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Hatte Oskar Lafontaine recht?

Ja, zumindest in einem Punkt. Im Hinblick auf die Entwicklung der internationalen Finanzmärkte lautet das Lafontainesche Credo seit Jahren: Der Staat muss die Spielregeln festlegen und viel stärker regulieren, als er es gegenwärtig tut. Dafür ließ er sich schelten.

Von Tonia Koch | 15.10.2008
    Lafontaine: " Damals habe ich schon gesagt, wir dürfen diese Spekulationswirtschaft nicht zulassen. Wir brauchen eine Kontrolle des Kapitals und wir brauchen eine Stabilisierung der Wechselkurse. Die englische "Sun", das ist so etwas wie die Bild-Zeitung, sie hetzte, ich sei der gefährlichste Mann Europas. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Diejenigen, die gedankenlos und verantwortungslos spekulieren, ruinieren die Weltwirtschaft, wir müssen endlich wieder Schranken setzen und Regulierungen durchführen."

    Der von vielen als selbsternannter Weltökonom verspottete Lafontaine beschreibt bereits 1998 die Folgen eines ungezügelten Kapitalismus. In seinem Buch mit dem Titel: Keine Angst vor der Globalisierung, Wohlstand und Arbeit für alle, heißt es.

    Zitat: Die Risiken der aufgeblähten Geld- und Kapitalmärkte sind groß, ihre Kosten erheblich. Immer häufiger kommt es zum Zusammenbruch von Banken, wodurch das gesamte System bedroht wird. Da täglich neue Finanzierungsinstrumente geschaffen werden, für die keine Regeln bestehen, werden sich Bankenkrisen in Zukunft häufen.

    Bis vor wenigen Monaten wussten die meisten Menschen nicht, was sich unter dem verharmlosenden Begriff Finanzprodukte verbirgt. Hinter den meisten Finanzprodukten stehen eben keine Produkte sondern Wetten. Wetten darauf, dass sich Weltmarktpreise für Rohstoffe, Zinsen oder Währungen nach oben oder nach unten bewegen. Von Briten und Amerikanern einmal abgesehen, begegneten die Europäer diesen Finanzprodukten zunächst skeptisch. Sie willigten dennoch ein, dass sich die europäischen Geldhäuser an den Transaktionen der Investmentfirmen beteiligten. Die Kontrolle überließen sie dabei privaten Agenturen, diese sollten die Risiken einschätzen. Ein Fehler - so Lafontaine - in seinem 1999 erschienen Buch: Das Herz schlägt links.

    Zitat: Ein weltweites Spielcasino war eröffnet. In diesem Spielcasino verspielten die Leute aber nicht wie im normalen Spielcasino ihr eigenes Geld, vielmehr hatten sich insbesondere die Hedge-Fonds Geld von den Banken geliehen und setzten es international zu Zwecken der Spekulation ein.

    Ob die aktuelle Krise hätte verhindert werden können, hätte es eine staatliche Regulierung gegeben, lässt sich im Nachhinein nicht sagen. Ebenso fraglich ist, ob sie hätte wirksam organisiert werden können. Das Kapital agiert international bis hin zur letzten Insel, die Politik hingegen tut dies nur selten. Aber selbst Hans Werner Sinn, Präsident des Ifo-Institutes - in der Regel sicher nicht auf Lafontaine-Linie - kommt in einem Interview der FAZ zu dem Ergebnis.

    Zitat: Die Finanzkrise ist das Ergebnis einer volkswirtschaftlichen Ineffizienz der Regulierungssysteme, die den Banken viel zu viele Freiheiten gegeben haben.

    Lafontaine darf sich als Mahner im Nachhinein bestätigt fühlen. Nur er selbst ist freilich an der Umsetzung der Forderung nach Regulierung gescheitert, das sollte nicht unerwähnt bleiben.