine Freundin kaufen wollte und dann mir einfach gedacht habe, ich probiere es mal selbst. Als es dann nach einer Feier wirklich sechs weitere Bestellungen gab, habe ich mir gedacht: Vielleicht könnte ich das mal geschäftlich machen.”"

    Inzwischen hat sie einen beeindruckenden Kundenkreis. Sozusagen die Creme de la Buttercreme. Prominente Musiker wie die Rolling Stones, Justin Bieber, Barbra Streisand, der Rapper Jay-Z und eine Reihe von Fernsehstars. Ausgeführt werden auch Bestellungen aus Los Angeles. Dann fliegt Miriam Milord persönlich. Die süße Skulptur auf dem Sitz gleich daneben.

    Aber die Promis sind nur Teil des Erfolgs. Die sorgen für die PR. Der andere Teil hat mit einem auffälligen Trend zu tun. Spektakuläre Torten sind für Amerikaner – egal welcher gesellschaftlicher Schicht und egal wie gut betucht – Statussymbole geworden. Nichts signalisiert bei einer Party so deutlich, dass keine Kosten gescheut und nicht an Phantasie gespart wurde. Die opulente BCakeNY-Torten sind nämlich teuer. 500 Dollar kommen da schnell zusammen. Und oft auch mehr.

    ""Die Budgets haben sich geändert. Dass Leute das jetzt auch für Geburtstage machen. Ich glaube, die Hälfte unserer Torten sind für Kinder. Vor 20 Jahren gab es nicht solche 50.000 Dollar Erster-Geburtstag-Feiern. Jetzt ist das schon fast normal, dass es 5000 bis 10.000 Dollar kostet. Mit hundert Leuten. Wir hatten schon viele Einjährige, die kleiner waren als ihre Torten. Und auch schon ein paar Zwei-, Drei-, Vierjährige, die kleiner waren als ihre Torten."