Der Labour-Abgeordnete John Mann stürzte voller Zorn seinem Parteifreund Ken Livingston hinterher. Livingston war früher einmal Bürgermeister von London.
"Du bist ein Nazi-Apologet. Du schreibst die Geschichte um. Überleg noch einmal, was Hitler getan hat. Es gibt da sein Buch 'Mein Kampf'."
Der rote Ken, wie der Ex-Bürgermeister genannt wird, hatte zuvor in einem Radio-Interview behauptet, in der gesamten Geschichte der Labour-Partei habe es nie einen Fall von Antisemitismus gegeben. Um dann hinzuzufügen:
"Als Hitler 1932 die Wahlen gewann, verfolgte er die Politik, dass die Juden nach Israel gebracht werden sollten. Hitler unterstützte damals den Zionismus, bevor er dann später überschnappte und sechs Millionen Juden ermordete."
"Hitler unterstützte den Zionismus" - nicht nur John Mann war damals vor zwei Jahren aufgebracht. Aber Jeremy Corbyn, der Parteivorsitzende von Labour, zögerte lange, seinen Freund Livingston aus der Partei zu werfen. Zutiefst aufgewühlt griff zuletzt auch die Labour-Abgeordnete Margaret Hodge Corbyn frontal an. Hodge entstammt der deutschen Familie Oppenheimer.
Vorwürfe an Jeremy Corbyn
"Ich habe ihm gesagt, du wirst an deinen Taten gemessen, nicht an deinen Worten. Corbyn wird wahrgenommen als antisemitisch und als Rassist. Er macht das Leben für alle Juden hier in Großbritannien schwer."
Jeremy Corbyn werden auch seine enge Kontakte zur Hamas und eine Episode aus dem Jahr 2012 vorgeworfen. Damals verteidigte er eine Protestkarikatur, die reiche fette Juden mit Hakennasen beim Monopoly-Spiel zeigte – ganz im Stil der Goebbels-Propaganda. Er habe das zu schnell bei Facebook gelikt, verteidigte sich Corbyn.
Jetzt zu Beginn der Sommerpause schlugen dann aber gleich drei führende jüdische Zeitungen in Großbritannien Alarm. Eine von Corbyn geführte Regierung wäre "eine existenzielle Bedrohung für das jüdische Leben im Land". Corbyn selbst fühlte sich einmal mehr völlig missverstanden.
"Antisemitismus ist unter allen Umständen falsch. Wir tolerieren ihn auf keinen Fall. Ich habe nicht mein Leben mit Kampagnen gegen den Rassismus verbracht, um ihn in irgendeiner Form zu dulden."
Kritik am Labour-Kodex im Bezug auf Antisemitismus
Jüngster Stein des Anstoßes bildet, dass der Vorstand von Labour einen Kodex verabschiedet hat, wie Antisemitismus zu definieren ist. Im Unterschied zum Katalog der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken, der sich auch die Regierung Deutschlands angeschlossen hat, fehlen aber einige Punkte, zum Beispiel, dass man die israelische Politik nicht mit der Politik der Nazis gleichsetzen soll. Jeremy Corbyn selbst war im Jahr 2010 Gastgeber einer Konferenz mit dem Titel "Nie wieder – von Auschwitz bis Gaza".
Auch Jon Lansman ist Jude. Er ist Begründer von Momentum, jener linken Basis-Bewegung, die Corbyns Aufstieg ermöglicht hat. Lansman kritisiert die Politik der israelischen Regierung schon lange, meint aber: "Es gibt Leute, die sich als sozialistisch betrachten, die hassen ein gesamtes Volk oder ein Land. Es tut mir leid, aber das kann ich nur als antisemitisch bezeichnen."
Ja, sagt Ian Austin, auch er ein Labour-Abgeordneter und Adoptivsohn eines Holocaust-Flüchtlings.
"Corbyn hat sich sein ganzes politisches Leben lang am extremen Rand der Partei entlang bewegt. Er hat alle möglichen Extremisten unterstützt und in einigen Fällen eben auch Antisemiten."