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Haruki Murakami
Literatur als Computerspiel

Ein kleines Independent-Studio hat aus Literatur ein Computerspiel gemacht. Das Spiel "Memoranda" basiert auf Erzählungen des japanischen Star-Autors Haruki Murakami und ist eine Reise durch den magischen Realismus seiner Geschichten.

Von Christoph Spittler |
    Der japanische Schriftsteller Haruki Murakami in Barcelona, anlässlich der Verleihung des 23. Catalunya International Awards, aufgenommen am 8.6.2011.
    Der japanische Schriftsteller Haruki Murakami in Barcelona, anlässlich der Verleihung des 23. Catalunya International Awards. (picture alliance / dpa )
    Stimme: "The elephant is missing and it's an unsolved case – I do hope they can't find him!"
    Eine junge Frau irrt durch eine geheimnisvolle kleine Stadt und sucht einen Elefanten. Denn das Tier ist verschwunden, ganz wie in der Erzählung von Haruki Murakami.
    Stimme: "Cooking spaghetti is a delicate operation, and I have devoted myself to this art!"
    Aber anders als in der literarischen Vorlage findet der Elefant Unterschlupf bei einem obsessiven Spaghetti-Koch mit einer Vorliebe für Jazz. Den wiederum kennt der Leser aus dem Roman "Mister Aufziehvogel".
    Spiel wurde durch eine Crowdfunding-Kampagne finanziert
    Saedi: "Murakami-Fans können mehr als 30 seiner Geschichten im Spiel finden, vor allem aus den Bänden 'Der Elefant verschwindet', 'Blinde Weide, schlafende Frau' und 'Nach dem Beben'."
    Memoranda ist Sahand Saedis erstes Werk als Gamedesigner. Das Spiel wurde durch eine Crowdfunding-Kampagne finanziert.
    Saedi: "Ich bin ein Magischer-Realismus-Fan. Ich liebe diese einsamen Figuren, die Atmosphäre – und ich mag auch das Beängstigende an Murakamis Büchern."
    Wenzel Mehnert: "Memoranda hat für mich ganz klare Züge von Fan Fiction."
    Wenzel Mehnert forscht an der Universität der Künste in Berlin über neue Narrationsstrukturen:
    "Für mich sieht das so aus, als ob da eine Reihe von Programmierern, die Murakami sehr schätzen, sich gedacht haben, wir wollen dieses Universum auf unsere Weise erweitern."
    Wenn das Fan-Fiction ist, dann jedenfalls auf hohem künstlerischen Niveau. Die surrealen Figuren, der nostalgische Look des Spiels, die Musik: da kommt echtes Schafsjagd-Feeling auf.
    Stimme: "Looks that I have come closer solving the dilemma!"
    Typische Murakami-Themen lassen sich gut übersetzen
    Die Heldin des Spiels verliert ihr Gedächtnis und muss im Stil eines point-and-click-adventures alle möglichen Rätsel zusammenpuzzeln, um ihren Namen wiederzufinden. Die typischen Murakami-Themen Verlust und Suche, das Enigmatische seiner Geschichten – all das lässt sich gut in die Mechanismen eines Computerspiels übersetzen.
    Mehnert: "Gerade was Videospiele angeht, hast du auch eine ganz andere Möglichkeit, Rätsel mit in das Spiel einzubinden, und dadurch auch den Rezipienten viel mehr in das Spiel reinzuholen, wo er sich nochmal auf einer anderen Ebene viel mehr mit der Story-Welt, die Murakami erzeugt, auseinandersetzt."
    In Memoranda gibt es eine schlaflose Heldin, opernsingende Katzen, und aus der wilden Schafsjagd der literarischen Vorlage wird hier eine Gänsejagd.
    Stimme: "I just wanted to send you on a wild goose chase."
    Mehnert: "Das Spiel ist ein klassisches Beispiel für eine transmediale Erzählung: nicht nur in dem Sinne, dass die die Stories alle zusammen in eine Erzählung gepackt haben, sondern auch, dass es sich loslöst vom Text. Sie nehmen den Text und schaffen eine immersivere Welt, in der du interagieren kannst."
    Leichter Overkill an Surrealem
    Fast leidet das Spiel ein wenig an einem Overkill des Surrealen. Während der besondere Reiz bei Murakami gerade darin besteht, dass nur ab und zu so ein Fantasy-Stolperstein aus kapitellangen Alltagsbeschreibungen herausglitzert, wird hier ein manchmal etwas übertriebenes Feuerwerk der Merkwürdigkeiten zelebriert.
    Stimme: "I just can't believe it! Someone just turned into a fish in front of my eyes?"
    Saedi: "Diese surrealistischen Element sind perfekt für ein Spiel geeignet. Der schwierige Part war, die Elemente aus den vielen verschiedenen Geschichten zu verbinden."
    Murakami selbst hat das Spiel übrigens noch nicht kommentiert.
    Saedi: "Während unserer Kickstarter-Kampagne hat die offizielle Murakami-Facebookseite einen Artikel über uns gepostet – das war wahrscheinlich der Hauptgrund dafür, dass wir genug Geld zusammenbekommen haben."
    Bis die Heldin ihren Namen wiederfindet, vergehen einige Spielstunden. Während derer können sich durchaus auch Noch-nicht-Murakami-Fans in den Psycho-Labyrinthen des magischen Realimus verlieren.
    Stimme: "I'll at least have my name. Something that is only mine."