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Handys im Unterricht
Fluch und Segen im Klassenraum

Klingelnde Handys im Unterricht nerven Lehrer und Schüler gleichermaßen. Viele Schulen haben deswegen strenge Regeln für den Gebrauch von Smartphones im Unterricht eingeführt. Für bestimmte Projekte ist der Einsatz allerdings auch sinnvoll.

Von Dirk Groß-Langenhoff | 07.04.2016
    Schüler schreiben SMS und telefonieren am 22.04.2013 auf einem Schulhof in Braunschweig (Niedersachsen).
    Filmen und fotografieren verboten: In vielen Schulen regelt die Hausordnung den Handygebrauch. ( picture alliance / dpa)
    Klingelnde Handys sind heute allgegenwärtig, selbst in Schulklassen. Doch das nervt das nicht nur den Lehrer, der dagegen anreden muss, sondern auch die Mitschüler. Konzentration auf den Unterricht sei dann schwierig, sagen Julian und Nele vom Clara-Schumann-Gymnasium in Dülken am Niederrhein.
    "Es stört einfach, dass in diesem Moment kein Lernfluss mehr stattfinden kann, weil einfach alle abgelenkt sind, weil das Handy vibriert, und alle gucken ihn an, und der Lehrer ist dann natürlich auch abgelenkt. / Es ist halt manchmal auch eine Ablenkung, weil Leute hinten im Klassenraum mit ihrem Handy sitzen und die Lehrer das auch manchmal gar nicht merken. In der fünften und sechsten, als viele ihr Handy neu bekommen haben, hat es auch öfter mal geklingelt, aber dann haben die es weggenommen bekommen."
    Handyverbot in Hausordnung
    Denn am Clara-Schumann-Gymnasium, wie auch an den meisten anderen Schulen in Deutschland, gibt es klare Regeln für die Benutzung von Smartphones. Während des Unterrichts darf nicht gechattet oder im Internet gesurft werden. Die Geräte sollen möglichst auf stumm oder ganz ausgeschaltet werden. In einer Hausordnung sei das Handyverbot geregelt, erzählt Schulleiter Gunter Fischer.
    "Das ist eindeutig: Da wird das Handy abgenommen, weil das ja natürlich auch die ganze Klasse stören kann und den Schüler ja auf alle Fälle und seine Umgebung auch. Und dann ist das Handy erst einmal weg. In schwereren Fällen, wenn das öfter vorkommt, dürfen dann die Eltern das Handy abholen, weil der junge Mensch dann offenbar nicht sinnvoll mit diesem Gerät umgehen kann."
    Doch ganz so strikt ist das Handyverbot nun auch wieder nicht. Schulleiter Gunter Fischer erzählt, dass er selbst Smartphones in seinem Physik-Unterricht einsetzt. Denn es gibt durchaus Apps, die die Schüler beim Lernen unterstützen können. Man dürfe die neue Technik nicht verteufeln, sondern schauen, wie man sie sinnvoll im Unterricht einsetzen kann, sagt er. Informatik-Lehrer Oliver Coenen stimmt seinem Chef zu. Sogar die Foto- und Video-Funktion der Schüler-Smartphones kann bei Projekten eingesetzt werden. So spart die Schule nebenbei auch noch Geld für eine teure Kamera-Ausrüstung.
    "Wir haben schon mal ein Film-Projekt gemacht, wo es dann darum ging, darzustellen, dass man über zu exzessive Handynutzung soziale Kontakte verlieren kann. Das haben wir als Film-Projekt einmal durchgeführt und mit den Schülerinnen und Schülern dann umgesetzt."
    Chemielehrer als Youtube-Star
    Das Fotografieren und Filmen außerhalb spezieller Projekte ist, wie an allen anderen Schulen in Deutschland auch, nicht erlaubt. Bei YouTube gibt es trotzdem inzwischen viele Videos von Lehrern während des Unterrichts - hochgeladen von Schülern. Am beliebtesten sind Videos von Lehrern, die sich von Schülern provozieren lassen und ausrasten. Solche Videos gibt es vom Clara-Schumann-Gymnasium zwar nicht im Internet, trotzdem sei ein Chemielehrer zum heimlichen YouTube-Star von Dülken geworden, erzählt Schülerin Leonie Sofie.
    "Ein Lehrer hat mal für eine Schülerin etwas gesungen. Das ist auch bei YouTube gelandet, das kann man da auch finden."
    Allerdings hat Chemielehrer Herbert Welter in diesem Fall sein Einverständnis dafür gegeben, dass der Song im Internet landet. Heimliche Aufnahmen sind dagegen nicht erlaubt, aber wenn der Lehrer etwas merkt, darf er das Video auch nicht löschen. Eine rechtlich schwierige Situation an Schulen, die in Dülken bisher so aber noch nicht vorgekommen ist. Vielleicht auch, weil einige Schüler hier zu Medienscouts ausgebildet wurden. Sie erklären jüngeren Mitschülern unter anderem, was es bedeutet, ein Recht am eigenen Bild zu haben. Am Clara-Schumann-Gymnasium in Dülken versucht man einen goldenen Mittelweg zwischen sinnvoller Nutzung und Verboten zu finden. Denn auch hier weiß man, dass es ein Leben und Arbeiten für heutige Schülergeneration ohne Smartphone nicht mehr geben wird. Ein vernünftiger Umgang damit muss also auch erlernt werden.