Joseph Haydn war, als er "Armida" 1784 in der Sommerresidenz des Fürsten Esterházy zur Uraufführung gebracht hatte, durchaus von den Vorzügen dieses Werks überzeugt. "Man sagt", schrieb er seinem Verleger nach Wien, "es sey bishero mein bestes werck." Ivor Bolten sucht mit intensiver Zeichengebung diese Qualitäten hervorzukehren und die mitunter etwas spröde Rhetorik der Musik zu intensivieren.
Das Leitmotiv der Sommerfestspiele an das Salzach ist heuer "Nachtseite der Vernunft". Unter ihm war Haydns dramma eroico "Armida" dramaturgisch durchaus passend einzugemeinden. Diese opera seria stützte sich wie viele andere musikdramatische Werke des 17. und 18. Jahrhunderts auf das Kreuzritter-Epos "Gerusalemme liberata" von Torquato Tasso. Sie führt den wackren Recken Rianaldo auf dem Kreuzzug nach Jerusalem bis Damaskus und in einen Hinterhalt. Armida, Tochter des Sarazenenfürsten Idreno, umgarnte den Vorkämpfer der abendländischen Interessen, die am Berg Zion zu verteidigen sind.
Keiner kommt unbelastet zu neuer Liebe und dauerhaftem Glück: Dämonen der Vergangenheit, angefangen von bestimmten Kindheitsmustern, holen auch die Heroen ein. In diesem Fall sind es die Kreuzritter Ubaldo und Clotarco, die Rinaldo zur Rückkehr ins christliche Heer und zur ursprünglichen Mission veranlassen wollen. Von nun an schwankt er zwischen neuer Neigung und alter Pflicht. Schön erstrahlen die musikalischen Windungen und Wendungen des inneren und äußeren Widerstreits: Michael Schade kostet sie mit geschmeidigem Piano und Höhenflügen einer tendenziell perfekt geführten Tenorstimme aus.
Dass es ihm schwerfallen muss, von der Schönen aus dem Morgenland zu lassen, beglaubigt Annette Dasch als wandlungsfähige Erscheinung wie mit ihrer luziden, vollen und treffsicheren Sopranstimmen. Dieser fulminanten Armida tritt mit Zelmira ein erotisches Lockvögelchen zur Seite, um den schwankenden Liebhaber zurückzugewinnen: Mojca Erdmann erscheint sogar noch einen Hauch brillanter als die Gebieterin. Diese unterliegt, da hilft kein Klagen, Flehen und Drohen, in Haydns erotisch-kriegerischer Auseinandersetzung zwischen Orient und Abendland. Der kategorische Imperativ singt aus Rinaldo. Die verschmähte Geliebte hingegen reagiert weiblich irrational: Sie hetzt die Furien auf den Fliehenden, der den in ihrem Kult zentral wichtigen Myrtenbaum fällte, beschwört überhaupt alle erdenkliche Schrecknisse des Barocktheaters herauf. Am Ende ordert sie ihren Höllenwagen und setzt ihm nach - praktiziert also das, was heute als Stalking unter Strafe gestellt ist.
"Armida" ist eine Zauber-Oper über Liebe in Zeiten des Kriegs. Es ist eine grenzüberschreitende Liebesgeschichte, in welcher der Konflikt zwischen Pflicht und Neigung eine weit größere Rolle spielt als Erwägung der Vernünftigkeit. Christoph Loy lässt die Protagonisten beider Parteien auf einem Holzstapelplatz und einer seitwärts sich erhebenden schrägen Ebene agieren. Auf ihr geben zwei festgeschraubte unbequeme Holzsessel dem syrischen Herrscher eine gewissen Halt und fünf Seile den übrigen, die auch auf diesen Anstieg geraten. Wir sahen eine vergleichbar mühsam zu bespielende szenische Installation vor nicht allzu langer Zeit auch in Günter Krämers Salzburger Inszenierung von Mozarts "Mitridate". Der Bretterstapel verweist darauf, dass die Eroberer zur Belagerung Jerusalems größere Mengen geeignetes Holz benötigten. Ein Lautsprecher, aus dem blechern einzelne Bläser-Einwürfe der Ouvertüre plärren, später Haydns Militär-Märsche, überragt Dirk Beckers Bühneninstallation.
Das darf ebenso als Andeutung eines heutigen Orients genommen werden wie einige Elemente von Bettina Walters unter dem Aspekt der Vergegenwärtigung ausgewählten Kleidung. Rennradfahrerhelme, Bergsteiger- und Rugbyspieler-Accessoires wurden mit lässiger Freizeitkleidung kombiniert. Krieg und Orient treten weitgehend in den Hintergrund. Und all das materiell Historische, das in Haydns Werk steckt, hat Christoph Loy ebenso zum Verschwinden gebracht wie den Zauber, den die Vernunft der Aufklärung entzauberte. Damit erweist sich seine Inszenierung als Echolot der gegenwärtigen gesellschaftlichen Befindlichkeit, die sich mit Erblasten der Geschichte nicht mehr als unbedingt nötig beschweren möchte und sich ganz überwiegend für das öffentlich gemachte Private interessiert.
Das Leitmotiv der Sommerfestspiele an das Salzach ist heuer "Nachtseite der Vernunft". Unter ihm war Haydns dramma eroico "Armida" dramaturgisch durchaus passend einzugemeinden. Diese opera seria stützte sich wie viele andere musikdramatische Werke des 17. und 18. Jahrhunderts auf das Kreuzritter-Epos "Gerusalemme liberata" von Torquato Tasso. Sie führt den wackren Recken Rianaldo auf dem Kreuzzug nach Jerusalem bis Damaskus und in einen Hinterhalt. Armida, Tochter des Sarazenenfürsten Idreno, umgarnte den Vorkämpfer der abendländischen Interessen, die am Berg Zion zu verteidigen sind.
Keiner kommt unbelastet zu neuer Liebe und dauerhaftem Glück: Dämonen der Vergangenheit, angefangen von bestimmten Kindheitsmustern, holen auch die Heroen ein. In diesem Fall sind es die Kreuzritter Ubaldo und Clotarco, die Rinaldo zur Rückkehr ins christliche Heer und zur ursprünglichen Mission veranlassen wollen. Von nun an schwankt er zwischen neuer Neigung und alter Pflicht. Schön erstrahlen die musikalischen Windungen und Wendungen des inneren und äußeren Widerstreits: Michael Schade kostet sie mit geschmeidigem Piano und Höhenflügen einer tendenziell perfekt geführten Tenorstimme aus.
Dass es ihm schwerfallen muss, von der Schönen aus dem Morgenland zu lassen, beglaubigt Annette Dasch als wandlungsfähige Erscheinung wie mit ihrer luziden, vollen und treffsicheren Sopranstimmen. Dieser fulminanten Armida tritt mit Zelmira ein erotisches Lockvögelchen zur Seite, um den schwankenden Liebhaber zurückzugewinnen: Mojca Erdmann erscheint sogar noch einen Hauch brillanter als die Gebieterin. Diese unterliegt, da hilft kein Klagen, Flehen und Drohen, in Haydns erotisch-kriegerischer Auseinandersetzung zwischen Orient und Abendland. Der kategorische Imperativ singt aus Rinaldo. Die verschmähte Geliebte hingegen reagiert weiblich irrational: Sie hetzt die Furien auf den Fliehenden, der den in ihrem Kult zentral wichtigen Myrtenbaum fällte, beschwört überhaupt alle erdenkliche Schrecknisse des Barocktheaters herauf. Am Ende ordert sie ihren Höllenwagen und setzt ihm nach - praktiziert also das, was heute als Stalking unter Strafe gestellt ist.
"Armida" ist eine Zauber-Oper über Liebe in Zeiten des Kriegs. Es ist eine grenzüberschreitende Liebesgeschichte, in welcher der Konflikt zwischen Pflicht und Neigung eine weit größere Rolle spielt als Erwägung der Vernünftigkeit. Christoph Loy lässt die Protagonisten beider Parteien auf einem Holzstapelplatz und einer seitwärts sich erhebenden schrägen Ebene agieren. Auf ihr geben zwei festgeschraubte unbequeme Holzsessel dem syrischen Herrscher eine gewissen Halt und fünf Seile den übrigen, die auch auf diesen Anstieg geraten. Wir sahen eine vergleichbar mühsam zu bespielende szenische Installation vor nicht allzu langer Zeit auch in Günter Krämers Salzburger Inszenierung von Mozarts "Mitridate". Der Bretterstapel verweist darauf, dass die Eroberer zur Belagerung Jerusalems größere Mengen geeignetes Holz benötigten. Ein Lautsprecher, aus dem blechern einzelne Bläser-Einwürfe der Ouvertüre plärren, später Haydns Militär-Märsche, überragt Dirk Beckers Bühneninstallation.
Das darf ebenso als Andeutung eines heutigen Orients genommen werden wie einige Elemente von Bettina Walters unter dem Aspekt der Vergegenwärtigung ausgewählten Kleidung. Rennradfahrerhelme, Bergsteiger- und Rugbyspieler-Accessoires wurden mit lässiger Freizeitkleidung kombiniert. Krieg und Orient treten weitgehend in den Hintergrund. Und all das materiell Historische, das in Haydns Werk steckt, hat Christoph Loy ebenso zum Verschwinden gebracht wie den Zauber, den die Vernunft der Aufklärung entzauberte. Damit erweist sich seine Inszenierung als Echolot der gegenwärtigen gesellschaftlichen Befindlichkeit, die sich mit Erblasten der Geschichte nicht mehr als unbedingt nötig beschweren möchte und sich ganz überwiegend für das öffentlich gemachte Private interessiert.