Stefan Müller ist eigentlich Musiker. Er bewegt sich vorzugsweise mit einem Knopf im Ohr, so wird es jedenfalls kolportiert; auch im Atelier habe er meist die Kopfhörer auf. Mag sein, dass hier schon wieder Mythen gestreut werden, mag auch sein, dass er ganz ohne Musik genau dasselbe malen würde. Eine gewisse Rhythmisierung ist seinen Bildern jedenfalls nicht abzusprechen. Oder ist das auch schon wieder Projektion?
Es ist ganz lehrreich, sich solche Fragen zu stellen, denn nur so erfährt man, wie die große Kunst-Maschine funktioniert. Es kommt nämlich darauf an, wie Künstler in den Betrieb eingefädelt werden. Ein Problem des (Selbst-) Marketings und der Abspielorte, wie man spätestens seit Jonathan Meese und Daniel Richter weiß. Der jetzt 39-jährige Stefan Müller hat das Glück, dass eine renommierte Ausstellungsmacherin, die demnächst ans Wiener MuMok wechselnde Karola Kraus, völlig von ihm überzeugt ist. In der von ihr (noch) geleiteten Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden hat sie Müller einen Parcours ausgerichtet, der das bisherige Werk resümiert – von den zu Giraffenhälsen angeordneten gedämpften Farbflecken (mit dem schönen Titel "I'm against it" aus dem Jahr 2000) bis zu den ostereiförmigen Farbverwischungen vor leerem Grund (mit dem noch schöneren Titel "Flüssige Handschellen", gefertigt 2010).
Dazwischen viel Experimentelles auf Baumwolle, Nesselstoff und gebrauchten Bettlaken, Werke, die Müllers grundsätzliches Misstrauen gegen die Malerei belegen sollen. Ob man sich im 21.Jahrhundert noch ein Bild machen kann, und ob dieses Bild ausgerechnet ein in Öl gepinseltes sein muss – diese Frage ist nicht ganz neu, aber natürlich eine, die den Betrachter für den zweifelnden Produzenten einnimmt.
Jedenfalls: nach Abstraktion, Konzeptkunst und Minimal Art tun sich manche schwer mit dem Gegenständlichen, was oft auch daran liegt, dass man das Gegenständliche ja können muss. Der bekennende Punk-Schlagzeuger Stefan Müller übersetzt nun seine Konzepte oft etwas naiv in Malerei: vier wollknäuel-artig sich windende Farblinien heißen überraschenderweise "John, Paul, George und Ringo Starr". Becken, Toms und Basstrommel eines Schlagzeug-Sets werden zu Farbkreisen im leeren Raum und sind dem Drummer Jaki Liebezeit gewidmet. Überhaupt ist das offenbar manische Kreisen der Gedanken bei Müller sehr oft in kreisförmige Gebilde gebracht, was, je nach kunsthistorischer Anbindung, an die Zielscheiben des Jasper Johns oder an die lichtreflektorischen New-York-Bilder des Alex Katz erinnert. Andere Werke, in denen vernähte bunte Quadrate nach unten abstürzen, wirken wie in Unordnung geratene, immerhin witzig kommentierte Minimalkunst.
Überzeugender sind die Alltagsspuren, mit denen Müller seine Bilder auflädt. Wer die Leinwände über den dreckigen Atelierboden schleift, Flusen, Schmutz und Glitter in die Werke integriert, den zerknitterten Malgrund verätzt oder mit Chlor ausbleicht, der hat es doch gar nicht nötig, nette dekorative Blumensträuße als Installation vor die Bilder zu stellen. Auch der Silvesterkracher, der auf einer mit Acryl und Edding bearbeiteter Nesseldecke seine Krater hinterlässt, ist um einiges energetischer als die sublimen chemischen Formeln und Soziogramme, die man alle schon mal gesehen hat.
Rein zufällig stammt eine Vielzahl der Exponate aus dem Besitz von Bärbel Grässlin, der Schwester der Kuratorin. Das spricht weder für noch gegen die Qualität der Bilder, es wäre aber klug, solche Interdependenzen zu vermeiden. Eine stringente Werkentwicklung ist bei Stefan Müller aber nicht zu sehen, eher ein Experimentieren in Richtung blumiger Farbpartikel und freundlicher Schüttbilder und Drippings, die auch auf dem Boden der Kunsthalle Spuren hinterlassen. Solch vorsichtige Ironie ist besser als die frühen Selbst-Inszenierungen, in denen Müller sich – angetan mit einem Z-(wie Zero-)-T-Shirt - am Nullpunkt der Malerei wähnt. Seinen "Hang zur Neigung", so das Ausstellungs-Motto, zeigt am schönsten eine Installation von Farbfeld-Leinwänden, die schräg aneinanderlehnen und mit dem Boygroup-Titel "Take that" (!) zum Mitnehmen auffordern. Nehmen wir's mal so hin – als Zwischenstand, und beobachten wir weiter ...
Es ist ganz lehrreich, sich solche Fragen zu stellen, denn nur so erfährt man, wie die große Kunst-Maschine funktioniert. Es kommt nämlich darauf an, wie Künstler in den Betrieb eingefädelt werden. Ein Problem des (Selbst-) Marketings und der Abspielorte, wie man spätestens seit Jonathan Meese und Daniel Richter weiß. Der jetzt 39-jährige Stefan Müller hat das Glück, dass eine renommierte Ausstellungsmacherin, die demnächst ans Wiener MuMok wechselnde Karola Kraus, völlig von ihm überzeugt ist. In der von ihr (noch) geleiteten Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden hat sie Müller einen Parcours ausgerichtet, der das bisherige Werk resümiert – von den zu Giraffenhälsen angeordneten gedämpften Farbflecken (mit dem schönen Titel "I'm against it" aus dem Jahr 2000) bis zu den ostereiförmigen Farbverwischungen vor leerem Grund (mit dem noch schöneren Titel "Flüssige Handschellen", gefertigt 2010).
Dazwischen viel Experimentelles auf Baumwolle, Nesselstoff und gebrauchten Bettlaken, Werke, die Müllers grundsätzliches Misstrauen gegen die Malerei belegen sollen. Ob man sich im 21.Jahrhundert noch ein Bild machen kann, und ob dieses Bild ausgerechnet ein in Öl gepinseltes sein muss – diese Frage ist nicht ganz neu, aber natürlich eine, die den Betrachter für den zweifelnden Produzenten einnimmt.
Jedenfalls: nach Abstraktion, Konzeptkunst und Minimal Art tun sich manche schwer mit dem Gegenständlichen, was oft auch daran liegt, dass man das Gegenständliche ja können muss. Der bekennende Punk-Schlagzeuger Stefan Müller übersetzt nun seine Konzepte oft etwas naiv in Malerei: vier wollknäuel-artig sich windende Farblinien heißen überraschenderweise "John, Paul, George und Ringo Starr". Becken, Toms und Basstrommel eines Schlagzeug-Sets werden zu Farbkreisen im leeren Raum und sind dem Drummer Jaki Liebezeit gewidmet. Überhaupt ist das offenbar manische Kreisen der Gedanken bei Müller sehr oft in kreisförmige Gebilde gebracht, was, je nach kunsthistorischer Anbindung, an die Zielscheiben des Jasper Johns oder an die lichtreflektorischen New-York-Bilder des Alex Katz erinnert. Andere Werke, in denen vernähte bunte Quadrate nach unten abstürzen, wirken wie in Unordnung geratene, immerhin witzig kommentierte Minimalkunst.
Überzeugender sind die Alltagsspuren, mit denen Müller seine Bilder auflädt. Wer die Leinwände über den dreckigen Atelierboden schleift, Flusen, Schmutz und Glitter in die Werke integriert, den zerknitterten Malgrund verätzt oder mit Chlor ausbleicht, der hat es doch gar nicht nötig, nette dekorative Blumensträuße als Installation vor die Bilder zu stellen. Auch der Silvesterkracher, der auf einer mit Acryl und Edding bearbeiteter Nesseldecke seine Krater hinterlässt, ist um einiges energetischer als die sublimen chemischen Formeln und Soziogramme, die man alle schon mal gesehen hat.
Rein zufällig stammt eine Vielzahl der Exponate aus dem Besitz von Bärbel Grässlin, der Schwester der Kuratorin. Das spricht weder für noch gegen die Qualität der Bilder, es wäre aber klug, solche Interdependenzen zu vermeiden. Eine stringente Werkentwicklung ist bei Stefan Müller aber nicht zu sehen, eher ein Experimentieren in Richtung blumiger Farbpartikel und freundlicher Schüttbilder und Drippings, die auch auf dem Boden der Kunsthalle Spuren hinterlassen. Solch vorsichtige Ironie ist besser als die frühen Selbst-Inszenierungen, in denen Müller sich – angetan mit einem Z-(wie Zero-)-T-Shirt - am Nullpunkt der Malerei wähnt. Seinen "Hang zur Neigung", so das Ausstellungs-Motto, zeigt am schönsten eine Installation von Farbfeld-Leinwänden, die schräg aneinanderlehnen und mit dem Boygroup-Titel "Take that" (!) zum Mitnehmen auffordern. Nehmen wir's mal so hin – als Zwischenstand, und beobachten wir weiter ...