Tschetschenien ist für Russland und vor allem für den Kreml eine offene Wunde. Zwar kann Moskau seit dem 11. September mit einem gewissen Wohlwollen Washingtons und auch europäischer Regierungen im Kampf gegen islamistische Terroristen rechnen, aber der Krieg in Tschetschenien hat nicht nur diesen Aspekt. Es gibt auch die Menschenrechte; und spätestens seit dem Geiseldrama im Moskauer Theater - also der Internationalisierung des Dramas Tschetschenien - ist der Konfliktherd auch für ein größeres Publikum in Europa von höherem Interesse. Da kommt das Handbuch des Sicherheitsexperten Hans Krech wie gerufen. Lutz Rathenow bespricht es:
Auch wenn dieses Buch vor der Geiselnahme in dem Moskauer Theater beendet worden ist, führt es uns minutiös in die Spannungsfelder zwischen Tschetschenien und Russland hinein. Der Sicherheitsexperte Hans Krech untersucht in einer Reihe Buch für Buch die bewaffneten Konflikte dieser Welt nach 1945 - sein letzter Band behandelte den Afghanistan-Krieg. Wie oft geizt der Hamburger Autor nicht mit provokanten Thesen. "Die schwerste russische Niederlage seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs" überschreibt er ein Kapitel und vergleicht Kriegsfolgen:
Die russischen Streitkräfte hatten in Afghanistan ihr Vietnam erlitten," - so Krech "doch den afghanischen Mudjahedin war es niemals gelungen, eine Stadt in der Ebene zu erobern. Sie beherrschten die Berge mit ihrer Guerillataktik und die sowjetischen Truppen die Ebenen. In Tschetschenien mussten die russischen Truppen Anfang August '96 in Grosny in offener Feldschlacht in der Ebene die schwerste Niederlage seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hinnehmen.
Das Buch kombiniert exakte Chronologie des Geschehens und Zwischenkapitel mit zusammenfassenden Betrachtungen. Die Schilderung von Menschenrechtsverletzungen, diplomatischer Einflussnahmen und waffentechnischer Aspekte mischen sich auf eine für den Autor Krech langsam spezifische Weise. Wer sich mit Fragen befassen will, welche Panzertypen eher für den Straßenkampf und welche im Gebirge geeignet sind, findet Fakten dazu. Passagenweise gibt es spannende Details aus den Kämpfen. Durch Karten und Fotos gewinnt das Buch an Anschaulichkeit.
Das gilt nicht ganz für die außenpolitischen Aspekte. Zu sehr setzt Krech den eingeweihten Leser voraus, der zum Beispiel den immer wieder angesprochenen Konflikt im benachbarten Dagestan einordnen kann. Und hat der inguschetische Präsident Tschetschenien unterstützt, oder ist dies nur ein Vorwurf der Russen? Und wie ist die Meldung vom 27.8.2oo2 zu bewerten, in der der türkische Generalstabschef die von der Türkei finanzierte und geleitete Militärakademie in Aserbaidschan besucht? Türkische Flugzeuge fliegen über Baku eine Luftshow. Es wäre Hans Krech sehr zu raten, die einzelnen Kriegsregionen und Spannungsgebiete in einem Buch mehr zueinander in Beziehung zu setzen.
Russland verlor über 6.ooo Soldaten im zweiten Tschetschenien-Krieg seit 1999. Acht Generäle sind darunter. Der Krieg ist nicht nur laut diesem Autor für die Russen nicht zu gewinnen. Ist er es für die Tschetschenen? Krech führt detailliert aus, wie die Russen durch hohe Kriegskosten ihre wirtschaftliche Situation weiter verschlechtern. Aber seit dem 11. September 2oo1 geht es eben nicht mehr nur um den Einfluss im Kaukasus und den Zugang zu den ölreichen Regionen am Kaspischen Meer und in Zentralasien. Die Macht der russischen Generäle auf die Politik ihres Landes ging nach dem ersten verlorenen Tschetschenienkrieg stark zurück. Im zweiten konnten sie den Respekt kaum zurückgewinnen. Dafür näherten sich nicht nur Russland und die USA, sondern auch China und Russland an. Beide haben Probleme mit rebellierenden Minderheiten.
Hans Krech bestreitet jeden Einfluss von El Kaida auf Tschetschenien. Doch er berichtet über die zunehmenden Selbstmordattentate tschetschenischer Rebellen. Schon der Untergang des russischen U-Bootes 'Kursk’ am 12.8.2ooo könnte durch einen kaukasischen Waffentechniker an Bord ausgelöst worden sein. Zumindest streuten russische Medien dieses Gerücht aus. Hans Krech hält sich auch bezüglich des Islams zurück, den er natürlich oft erwähnt. Was könnte der Vorstoß des islamischen Fundamentalismus für Tschetschenien bedeuten? Noch mehr Krieg?
Lutz Rathenow besprach Hans Krech: Der zweite Tschetschenienkrieg (1999 - 2oo2). Ein Handbuch. Es hat 239 Seiten, kommt aus dem Verlag Dr. Köster in Berlin und kostet 36 Euro achtzig.
Auch wenn dieses Buch vor der Geiselnahme in dem Moskauer Theater beendet worden ist, führt es uns minutiös in die Spannungsfelder zwischen Tschetschenien und Russland hinein. Der Sicherheitsexperte Hans Krech untersucht in einer Reihe Buch für Buch die bewaffneten Konflikte dieser Welt nach 1945 - sein letzter Band behandelte den Afghanistan-Krieg. Wie oft geizt der Hamburger Autor nicht mit provokanten Thesen. "Die schwerste russische Niederlage seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs" überschreibt er ein Kapitel und vergleicht Kriegsfolgen:
Die russischen Streitkräfte hatten in Afghanistan ihr Vietnam erlitten," - so Krech "doch den afghanischen Mudjahedin war es niemals gelungen, eine Stadt in der Ebene zu erobern. Sie beherrschten die Berge mit ihrer Guerillataktik und die sowjetischen Truppen die Ebenen. In Tschetschenien mussten die russischen Truppen Anfang August '96 in Grosny in offener Feldschlacht in der Ebene die schwerste Niederlage seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hinnehmen.
Das Buch kombiniert exakte Chronologie des Geschehens und Zwischenkapitel mit zusammenfassenden Betrachtungen. Die Schilderung von Menschenrechtsverletzungen, diplomatischer Einflussnahmen und waffentechnischer Aspekte mischen sich auf eine für den Autor Krech langsam spezifische Weise. Wer sich mit Fragen befassen will, welche Panzertypen eher für den Straßenkampf und welche im Gebirge geeignet sind, findet Fakten dazu. Passagenweise gibt es spannende Details aus den Kämpfen. Durch Karten und Fotos gewinnt das Buch an Anschaulichkeit.
Das gilt nicht ganz für die außenpolitischen Aspekte. Zu sehr setzt Krech den eingeweihten Leser voraus, der zum Beispiel den immer wieder angesprochenen Konflikt im benachbarten Dagestan einordnen kann. Und hat der inguschetische Präsident Tschetschenien unterstützt, oder ist dies nur ein Vorwurf der Russen? Und wie ist die Meldung vom 27.8.2oo2 zu bewerten, in der der türkische Generalstabschef die von der Türkei finanzierte und geleitete Militärakademie in Aserbaidschan besucht? Türkische Flugzeuge fliegen über Baku eine Luftshow. Es wäre Hans Krech sehr zu raten, die einzelnen Kriegsregionen und Spannungsgebiete in einem Buch mehr zueinander in Beziehung zu setzen.
Russland verlor über 6.ooo Soldaten im zweiten Tschetschenien-Krieg seit 1999. Acht Generäle sind darunter. Der Krieg ist nicht nur laut diesem Autor für die Russen nicht zu gewinnen. Ist er es für die Tschetschenen? Krech führt detailliert aus, wie die Russen durch hohe Kriegskosten ihre wirtschaftliche Situation weiter verschlechtern. Aber seit dem 11. September 2oo1 geht es eben nicht mehr nur um den Einfluss im Kaukasus und den Zugang zu den ölreichen Regionen am Kaspischen Meer und in Zentralasien. Die Macht der russischen Generäle auf die Politik ihres Landes ging nach dem ersten verlorenen Tschetschenienkrieg stark zurück. Im zweiten konnten sie den Respekt kaum zurückgewinnen. Dafür näherten sich nicht nur Russland und die USA, sondern auch China und Russland an. Beide haben Probleme mit rebellierenden Minderheiten.
Hans Krech bestreitet jeden Einfluss von El Kaida auf Tschetschenien. Doch er berichtet über die zunehmenden Selbstmordattentate tschetschenischer Rebellen. Schon der Untergang des russischen U-Bootes 'Kursk’ am 12.8.2ooo könnte durch einen kaukasischen Waffentechniker an Bord ausgelöst worden sein. Zumindest streuten russische Medien dieses Gerücht aus. Hans Krech hält sich auch bezüglich des Islams zurück, den er natürlich oft erwähnt. Was könnte der Vorstoß des islamischen Fundamentalismus für Tschetschenien bedeuten? Noch mehr Krieg?
Lutz Rathenow besprach Hans Krech: Der zweite Tschetschenienkrieg (1999 - 2oo2). Ein Handbuch. Es hat 239 Seiten, kommt aus dem Verlag Dr. Köster in Berlin und kostet 36 Euro achtzig.