Archiv


HDTV von der Scheibe

Die DVD erfuhr eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie die Audio CD. Innerhalb kürzester Zeit ergatterte sich die Silberscheibe für das Heimkino in rund einem Drittel aller bundesdeutschen Wohnzimmer einen festen Platz. Der Erfolg der DVD lässt die Unterhaltungselektronik-Industrie hoffen. In den USA wollen jetzt Firmen das hochauflösende Fernsehen mittels einer neuen und noch besseren DVD-Generation salonfähig machen.

    Von Armin Amler

    Die japanische Industrie will mit Nachdruck US-amerikanischen Verbrauchern ein Verfahren schmackhaft machen, das schon bald das Heimkino perfektionieren soll: eine Auflösung auf dem breiten Bildschirm im Format 16 zu 9, die dem Filmtheater sehr nahe kommt. In der Tat ist Japan auf dem Sektor des hochauflösenden Fernsehens schon seit Jahren führend in der Welt. Das Verfahren wird heute auf nationaler Ebene ausgestrahlt und die Verbraucher sind gegenüber der Technik sehr aufgeschlossen. Auf dem Umweg über die USA soll nun auch die neue Heimkonserve in überragender Qualität per DVD den Siegeszug um die Welt antreten. HDTV, wie es die Amerikaner nennen, litt bisher noch unter der Problematik, dass ein Eigentümer eines solchen Gerätes keine eigenen Videos aufnehmen konnte - und von dem begrenzten Fernseh-Angebot abhängig war. Das ändert sich jetzt. Das Unternehmen JVC hat gerade angekündigt, dass ein Konsumenten-HDTV-Camcorder schon im März-April auf dem Markt erscheinen wird - und auch auf dem Produktionssektor kommt diese Technik jetzt in Gang. Gute Chancen beim Publikum rechnet sich die Industrie allerdings erst dann aus, wenn es möglich sein wird, DVD's mit fertigen Filmen zu kaufen, die dem neuen hohen Qualitätsstandard entsprechen. Helmut Schulz, Computer- und Fernseh-Einzelhändler in Los Angeles, stellt schon jetzt, vor allem, seit die Preise fallen, ein wachsendes Interesse fest:

    Das Publikum muss informiert werden. Diejenigen, die es wissen, wissen auch, dass es teuer ist. Washington hat entschieden, auf kurze und lange Sicht wird es natürlich gemacht werden, Japan verdient ein bisschen Geld dabei - so geht's!

    Die Technik des neuen Verfahrens, HD-DVD genannt, ist im Grundsatz schnell erklärt. Gegenwärtige DVD-Systeme beruhen auf so genannten roten Lasern, um etwa 4,7 GB digitaler Informationen auf die Oberfläche der DVD's zu schreiben. Das ist auch zweifellos genügend Platz, um etwa zwei Stunden Video und Audio zu verarbeiten. Allerdings - für die HDTV-Signale reicht diese Kapazität nicht aus. Die Folge: mehrere Unternehmen haben in den letzten beiden Jahren die Methode mit den neuen blau-violetten Laserstrahlen verbessert. Da sie kürzere Wellenlängen verarbeiten, machen sie es möglich, das Fünffache an Daten auf die gleichen DVDs zu bringen. Das heißt, man ist jetzt in der Lage, Videos von bis zu zwei Stunden Länge in hoher Auflösung aufzuzeichnen. Solche DVDs bietet dem Auge des Betrachters eine Schärfe und Klarheit, die ungefähr zweimal so hoch ist wie die der "alten" Version. Und noch etwas, was Video-Heim-Produzenten begeistern dürfte: wenn sie einen der neuen DVD-Brenner erwerben, werden sie in der Lage sein, in genau der gleichen Technik auch qualitativ hochwertige DVDs herzustellen.

    Leider wird die Einführung dieser neuen DVDs nicht sehr schnell und unproblematisch vor sich gehen. Denn mehrere Unternehmen haben in letzter Zeit ihre eigenen Versionen der blau-violetten Laser-Technologie vorgestellt. Und die sind leider nicht kompatibel, also nicht verträglich miteinander. Auch die Qualität ist nicht direkt vergleichbar: jede Version hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Der so genannte Blu-Ray-Standard, den Unternehmen wie Sony, Pioneer und Thompson anbieten, scheint - jedenfalls nach den bisher erhältlichen Informationen zu urteilen - recht weit fortgeschritten zu sein, und er hat auch bei verschiedenen Konferenzen der Industrie gut ausgesehen. Die Konkurrenten, einige davon NEC und Toshiba, weisen jedoch darauf hin, dass diese Technik die Anschaffung neuer, kostspieliger Geräte für den Herstellungsprozess erfordern würde. Ihre so genannte "Blue-Laser-Technologie" würde bei den Herstellern leichter zu realisieren sein. Der Vorteil: beide Verfahren wären "rückwärts kompatibel". Das bedeutet, neue Geräte würden in der Lage sein, auch alte "Red Laser"-DVDs abzuspielen. Die alten Geräte hingegen wären, mit den neuen DVDs konfrontiert, allerdings hilflos.

    Und was hält Hollywood von der neuen Technik? Da gibt es großes Zögern, weil die Studios froh darüber sind, dass sich die gegenwärtigen DVDs gut verkaufen. US- Konsumenten haben im vergangenen Jahr schätzungsweise etwa 13 Milliarden Dollar für den Kauf und die Miete von DVDs ausgegeben. In der Industrie ist man der Ansicht, dass das mindestens drei jahrelang so weitergehen könnte - auch ohne eine neue Technik, die unter den Film-Fans Verwirrung stiften könnte. Trotzdem sind vor allem die japanischen Unternehmen, die sich auf diesem Sektor bereits in Kosten stürzten, bereit, ihren Weg weiterzugehen. Und für Computer-Benutzer und kommerzielle Anwender hat eine der Firmen, Sony, einen zusätzlichen Bonbon angekündigt: in einigen Monaten ist ein "Blu-Ray"-Brenner geplant, der enorme Datenmengen auf DVDs aufzeichnen soll - 15 Gigabytes sind im Gespräch!