: Und "Le roi s'amuse" ist nun exakt die Überleitung zu einem Buch mit königlichen Beischlaf-Fantasien, das Anfang Oktober in Paris erscheint und wiederum dort selbst schon jetzt für einen Riesenwirbel sorgt. Französische Politiker, Präsidenten zumal, haben, wie man weiß, durch die Bank eine relativ starke Libido und französische Politiker, Präsidenten eingeschlossen, sind, oft zumindest, literarisch ambitioniert. Beweis: Valéry Giscard d'Estaing, Staatspräsident von 1974 bis 1981, gehört heute zu den 40 Unsterblichen der Académie française, und das ist ja die höchste Kulturwürde überhaupt in Frankreich. Da kommt man nur hinein, wenn man mit Literatur wirklich was am Hut hat. Jürgen Ritte in Paris - das neue Buch von Giscard könnte heißen: "Le président s'amuse", ist aber ein nicht nur literarischer Knaller.
Jürgen Ritte: So ist es, und nun fragen sich alle: Hat er oder hat er nicht? Hat er ein Verhältnis gehabt mit der Princess of Wales, mit Diana, oder ist das, was er in seinem Buch "La princesse et le président", die Prinzessin und der Präsident, erzählt, alles erfunden oder wie es die gewohnt boshafte angelsächsische Presse formuliert, immer dann, wenn es um Frankreich geht: Sind das alles Altherrenfantasien? Darüber zerreißt man sich jetzt hier auch in Paris das Maul und es werden Kommentatoren aller Ufer herangezogen. Der "Figaro" brachte heute einen längeren Kommentar von Stéphane Bern, ein ausgewiesener Kenner von Königshäusern und anderen Modernitäten dieser Art, und der fragte: "Quelle mouche l'a piqué", also, welcher Teufel hat ihn da geritten, vielmehr, welche Fliege hat ihn gebissen? Das Ganze wird also tatsächlich von den meisten ins Reich der Fantasie verbannt, wenn da nicht so vieles wäre in diesem Buch, was absolut plausibel klingt. Das kommt natürlich daher, dass Giscard die Handlung an Orte verlegt, die er bestens kannte, das Château de Rambouillet beispielsweise, andere Paläste königlicher Art wie in England oder eben eher republikanischer wie in Frankreich.
Müller-Ullrich: Das Königliche an der Sache scheint ihn ja irgendwie ganz besonders angezogen zu haben. Er hat ja, glaube ich, früher schon mal einen Skandal verursacht, wenn ich mich erinnere, unter anderem durch Etablierung neuer, königlicher Manieren an der präsidentiellen Speisetafel, indem er sich nämlich damals zuerst servieren ließ - eine Sitte, die seit Louis XIV. wohl abgeschafft worden ist. Auf der anderen Seite hat er auch ganz gerne englische Jagdhunde aus der königlichen Zucht erworben.
Ritte: Ja, darauf hat er bestanden. Das war im Laufe der 70er-Jahre, da war er noch gar nicht Präsident, da musste es ein Labrador sein aus königlich-englischer Zucht. Und dass Giscard einen Hang hat zum Königlichen, zum Adligen, zum Aristokratischen, zeigt sich ja auch schon an seinem Namen: Er ist eigentlich Valéry Giscard, und das d'Estaing ist angeheiratet beziehungsweise auch angekauft mit dem gleichnamigen Schlossbesitz irgendwo in der Auvergne. Darüber hat man sich oft lustig gemacht, aber er ist auch ein großer Modernisierer gewesen dieses Landes, er war der erste moderne Präsident, den dieses Land gehabt hat, 1974. Er war der erste, der aus der ENA, also aus einer Verwaltungshochschule, stammte - vorher waren es alles Literaten -, was Giscard allerdings nicht davon abgehalten hat, selbst literarisch tätig zu werden. Das erwartet man eigentlich von einem französischen Staatspräsidenten, genauso übrigens, wie man von ihm erwartet, dass er dem schönen Geschlecht zugetan ist. Und dabei lässt man ihm eine ganze Menge durchgehen - siehe François Mitterand und die lange geheim gehaltene Liaison, aus der eine Tochter hervorgegangen ist mit einer Konservatorin des Louvre.
Müller-Ullrich: Und diese Tochter ist groß geworden justament in einem dieser Schlösser, von denen auch in diesem Roman die Rede ist. Nun ist das ja ein Roman, der auch mit anderen Namen spielt, also, der Präsident des Romans heißt nicht Giscard, er heißt Jaques Henri Lamberty, und die Prinzessin heißt auch nicht Diana, die heißt Patricia. Der wesentliche Unterschied ist aber, dass dieser Präsident Lamberty verwitwet ist, und das war Giscard - und ist es - ja nun tatsächlich nicht.
Ritte: Das ist er nicht und manche fragen sich auch nach den Rücksichten, die er eigentlich auf seine immer noch lebende Ehefrau zu nehmen hat. Was ich aber für besonders schlitzohrig halte an diesem Buch - sofern wir die Auszüge jetzt vorliegen haben und kennen - ist gerade das Spiel mit den Namen. Das ist eine literarische Anspielung auf die Prinzessin von Clèves, "La Princesse de Clèves", ein französischer Klassiker der Liebesliteratur und Romanliteratur aus dem 17. Jahrhundert, den unser jetziger Präsident Nicolas Sarkozy als den Inbegriff der Langeweile für Literatur überhaupt tituliert hat, was hier in Frankreich zu einigen Protestaktionen geführt hat. Sarkozy ist der erste französische Präsident, der keinen Wert darauf legt, in irgendeiner Weise literarisch gebildet zu sein oder als solcher durchzugehen. Und ich vermute, hier rettet einer auf seine Art und Weise die Princesse de Clèves und das, was man mit Literatur alles so machen kann, gegen einen Präsidenten, der absolut antiliterarisch ist. Und man kann sagen wie die Italiener: Und wenn es nicht wahr ist, ist es doch schön erfunden. Diese Geschichte ist, glaube ich, schön erfunden. Ich werde sie lesen, entgegen allen Unkenrufen, die aus der Literaturkritik kommen.
Müller-Ullrich: Roman oder Romanze? Danke an Jürgen Ritte für diese Auskünfte!
Jürgen Ritte: So ist es, und nun fragen sich alle: Hat er oder hat er nicht? Hat er ein Verhältnis gehabt mit der Princess of Wales, mit Diana, oder ist das, was er in seinem Buch "La princesse et le président", die Prinzessin und der Präsident, erzählt, alles erfunden oder wie es die gewohnt boshafte angelsächsische Presse formuliert, immer dann, wenn es um Frankreich geht: Sind das alles Altherrenfantasien? Darüber zerreißt man sich jetzt hier auch in Paris das Maul und es werden Kommentatoren aller Ufer herangezogen. Der "Figaro" brachte heute einen längeren Kommentar von Stéphane Bern, ein ausgewiesener Kenner von Königshäusern und anderen Modernitäten dieser Art, und der fragte: "Quelle mouche l'a piqué", also, welcher Teufel hat ihn da geritten, vielmehr, welche Fliege hat ihn gebissen? Das Ganze wird also tatsächlich von den meisten ins Reich der Fantasie verbannt, wenn da nicht so vieles wäre in diesem Buch, was absolut plausibel klingt. Das kommt natürlich daher, dass Giscard die Handlung an Orte verlegt, die er bestens kannte, das Château de Rambouillet beispielsweise, andere Paläste königlicher Art wie in England oder eben eher republikanischer wie in Frankreich.
Müller-Ullrich: Das Königliche an der Sache scheint ihn ja irgendwie ganz besonders angezogen zu haben. Er hat ja, glaube ich, früher schon mal einen Skandal verursacht, wenn ich mich erinnere, unter anderem durch Etablierung neuer, königlicher Manieren an der präsidentiellen Speisetafel, indem er sich nämlich damals zuerst servieren ließ - eine Sitte, die seit Louis XIV. wohl abgeschafft worden ist. Auf der anderen Seite hat er auch ganz gerne englische Jagdhunde aus der königlichen Zucht erworben.
Ritte: Ja, darauf hat er bestanden. Das war im Laufe der 70er-Jahre, da war er noch gar nicht Präsident, da musste es ein Labrador sein aus königlich-englischer Zucht. Und dass Giscard einen Hang hat zum Königlichen, zum Adligen, zum Aristokratischen, zeigt sich ja auch schon an seinem Namen: Er ist eigentlich Valéry Giscard, und das d'Estaing ist angeheiratet beziehungsweise auch angekauft mit dem gleichnamigen Schlossbesitz irgendwo in der Auvergne. Darüber hat man sich oft lustig gemacht, aber er ist auch ein großer Modernisierer gewesen dieses Landes, er war der erste moderne Präsident, den dieses Land gehabt hat, 1974. Er war der erste, der aus der ENA, also aus einer Verwaltungshochschule, stammte - vorher waren es alles Literaten -, was Giscard allerdings nicht davon abgehalten hat, selbst literarisch tätig zu werden. Das erwartet man eigentlich von einem französischen Staatspräsidenten, genauso übrigens, wie man von ihm erwartet, dass er dem schönen Geschlecht zugetan ist. Und dabei lässt man ihm eine ganze Menge durchgehen - siehe François Mitterand und die lange geheim gehaltene Liaison, aus der eine Tochter hervorgegangen ist mit einer Konservatorin des Louvre.
Müller-Ullrich: Und diese Tochter ist groß geworden justament in einem dieser Schlösser, von denen auch in diesem Roman die Rede ist. Nun ist das ja ein Roman, der auch mit anderen Namen spielt, also, der Präsident des Romans heißt nicht Giscard, er heißt Jaques Henri Lamberty, und die Prinzessin heißt auch nicht Diana, die heißt Patricia. Der wesentliche Unterschied ist aber, dass dieser Präsident Lamberty verwitwet ist, und das war Giscard - und ist es - ja nun tatsächlich nicht.
Ritte: Das ist er nicht und manche fragen sich auch nach den Rücksichten, die er eigentlich auf seine immer noch lebende Ehefrau zu nehmen hat. Was ich aber für besonders schlitzohrig halte an diesem Buch - sofern wir die Auszüge jetzt vorliegen haben und kennen - ist gerade das Spiel mit den Namen. Das ist eine literarische Anspielung auf die Prinzessin von Clèves, "La Princesse de Clèves", ein französischer Klassiker der Liebesliteratur und Romanliteratur aus dem 17. Jahrhundert, den unser jetziger Präsident Nicolas Sarkozy als den Inbegriff der Langeweile für Literatur überhaupt tituliert hat, was hier in Frankreich zu einigen Protestaktionen geführt hat. Sarkozy ist der erste französische Präsident, der keinen Wert darauf legt, in irgendeiner Weise literarisch gebildet zu sein oder als solcher durchzugehen. Und ich vermute, hier rettet einer auf seine Art und Weise die Princesse de Clèves und das, was man mit Literatur alles so machen kann, gegen einen Präsidenten, der absolut antiliterarisch ist. Und man kann sagen wie die Italiener: Und wenn es nicht wahr ist, ist es doch schön erfunden. Diese Geschichte ist, glaube ich, schön erfunden. Ich werde sie lesen, entgegen allen Unkenrufen, die aus der Literaturkritik kommen.
Müller-Ullrich: Roman oder Romanze? Danke an Jürgen Ritte für diese Auskünfte!