Das Label
ist eine ausgesprochen audiophile Musikproduktion, die ihren Sitz im schönen Schloß Goseck hat, und tatsächlich spielen auch die Aufnahmeräume sowie die virtuellen Räume, die akustisch geschaffen werden, bei der Ästhetik dieses Labels eine wesentliche Rolle. Hinzukommt, dass "Raum Klang" nicht nur ein audiophiles Unternehmen darstellt, sondern auch ein philologisches: Die Rekonstruktion alter und älterer Musik wird mit bemerkenswerter Akribie betrieben, wobei die Leerstellen natürlich kreativ ausgefüllt werden müssen; die Überlieferungen sind ja nicht bruchlos, und man muss eben auch immer wieder die eigene Phantasie bemühen, wenn man die Musik Realität werden lassen möchte. Eine der beiden CDs ist überschrieben: "Harmonice Musices Odhecaton A", und als Name findet sich der von Ottaviano Petrucci auf dem Cover. Das war nun nicht etwa ein Komponist, sondern der Verleger, der 1501 in Venedig seine erste Sammlung herauskam, eben besagtes "Odhecaton A". Darin findet sich vor allem viel Zeitgenössisches aus der niederländischen Polyphonie, dem das Ensemble Les Flamboyants mit Flöte, Fidel, Laute, Gambe und gelegentlich Percussion zu Leibe rückt. Zum Beispiel dem damals beliebten "Tandernaken" von Jacob Obrecht: * Musikbeispiel: Jacob Obrecht - "Tandernaken" à 3 Les Flamboyants mit "Tandernaken" von Jacob Obrecht. Das Ensemble um den Flötisten Michael Form erläutert auch ausgiebig und nachlesenswert seine musikalische Praxis. Um die wichtigsten Punkte anzuführen: Gespielt wird in weitgehend pythagoräischer Stimmung, ausgehend von einem relativ hohen Kammerton a=464. Zur pythagoräischen Stimmung haben sich die Musiker entschlossen, weil sie, wie sie schreiben, die Linienführung der Stimmen plastischer darzustellen erlaubt als die damals bereits aufkommende mitteltönige Stimmung. Tatsächlich bietet diese Praxis auch ungewohnte Reize im Zusammenklang, und man gewinnt den Eindruck einer außerordentlichen Reinheit der Musik. Das Impulsive, Tänzerische von Musik scheint weniger Sache dieses Ensembles zu sein. Aber die geradezu meditative Kraft, die von diesen Interpretationen ausgeht, ist sehr wohl in der Lage, den Hörer in Bann zu ziehen. Und in dieses Konzept fügt sich dann auch der Gesang von Annemieke Cantor, wie in "Le eure e venue" von Alexander Agricola. * Musikbeispiel: Alexander Agricola - "Le eure e venue" Soweit diese Ausschnitte aus dem "Odhecaton A" von Ottaviano Petrucci mit dem Ensemble Les Flamboyants.