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Handy-Fahrkarte für den Bodensee-Katamaran

Technik. - Wer regelmäßig mit dem Bodensee-Katamaran zwischen Friedrichshafen und Konstanz pendelt, kann sein Ticket auch per Handy lösen. Einzige Voraussetzung: ein besonderer Chip, der aus dem Handy eine Art Kreditkarte macht. Dann muss man das Handy nur noch in die Nähe eines Kontrollgerätes auf der Fähre halten - und schon ist der Fahrpreis automatisch vom Konto abgebucht. Das System soll Vorbild sein auch für andere öffentliche Verkehrsmittel.

Von Thomas Wagner |
    Der Bodensee-Katamaran auf dem Weg von Friedrichshafen nach Konstanz: Die Überfahrt dauert eine Dreiviertelstunde. Mit an Bord: Melanie Ärmler. Statt am Automat eine Fahrkarte zu lösen, zieht sie ihr Handy aus der Handtasche.

    "Um zu bezahlen, wird das Handy ans Terminal gehalten - und die Gebühr wird dann direkt vom Konto abgebucht. Der Schiffsführer sieht dann, wenn mein Porträt, mein Bild erscheint auf dem Handy, dass ich bezahlt habe."

    Das Erscheinen des Bildes auf dem Display ist eine Sicherheitsvorkehrung. Denn nur die Inhaber der elektronischen Fahrkarte sind berechtigt, diese auch zu nutzen. Sie erhalten allerdings einen 30-prozentigen Rabatt. Das Besondere an dem System: Melanie Ärmler muss, um das Tickert zu bezahlen, weder eine SMS verschicken, noch sonst irgendetwas mit ihrem Handy anstellen. Das Herausnehmen aus der Handtasche in der Nähe des Detektors genügt. Doch was passiert in diesem kurzen Augenblick?

    "Da muss ich etwas über NFC sagen, die so genannte Near-Field-Kommunikation. Das ist ein Ziel der Industrie international, bestimmte Formen der Kommunikation zu vereinfachen und sicherer zu machen. In erster Linie ist da mal das mobile Bezahlen gemeint", "

    erläutert Thomas Kühr von der Hamburger Gesellschaft für mobile Lösungen, kurz Gemapps, das als Tochterunternehmen von T-Systems die KatCard mitentwickelt hat. "Near-Field-Communication" - das bedeutet: Das Handy, mit dem bezahlt wird, muss dazu besonders ausgestattet sein.

    " "Das Handy hat neben den normalen Funktionen noch einen zusätzlichen Chip, auf dem eine Berechtigung hinterlegt ist. Und über diese Berechtigung kann ich über die Kommunikation mit dem Gegengerät sagen: Ich bin berechtigt, jetzt auf den Katamaran zu gehen. Und gleichzeitig wird mir natürlich Geld abgebucht."

    Und zwar in dem Moment, in dem der Chip auf dem Handy die persönlichen Daten des Nutzers an den Detektor gesendet hat. Dort wird der Nutzer anhand des übermittelten Datensatzes registriert und der Fahrpreis für die Überfahrt automatisch vom Konto abgebucht. Seit Anfang des Jahres läuft dieser bundesweit einzigartige Versuchsbetrieb auf dem Bodensee-Katamaran zwischen Friedrichshafen und Konstanz; 40 Teilnehmer sollen Zuverlässigkeit und Fehlerquellen des neuen Bezahlsystems testen. Für eine erste Bilanz ist es zwar noch zu früh, heißt es übereinstimmend bei der Bodensee-Katamaran-Reederei und bei T-Systems. Fest steht aber bereits jetzt: Der Versuch am Bodensee mit dem Handy-Chip ist nur ein Anfang.

    "Ziel dieser NFC-Technologie ist, dass wir irgendwann mal, so in zwei Jahren, die Übertragung der Kreditkarte auf das Handy, die Zahlungsfunktion von der Kreditkarte aus Plastik runter zu bringen und aufs Handy zu transferieren", "

    weiß Thomas Kühr von Gemapps Hamburg. Dabei ist das neue Bezahlsystem im Rahmen der KatCard das eine, die automatische Fahrgastinformation per SMS das andere: Fällt die Überfahrt über den Bodensee beispielsweise wegen eines schweren Sturmes aus, erhalten die KatCard-Nutzer, die sich entsprechend angemeldet haben, automatisch eine SMS. Diese Funktion ist ausbaufähig auch auf andere Verkehrsträger - und dann auch ein Stück weit technisch raffinierter, so Hendrik Seithel, der sich bei Gemapps Hamburg ebenfalls mit neuen Bezahlsystemen beschäftigt:

    " "Es gibt da Versuche, die alle Dienste auf meinem Handy zusammenknoten. Ich sag mal: Mein Handy weckt mich um sieben Uhr, weil ich los muss zur Arbeit. Jetzt weckt es mich aber um 6:30 Uhr, weil unterwegs ein Stau ist auf der Straße. Und das Handy kriegt die Information, beispielsweise die B10 in Karlsruhe ist dicht, nimm lieber die S-Bahn oder nimm bitte den Zug oder parke auf dem nächsten Park-and-Ride-Parkplatz."

    Solche intelligenten Warnsysteme übers Handy sind aber noch Zukunftsmusik. Hier stehen die Feldversuche erst noch bevor. Selbst die Sturm- und Ausfallmeldungen, die die Bodensee-Katamaranreederei auf die Handys ihrer Fahrgäste schickt, können derzeit noch nicht automatisch den Wecker um eine halbe Stunde früher klingeln lassen. Und noch ein Nachteil hat sich gezeigt: Bislang bietet gerade ein einziger Hersteller Handys mit NFC-Chips zum automatischen Bezahlen an. Schon bald, heißt es bei den Fachleuten, werden aber die Modelle anderer Hersteller folgen. Auch die sollen am Bodensee auf ihre Funktionstüchtigkeit hin getestet werden.