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Hanseatischer Rückzieher

Das Altonaer Museum soll nun doch nicht zum 1. Januar geschlossen werden. Das hat Hamburgs Erster Bürgermeister Christoph Ahlhaus nach einem vierstündigen Kulturgipfel versichert. Auch das Schauspielhaus darf hoffen.

Von Verena Herb | 28.10.2010
    Jack Kurfess, kaufmännischer Leiter des Schauspielhauses fand kurz nach Mitternacht freundliche Worte - nach vierstündigen Gesprächen beim Kulturgipfel:

    "Ich muss zunächst mal dem Bürgermeister ein Kompliment machen. Er hat diese Sitzung sehr sachlich und konstruktiv geleitet und hat auch sehr gute Beiträge gebracht. Vielen Dank für diesen moderierten Prozess."

    Und wohl auch dafür, dass die Kürzungen in Höhe von 1,2 Millionen Euro, die Deutschlands größter Sprechtheaterbühne für die kommende Spielzeit drohten, nun zeitlich gestreckt werden: In der nächsten Spielzeit 600 Tausend Euro einsparen, im Jahr drauf 900 Tausend – also 1,5 Millionen Euro insgesamt, das könne man schaffen, so Kurfess. Die neuen Zahlen erleichtern zudem die Suche nach einem neuen Intendanten. Das hat jetzt auch der CDU-Politiker Ahlhaus verstanden:
    "Ich möchte vor allem die Suche nach einem Intendanten mit Strahlkraft nicht dadurch behindert wissen, dass wir Vorfestlegungen machen, die möglicherweise interessierte Leute, die Hamburg gut tun, die dem Schauspielhaus gut tun dann wegen dieser Vorfestlegung möglicherweise Abstand nehmen."

    Nicht nur bei den Kürzungen des Schauspielhauses rudert der Senat zurück, auch im Fall der Historischen Museen wird es Veränderungen geben. Ursprünglich hatte der Senat beschlossen, das Altonaer Museum, das zur "Stiftung Hamburgischer Historische Museen" gehört, Ende des Jahres zu schließen. Christoph Ahlhaus:

    "Das Museum Altona wird zum 1. Januar des kommenden Jahres nicht geschlossen. Sondern die Stiftung historischer Museen wird bis zum 1. April des kommenden Jahres eine Neukonzeption für die Museumslandschaft der historischen Museen in Hamburg vorlegen."

    Was im Klartext bedeutet: Die Schließung ist erst mal vom Tisch – gespart werden muss trotzdem. Kirsten Baumann, Alleinvorstand der Stiftung:

    "Ich bin auch sehr froh, dass wir eine Streckung des Prozesses erreichen konnten. Das halte ich für eine professionelle Umsetzung der Maßnahmen für unbedingt erforderlich. Insofern kann man natürlich nie glücklich sein, nach solchen Kürzungsbeschlüssen. Das hat sicherlich auch niemand erwartet, aber ich denke, wir können jetzt alle mit diesem Ergebnis anfangen zu arbeiten."

    Zwar gibt es keinen Grund zu allzu großer Euphorie, doch die Kulturschaffenden in der Stadt fühlen sich jetzt ernstgenommen. Christoph Ahlhaus hat seine Sache an diesem Abend also gut gemacht. Sicherlich gibt er damit dem politischen Druck nach –die Fraktion des kleineren Koalitionspartners GAL hat sich besonders stark für eine Überarbeitung der Sparpläne eingesetzt... Zum anderen aber ist das Ergebnis des Kulturgipfels eine Reaktion auf die Bürger- und Künstlerproteste in der Stadt.

    "Der Senat hat verstanden auch insoweit, dass es vermutlich – und das sage ich durchaus auch selbstkritisch, und an meine eigene Adresse und an die Adresse der Hamburger Politik: dass es eben nach einem Bürgermeisterwechsel und nach einem Wechsel des Kultursenators nicht möglich ist, innerhalb von drei Wochen die nötige Kommunikation zu führen, die nötig ist, um mit den betroffenen Einrichtungen über derart einschneidende Sparmaßnahmen auch einen Konsens zu erzielen."

    Also: Alles nur ein Kommunikationsproblem? Nicht ganz. Denn Fakt ist: Die Einwohner gehen wieder auf die Straße, um ihrem Unmut Luft zu machen. Das hat weniger damit zu tun, dass jetzt in der Hansestadt eine "Hamburg21" Bewegung aufkommt – so weit ist man an der Elbe nicht. Doch die Erfahrungen mit dem Gängeviertel - als Widerstände von Künstlern und Bürgern dafür gesorgt haben, dass die ursprünglichen Pläne revidiert wurden – dürfen die Bürger in ihrer Protestlaune gestärkt haben. Und das Christoph Ahlhaus bemüht ist, eben ein Bürgermeister für alle Hamburger zu sein. Schließlich stehen die nächsten Bürgerschaftswahlen schon vor der Tür.