Die Reihen sind locker gefüllt im Europasaal der bayerischen Wirtschaft. Es ist Feierabend. Ein Mittvierziger in brauner Lederjacke sitzt neben einem Herrn im schwarzen Anzug. Ein Stück weiter macht es sich eine junge Frau im Businesskostüm bequem.
Energiegeladen betreten Mitglieder der jungen Freien Wähler das Foyer: die Haare keck nach oben gegelt, die Hornbrille passend zum hellen Hemd. Dahinter ein älterer Mann im Lodenmantel, der später seiner blondierten Frau im Pelzimitat einen Sitzplatz in der hinteren Reihe frei hält. Sie sind gespannt, was sie von Hans-Olaf Henkel hören werden.
"Ich bin der Meinung, und zwar schon seit D-Mark-Zeiten, dass wir eigentlich mehr hätten unternehmen müssen in Volksentscheid und so weiter, und dass jetzt wieder und das schon lange die Zeit überschritten ist, dass das Volk oder jemand einschreitet und dagegen was unternimmt."
An diesem Abend spielt der FC Bayern gegen Basel; einige Besucher suchen nach einem Fernseher, um nebenbei die wichtigsten Passagen der Champions-League-Partie nicht zu verpassen.
Nebenan im Kaminzimmer sitzt währenddessen Hans-Olaf Henkel. Er stellt sich vor der Veranstaltung den Fragen der Journalisten, schiebt den Kugelschreiber zwischen den zwei Handys vor ihm auf dem Tisch immer wieder in Position. Dann wettert er ein erstes Mal gegen den geplanten Schuldenschnitt für Griechenland:
"Ich habe eine Woche im November in Griechenland zugebracht und kann Ihnen eines sagen: Durch diesen Schuldenschnitt wird weder die Reederei in Piräus noch die Textilfabrik in Athen auch schon gar nicht der Hotelier auf Mykonos billiger. Die sind weiterhin zu teuer. Und sie wissen ja: Das ganze Ding heißt Haircut, Haarschnitt. Ich habe auch noch ein paar und wenn ich zum Friseur gehe, weiß ich, ich muss in sechs Wochen wieder hin und ich kann Ihnen sagen: Griechenland muss auch wieder zum Friseur."
Hubert Aiwanger neben ihm lacht über dieses Bonmot. Der Vorsitzende der Freien Wähler nickt eifrig, wenn Henkel einen Vorschlag macht: etwa zum Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone oder einer Rückkehr Deutschlands zur D-Mark.
"Diese Politik dividiert Europa auseinander. Und wenn wir sehen, dass Länder wie Griechenland, Spanien und so weiter in eine Arbeitslosigkeit von 25 Prozent manövriert werden und mittlerweile Länder wie Bangladesh und Chile diese Länder überholen, ja was ist denn dann eine Eurozone? Da müssen wir ja Bangladesh und Chile in die Eurozone holen, weil wir sagen, die sind auch auf dem Niveau von Griechenland."
Später vor seinem Publikum erzählt der einstige Top-Manager wieder vom Haarschnitt und dem Friseur. Die Geschichte funktioniert immer, damit kann Henkel punkten. Bei dem Herrn in der Lederjacke, der Frau im Pelzimitat und auch bei den Anzugträgern in Feierabendstimmung.
"Ich glaube, der entscheidende Satz, den er heute gesagt hat und den ich schon seit Längerem sage: Lieber ein Schrecken mit Ende als ein Schrecken ohne Ende. Wenn wir nichts machen, gibt es den Schrecken ohne Ende."
"Ich habe heute festgestellt, dass er genau dieselben Werte vertritt, die er vertreten hat, als er noch die FDP unterstützt hat. Deshalb war ich heute sehr von ihm begeistert."
"Ich denke wir haben Mordsabstriche zu leisten, das Konzept von Herrn Henkel in irgendeiner Art und Weise umzusetzen, aber es ist wenigstens mal ein Vorschlag, wie es gehen könnte."
Hans-Olaf Henkel steht den Freien Wählern als eine Art geistiger Mentor bei. Mit ihm an ihrer Seite will die Wählervereinigung künftig auch bundesweit punkten. Im kommenden Jahr vielleicht sogar bei den Europawahlen.
Im bayerischen Landtag ist die Aiwanger-Truppe drittstärkste Kraft. In 12 von 71 bayerischen Landkreisen stellt sie mittlerweile den Landrat, in Ansbach und Kempten ist einer der ihren Rathauschef. Nun wollen die Freien über die Grenzen des Freistaates hinaus - jenseits der Kommunalpolitik.
In Schleswig-Holstein und jetzt auch in Nordrhein-Westfalen treten sie bei den Landtagswahlen an. Und hoffen, Wähler zu locken, die von der FDP enttäuscht, aber konservativ und europaskeptisch sind. Leute, die auf die deutsche Wirtschaft - und einen wie Hanseaten Hans Olaf Henkel vertrauen.
"Als er noch für die FDP geworben hat, habe ich ihn auch schon gut gefunden. Seitdem er sich zu den Freien Wählern bekannt hat, war ich überrascht, da hat er immer die Medienkeule über den Kopf gezogen bekommen."
"Ich glaube, dass viele wieder die D-Mark zurücksehnen würden als wie jetzt den Euro."
Henkel selbst springt in seinem Vortrag geschickt zwischen Euro-Bashing und Europa-Lob hin und her. Der 72-Jährige, er hatte gestern Geburtstag, fordert ein gemeinsames Europa, verteufelt aber die gescheiterte Umsetzung der gemeinsamen Währung.
"Der Euro bewirkt genau das Gegenteil von dem, was er mal bewirken sollte. Meine Damen und Herren, wenn wir es mit Europa ernst meinen, dann brauchen wir eine andere Europolitik. Und wenn Sie eine andere Europolitik wollen, dann gibt es in diesem Land nur eine einzige politische Kraft, die dafür noch steht, und das sind die freien Wähler."
"So ist es!"
"Jawohl!"
"Richtig!"
Spontane zustimmende Rufe aus dem Publikum spornen Aiwanger wie Henkel an. Die Anekdoten und die bildreiche Sprache des früheren BDI-Chefs kommen an:
"Am 26. Juli 1943 war ich dreieinhalb Jahre alt und stand vor dem brennenden Elternhaus in Hamburg-Harvestehude an der Rothenbaumchaussee 141. Die Fotos, die ich von den Ruinen habe, zeigen, dass das Nebenhaus völlig intakt geblieben ist, obwohl es direkt an unser Haus grenzte. Warum? Weil eine Brandmauer darin installiert war."
Einige wenige Zuhörer quittieren die Äußerungen vom Podium mit Kritik. Der Wahlkampftouch dieser Veranstaltung stößt manchem auf. Vor allem die Aufteilung der Währungsunion in einen Nord- und einen Südeuro nennt die finnische Mitarbeiterin einer Beratungsfirma für Stiftungen absurd:
"Wenn ich ganz ehrlich bin - und jetzt rede ich nur so mit meinem skandinavischen Herzen: Ich glaube nicht, dass die Schweden in einen Nordeuro gehen würden. Es kann sein, dass die schwedischen Industrieköpfe das meinen, um die Welt zu beruhigen, aber ich zweifle daran."
Noch ist Hans-Olaf Henkel bei den Freien Wählern ein sogenannter Wartekandidat. Seinen Aufnahmeantrag hat er noch nicht unterschrieben. Bis zum Sommer aber will er mit Hubert Aiwanger mehrfach öffentlich auftreten, fest geplant sind ab Mitte April Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen.
Energiegeladen betreten Mitglieder der jungen Freien Wähler das Foyer: die Haare keck nach oben gegelt, die Hornbrille passend zum hellen Hemd. Dahinter ein älterer Mann im Lodenmantel, der später seiner blondierten Frau im Pelzimitat einen Sitzplatz in der hinteren Reihe frei hält. Sie sind gespannt, was sie von Hans-Olaf Henkel hören werden.
"Ich bin der Meinung, und zwar schon seit D-Mark-Zeiten, dass wir eigentlich mehr hätten unternehmen müssen in Volksentscheid und so weiter, und dass jetzt wieder und das schon lange die Zeit überschritten ist, dass das Volk oder jemand einschreitet und dagegen was unternimmt."
An diesem Abend spielt der FC Bayern gegen Basel; einige Besucher suchen nach einem Fernseher, um nebenbei die wichtigsten Passagen der Champions-League-Partie nicht zu verpassen.
Nebenan im Kaminzimmer sitzt währenddessen Hans-Olaf Henkel. Er stellt sich vor der Veranstaltung den Fragen der Journalisten, schiebt den Kugelschreiber zwischen den zwei Handys vor ihm auf dem Tisch immer wieder in Position. Dann wettert er ein erstes Mal gegen den geplanten Schuldenschnitt für Griechenland:
"Ich habe eine Woche im November in Griechenland zugebracht und kann Ihnen eines sagen: Durch diesen Schuldenschnitt wird weder die Reederei in Piräus noch die Textilfabrik in Athen auch schon gar nicht der Hotelier auf Mykonos billiger. Die sind weiterhin zu teuer. Und sie wissen ja: Das ganze Ding heißt Haircut, Haarschnitt. Ich habe auch noch ein paar und wenn ich zum Friseur gehe, weiß ich, ich muss in sechs Wochen wieder hin und ich kann Ihnen sagen: Griechenland muss auch wieder zum Friseur."
Hubert Aiwanger neben ihm lacht über dieses Bonmot. Der Vorsitzende der Freien Wähler nickt eifrig, wenn Henkel einen Vorschlag macht: etwa zum Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone oder einer Rückkehr Deutschlands zur D-Mark.
"Diese Politik dividiert Europa auseinander. Und wenn wir sehen, dass Länder wie Griechenland, Spanien und so weiter in eine Arbeitslosigkeit von 25 Prozent manövriert werden und mittlerweile Länder wie Bangladesh und Chile diese Länder überholen, ja was ist denn dann eine Eurozone? Da müssen wir ja Bangladesh und Chile in die Eurozone holen, weil wir sagen, die sind auch auf dem Niveau von Griechenland."
Später vor seinem Publikum erzählt der einstige Top-Manager wieder vom Haarschnitt und dem Friseur. Die Geschichte funktioniert immer, damit kann Henkel punkten. Bei dem Herrn in der Lederjacke, der Frau im Pelzimitat und auch bei den Anzugträgern in Feierabendstimmung.
"Ich glaube, der entscheidende Satz, den er heute gesagt hat und den ich schon seit Längerem sage: Lieber ein Schrecken mit Ende als ein Schrecken ohne Ende. Wenn wir nichts machen, gibt es den Schrecken ohne Ende."
"Ich habe heute festgestellt, dass er genau dieselben Werte vertritt, die er vertreten hat, als er noch die FDP unterstützt hat. Deshalb war ich heute sehr von ihm begeistert."
"Ich denke wir haben Mordsabstriche zu leisten, das Konzept von Herrn Henkel in irgendeiner Art und Weise umzusetzen, aber es ist wenigstens mal ein Vorschlag, wie es gehen könnte."
Hans-Olaf Henkel steht den Freien Wählern als eine Art geistiger Mentor bei. Mit ihm an ihrer Seite will die Wählervereinigung künftig auch bundesweit punkten. Im kommenden Jahr vielleicht sogar bei den Europawahlen.
Im bayerischen Landtag ist die Aiwanger-Truppe drittstärkste Kraft. In 12 von 71 bayerischen Landkreisen stellt sie mittlerweile den Landrat, in Ansbach und Kempten ist einer der ihren Rathauschef. Nun wollen die Freien über die Grenzen des Freistaates hinaus - jenseits der Kommunalpolitik.
In Schleswig-Holstein und jetzt auch in Nordrhein-Westfalen treten sie bei den Landtagswahlen an. Und hoffen, Wähler zu locken, die von der FDP enttäuscht, aber konservativ und europaskeptisch sind. Leute, die auf die deutsche Wirtschaft - und einen wie Hanseaten Hans Olaf Henkel vertrauen.
"Als er noch für die FDP geworben hat, habe ich ihn auch schon gut gefunden. Seitdem er sich zu den Freien Wählern bekannt hat, war ich überrascht, da hat er immer die Medienkeule über den Kopf gezogen bekommen."
"Ich glaube, dass viele wieder die D-Mark zurücksehnen würden als wie jetzt den Euro."
Henkel selbst springt in seinem Vortrag geschickt zwischen Euro-Bashing und Europa-Lob hin und her. Der 72-Jährige, er hatte gestern Geburtstag, fordert ein gemeinsames Europa, verteufelt aber die gescheiterte Umsetzung der gemeinsamen Währung.
"Der Euro bewirkt genau das Gegenteil von dem, was er mal bewirken sollte. Meine Damen und Herren, wenn wir es mit Europa ernst meinen, dann brauchen wir eine andere Europolitik. Und wenn Sie eine andere Europolitik wollen, dann gibt es in diesem Land nur eine einzige politische Kraft, die dafür noch steht, und das sind die freien Wähler."
"So ist es!"
"Jawohl!"
"Richtig!"
Spontane zustimmende Rufe aus dem Publikum spornen Aiwanger wie Henkel an. Die Anekdoten und die bildreiche Sprache des früheren BDI-Chefs kommen an:
"Am 26. Juli 1943 war ich dreieinhalb Jahre alt und stand vor dem brennenden Elternhaus in Hamburg-Harvestehude an der Rothenbaumchaussee 141. Die Fotos, die ich von den Ruinen habe, zeigen, dass das Nebenhaus völlig intakt geblieben ist, obwohl es direkt an unser Haus grenzte. Warum? Weil eine Brandmauer darin installiert war."
Einige wenige Zuhörer quittieren die Äußerungen vom Podium mit Kritik. Der Wahlkampftouch dieser Veranstaltung stößt manchem auf. Vor allem die Aufteilung der Währungsunion in einen Nord- und einen Südeuro nennt die finnische Mitarbeiterin einer Beratungsfirma für Stiftungen absurd:
"Wenn ich ganz ehrlich bin - und jetzt rede ich nur so mit meinem skandinavischen Herzen: Ich glaube nicht, dass die Schweden in einen Nordeuro gehen würden. Es kann sein, dass die schwedischen Industrieköpfe das meinen, um die Welt zu beruhigen, aber ich zweifle daran."
Noch ist Hans-Olaf Henkel bei den Freien Wählern ein sogenannter Wartekandidat. Seinen Aufnahmeantrag hat er noch nicht unterschrieben. Bis zum Sommer aber will er mit Hubert Aiwanger mehrfach öffentlich auftreten, fest geplant sind ab Mitte April Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen.