Geldwaschanlagen, geheime Konten, organisierte Steuerhinterziehung, Millionenhonorare an Politiker aus ungeklärter Quelle, planmäßige Aktenvernichtung im Kanzleramt, Koffer voller Geld, die auf Parkplätzen übergeben werden - bis vor kurzem durfte man glauben, so etwas könnten sich nur die provinziellen Weltanschauungstrainer der SED ausgedacht haben. Bei Leyendecker kann man nachlesen, in welchem Maße das integrale Bestandteile unseres real existierenden politischen Alltags sind. Noch schlimmer kommt es allerdings, wenn Michael Stiller sich der "amigos" in der CSU annimmt. Es liegt nicht am Autor dieses Kapitels, sondern am Gegenstand, wenn einen nach 50 Seiten Lektüre der Ekel über die Umtriebe dieser Politiker würgt. Bald aber spürt man auch gewisse Grenzen eines solchen investigativen Journalismus. Substantielle Parteienkritik kommt nicht ohne komplexere Gesellschaftskritik aus. Schließlich handelt es sich doch nicht um eine unschuldig betrogene Gesellschaft, die solchem politischen Personal zu Macht, Ansehen und Geld verhilft. Leider findet sich auch in dem abschließenden Kapitel von Heribert Prantl wenig, was über den Blickwinkel eines wenn auch kritischen Journalismus hinausweist. Was hilft es schon, den "Notstand der Republik" auszurufen und damit bloß Kohl und Strauß zu meinen? Der wahre Notstand der Republik besteht wahrscheinlich vielmehr darin, dass es kein ernstzunehmendes Publikum gibt, dass sich über demokratische Notstände noch aufregt.
Walter van Rossum besprach drei Bücher, die sich mit dem Parteispendenskandal der CDU befassen: Friedbert Pflüger: Das System Kohl und der Neubeginn, erschienen bei DVA, es hat 240 Seiten und kostet 36 DM. Außerdem: Die gespendete Macht, herausgegeben von Günther Nonnenmacher, erschienen im Alexander Fest Verlag, das Buch kostet 28 DM und hat 136 Seiten. Zuguterletzt, Hans Leyendecker, Michael Stiller, Heribert Prantl: Helmut Kohl, die Macht und das Geld, das im Göttinger Steidl Verlag erschienene Buch hat 608 Seiten und kostet 48 DM.