Freitag, 29. März 2024

Archiv

Hauptversammlung bei RWE
Kohleabgabe als Damokles-Schwert

Deutschlands Energiekonzerne kämpfen an allen Fronten: Alte Geschäftsmodelle brechen weg, die neuen bringen noch nicht genug Geld und die Politik denkt über neue Klima-Abgaben nach. Bei RWE hat das tiefe Spuren hinterlassen – viel Gesprächsstoff für die Hauptversammlung.

Von Vivien Leue | 23.04.2015
    Der RWE Tower in Essen.
    Der RWE-Hauptsitz in Essen. (picture alliance / dpa / Bernd Thissen)
    Auch wenn RWE-Vorstandschef Peter Terium den Aktionären auf der heutigen Hauptversammlung mit Optimismus begegnete – Applaus gab es dafür nur wenig. Denn die Probleme des zweitgrößten deutschen Energieversorgers sind groß, wie Terium selbst zugeben musste:
    "RWE steckt in der Krise. Im Zuge des Ausbaus der erneuerbaren Energien verdienen unsere Gas- und Kohlekraftwerke zu wenig Geld."
    Rund ein Drittel der Konzern-Kraftwerke decken nicht einmal mehr die laufenden Kosten. Und die, die noch wirtschaftlich laufen – die Kohlekraftwerke – werden zurzeit vonseiten der Politik bedroht:
    "Mit den jüngsten Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums zur Einführung eines sogenannten Klimabeitrags für konventionelle Kraftwerke geht es an unsere Substanz. Die Abgabe würde nämlich das sofortige Aus für einen Großteil der Braunkohletagebaue und Braunkohlekraftwerke bedeuten."
    Das würde den Konzern zusätzlich belasten. Im letzten Jahr war der betriebliche Konzerngewinn um ein Viertel auf rund vier Milliarden Euro abgesackt. Der um außerplanmäßige Abschreibungen und andere Effekte bereinigte, sogenannte nachhaltige Überschuss ging um knapp die Hälfte auf 1,3 Milliarden Euro zurück. Die Stimmung unter den Aktionären ist entsprechend angespannt. Sie hoffen, dass RWE auf lange Sicht wieder stabile Ergebnisse präsentiert:
    Ein Aktionär:
    "Das ist kein Kurzfristpapier, sondern ein Langfristpapier. Energie brauchen wir immer. Die Vergangenheit kann man nicht mehr ändern, sondern die Zukunft... Wir setzen da schon drauf, dass das Potenzial von RWE so groß ist, dass die das schaffen werden."
    Dass das Unternehmen trotz der schwierigen Lage eine Dividende von einem Euro je Stückaktie ausschüttet, erfreut deshalb auch nicht alle Aktionäre:
    "Die Dividende hätte in diesem Jahr besser im Unternehmen bleiben müssen. Damit die Kapitalgrundlage gestärkt wird und Investitionen gemacht werden können."
    Geringere Dividende für 2015 erwartet
    Im Vorfeld der Hauptversammlung war darüber spekuliert worden, ob vor allem der Druck der kommunalen Aktionäre für die relativ hohe Dividende verantwortlich ist. Das weist der Sprecher der Dortmunder Stadtwerke, Wolfgang Schäfer, zurück:
    "Es wird immer so dargestellt, als wären wir ein Klotz am Bein... Das Gegenteil ist richtig. Von Druck kann keine Rede sein."
    Möglicherweise wird es im laufenden Geschäftsjahr aber tatsächlich eine geringere Dividende geben:
    Terium:
    "Mit dem Geschäftsjahr 2015 haben wir unsere Dividendenpolitik geändert. Die bisherige Bindung an eine Zielausschüttung von 40 bis 50 Prozent des nachhaltigen Nettoergebnisses haben wir aufgegeben."
    "Der Dividendenvorschlag soll künftig einen stärkeren Bezug zur wirtschaftlichen Gesamtlage von RWE haben."
    Und diese Gesamtlage bleibt schwierig, der Umbau der Branche wird die Energiekonzerne weiter beschäftigen. Zwar versucht RWE, neue Geschäftsfelder zu erschließen und auch im Bereich erneuerbarer Energien rentabler zu werden. Aber:
    "Unser Marktumfeld bleibt schwierig. Die Krise in der konventionellen Stromerzeugung wird auch weiterhin die Ertragslage von RWE in diesem Jahr prägen."
    Trotzdem: Anders als Konkurrent Eon – der seine eigene Aufspaltung plant – will RWE am klassischen Geschäftsmodell festhalten und weiter praktisch in der gesamten Wertschöpfungskette der Strombranche präsent sein. Um den Abwärtstrend aufzuhalten, verschärft RWE stattdessen sein Sparprogramm. Und: Vielleicht greift bald ein ausländischer Investor aus dem arabischen Raum dem Energiekonzern unter die Arme. Noch sei nichts unterschriftsreif, sagte Terium – außer einer Vertraulichkeitsvereinbarung.

    Mehr zum Thema