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Hape Kerkeling wird 50
Einfach "Hurz"

Große deutsche Komiker gibt es nicht viele, zumindest nicht viele, deren Humor eine ganze Nation ansprechen kann. Hape Kerkeling ist einer von ihnen. Sein Humor und seine Wandlungsfähigkeit haben viele Sketche entstehen lassen, die fast schon ins kollektive Gedächtnis der Deutschen eingebrannt sind. Heute wird Kerkeling 50 Jahre alt.

Von Michael Meyer | 09.12.2014
    Hape Kerkeling bei seinem legendären Auftritt als Königin Beatrix der Niederlande vor dem Schloss Bellevue.
    Hape Kerkeling bei seinem legendären Auftritt als Königin Beatrix der Niederlande vor dem Schloss Bellevue. (picture alliance / dpa / Peter Hammer)
    "Ich weiß von nichts, ich bin gar nicht da. Ich bin sogar weg!"
    Hape Kerkeling ist wieder da - wenn auch nur für zwei Geburtstagsspecials, die das ZDF und der NDR kürzlich zeigten. Darin sah man, wie aus Hape wurde, was er heute ist. Auch wenn es etwas abgegriffen klingt: Kerkeling erlebte schon früh im Alter von acht Jahren das pralle Leben - etwa in der Wäscherei seiner Großmutter in Herten-Scherlebeck, einem Vorort von Recklinghausen:
    "Ja und hier war der Laden meiner Oma Aenne, hier war die Heißmangel, ja und dann bimmelte immer das Glöckchen, die Kunden kamen rein, dann kam Frau Kolossa rein oder Herr Bonnewasch oder Frau Kühnemund und dann wurde abgelästert, oh die Frau Kolossa, jetzt ist der schon wieder ein Kerl weggelaufen, sie versteht dat einfach nicht, die Männer wollen einfach nix von ihr wissen und sie fällt immer wieder auf dieselben Kerle rein."
    Mit 18 der erste große Auftritt
    Kerkeling hatte von Kindesbeinen an eine große Freude an Verkleidung, Imitation anderer Menschen, mitsamt ihren Gesten und Akzenten - was dazu führte, dass er schon im Teenager-Alter selbstgedrehte Videos an alle möglichen Sender verschickte. Sogar ans DDR-Fernsehen - "da kam aber nie eine Antwort", erinnert sich Kerkeling. Im ARD-Talentschuppen 1983 hatte er dann seinen ersten Auftritt - im zarten Alter von 18 Jahren.
    Entertainer Hape Kerkeling moderiert den ZDF-Jahresrückblick "Menschen 2011"
    Hape Kerkeling will keine großen Shows mehr machen. (picture alliance / dpa / Marc Müller)
    Was danach folgte, ist fast schon Fernsehgeschichte. Kerkeling probierte sich auf der Bühne aus, erlangte mehr Sicherheit, Gefühl fürs Timing, seine Auftritte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, etwa bei Radio Bremen, aber auch bei den Privaten gehören mittlerweile zum Kanon der deutschen Humorkultur. 1991 fuhr er frech-dreist als Königin Beatrix vor das Schloss Bellevue, wenig später veräppelte er die erschrocken dreinblickende Jury einer Musikschule mit dem frei erfundenen Lied "Hurz":
    "Der Wolf - das Lamm - auf der grünen Wiese - Hurz!"
    Das ist auch über 20 Jahre danach noch immer zum Brüllen komisch. Hape Kerkelings Humor geht in eine andere Richtung als der von anderen großen Komikern wie etwa Loriot. Vicco von Bülow wollte stets den Normalbürger, der um Haltung bemüht ist, entlarven in seinem vergeblichen Kampf um Respekt und Anerkennung. Das ist bei Kerkeling anders: Ihm geht es in aller erster Linie um die Verkleidung, die Imitation. All das kulminiert in seiner Figur Horst Schlämmer, dem fiktiven stellvertretenden Chefredakteur des Grevenbroicher Tageblatts, seiner wohl erfolgreichsten Schöpfung:
    "Nabend Günni, machste mir mal zwei? Zweimal Herrenjedeck? Ja zweimal Herrenjedeck, weißte, ich hatte heute einen solchen Scheißtach, dat kannste dir jar nicht vorstellen."
    Ein Mensch mit Tiefgang
    Bei all dem darf man nicht vergessen, dass Kerkeling privat durchaus ein Mensch mit Tiefgang ist. Wie bei allen großen Komiker ist auch bei ihm die Quelle intelligenten Humors eine gewisse Melancholie und Traurigkeit. Der frühzeitige Verlust seiner Mutter, die Trennung von seinem Lebenspartner nach 28 Jahren - all das hinterließ Spuren. 2001 hatte Kerkeling eine Art Burn-out - und entschloss sich, keinen klassischen Urlaub zu machen, sondern den Jakobsweg zu beschreiten:
    "Dieser Weg hat ja die Besonderheit, dass man sich leerläuft. Zunächst mal sind es auch positive Emotionen und Gefühle, die man loswird, dann geht es so langsam ans Eingemachte, bis man in die eigene Nacht, in den eigenen Abgrund schaut, und irgendwann ist man tatsächlich leergelaufen, und nun ist da die Möglichkeit, dass diese Leere mit etwas Neuem aufgefüllt wird, was ich bis dahin nicht kannte."
    In einem Interview hatte er vor Kurzem angekündigt, dass die Zeit der großen Shows vorbei sei - und auch die Figur Horst Schlämmer sei endgültig tot. Schade auch. Zumindest in diesem Punkt wird Kerkeling wohl dem anderen großen deutschen Komiker Loriot folgen: Der machte auch immer weniger, je älter er wurde, doch was er machte, war auf den Punkt und stets großartig. Wir sind gespannt auf das, was noch kommt.