Donnerstag, 25. April 2024

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Haus der Kulturen der Welt
Die Klänge der Technosphäre

Wie beeinflussen Maschinen und technische Prozesse die Umwelt? Und welche Klänge entstehen dabei? Das wird zurzeit im Haus der Kulturen der Welt in Berlin diskutiert und live ausprobiert.

Von Oliver Kranz | 22.04.2016
    Instrumentenaufbau beim Festival "Technosphärenklänge"
    Instrumentenaufbau beim Festival "Technosphärenklänge" (© Katy Otto / Haus der Kulturen der Welt)
    Andrej Smirnov hat ein Rhythmicon nach Berlin gebracht, die wahrscheinlich älteste Drum Machine der Welt. Mit Tasten lassen sich nicht nur einzelne Töne generieren, sondern ganze Tonfolgen. 16 dieser Tonfolgen können gleichzeitig abgespielt werden.
    Der russische Physiker Leon Theremin hat das Gerät 1931 erfunden - ein Kasten, so groß wie zwei Schuhkartons, gespickt mit elektronischen Bauteilen. Die Tasten sehen aus, wie bei einem Klavier. Bands wie Pink Floyd und Tangerine Dream haben das Rhythmicon eingesetzt. Heute bringen Musiker lieber Laptops auf die Bühne. Der Computer ist als Musikmaschine so allgegenwärtig, dass Jan Rohlf an die Anfänge der elektronischen Musik erinnern will. Er hat das Programm der Technosphärenklänge zusammengestellt. Ein Meilenstein war die Entdeckung der FM-Synthese. Rohlf:
    "Der künstlerische Kern der FM Synthese ist eben, dass man mit den Klangspektren sehr präzise arbeiten kann, d.h. man kann die Timbres, den Klang eben sehr präzise steuern mit elektronischen oder digitalen Möglichkeiten und man kann Klänge erzeugen, die es akustisch in der Form gar nicht gab."
    Algorithmische Musik im Club
    Das Prinzip kommt bei digitalen Synthesizern zum Einsatz. Jan Rohlf hat den Entdecker nach Berlin eingeladen. John Chowning ist inzwischen 81 macht aber immer noch Musik. Rohlf:
    "Mark Fell ist nach Kalifornien, nach Stanford, wo John Chowning viele, viele Jahre gelehrt hat. Dort ist er hingefahren und hat mit John Chowning einfach an neuer Musik gearbeitet. Mark Fell kennt man auch aus anderen Zusammenhängen. Der geht mit seiner algorithmischen Musik durchaus auch in den Club. Das kann auch tanzbar werden."
    Fast schon nostalgisch mutet dagegen die Musik des Berliner Duos gamut inc an. Marion Wörle und Maciej Sledziecki bauen Roboter, die zwar durch Algorithmen gesteuert werden, aber akustisch Musik machen.
    "Das ist unser neuestes Instrument. Specht nennen wir das. Da werden Klangstäbe von Magneten angeschlagen, also von kleinen Hämmern, die an Elektromagneten befestigt sind. Elektromagnete funktionieren ja so, sobald du Strom drauf gibst, lösen sie einen Impuls aus. In dem Fall ist der Impuls eben der Hammerschlag", erklärt Sledziecki.
    Verbindung zwischen Instrument und digitaler Musik
    Die beiden Musiker haben auch einen Trommelroboter gebaut und viele weitere Instrumente, die als Orchester zusammen spielen können. Sledziecki:
    "Wir hatten immer das Interesse an der Verbindung zwischen Instrument und digitaler Musik, weil du die Vorteile von computergenerierter Musik hast, aber du bist nicht angewiesen auf direkte Lautsprecherausgabe. Du hast erst den akustischen Klang, was etwas Spezielles dem Ganzen gibt."
    Und dieser akustische Klang lässt nicht nur bei Maciej Sledziecki die Augen leuchten. Nach Jahrzehnten der Digitalisierung gibt es auch bei Pionieren der elektronischen Musik wieder eine Sehnsucht nach dem Analogen.