Archiv


Heftiger Zusammenstoß im All

Raumfahrt. - Die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa hat sich wieder einmal ein hollywoodreifes Spektakel ausgedacht, das in diesen Tagen sein Finale erlebt. Montag ist in den USA Unabhängigkeitstag. Dann wird die Raumsonde "Deep Impact" ein Projektil in den Kern des Kometen "Tempel-1" schießen.

Von Guido Meyer |
    Es ist der Stoff, aus dem die Träume Hollywoods sind, wie im Spielfilm "Armageddon" oder im Streifen "Deep Impact": Ein Komet steuert auf die Erde zu und soll von seinem Kurs abgelenkt werden. In der Realität amerikanischer Kosmologen jedoch läuft das Szenario andersrum: Eine irdische Raumsonde ist es, die in Richtung eines Kometen fliegen und ihm einen Deep Impact, eine tiefen Einschlag, bescheren soll.

    "Das Rendezvous von "Deep Impact" mit "Tempel 1" wird das erste Mal sein, dass ein Raumschiff mit der Oberfläche eines Kometen in Kontakt kommt. Ein Impaktor, eine Art Kapsel mit einer Kamera, wird auf dem Kometen aufschlagen und dadurch Material von seiner Hülle ins All schleudern, so dass wir einen Einblick in seinen Kern gewinnen können."

    Andy Dantzler, der Geschäftsführende Direktor der Abteilung für die Erforschung des Sonnensystems bei der US-Raumfahrtbehörde Nasa. Was nach Science fiction klingt, ist in Wirklichkeit nichts als Wissenschaft, denn was die Welt der Kometen im Innersten zusammenhält, ist nach wir vor nicht genau geklärt. Karen Meech vom Deep-Impact-Team des Astronomischen Instituts auf Hawaii.

    "Ein Komet ist im wesentlichen ein riesiger schmutziger Schneeball, dessen staubige Haut verdampft, wenn er auf seiner ellipsenförmigen Bahn der Sonne näherkommt. Wir möchten herausfinden, wieviel Staub da ist, wie dick die Eis- und Staubschicht ist und wie sie mit dem Vakuum des Weltraums wechselwirkt."

    Noch interessanter ist jedoch des Kometen Kern, den die Aufschlagsonde zumindest ein wenig freilegen soll, wenn sie ihr Ziel getroffen hat. Forscher glauben, dass diese "schmutzigen Schneebälle" auf ihren Reisen durch das All den Samen des Lebens auf die Erde gebracht haben. Tom Morgan vom Deep-Impact-Team beim Nasa-Hauptquartier in Washington, D.C.:

    "Wir interessieren uns für die Quelle des austretenden Gases, wofür wir einen festen Kern im Kometeninneren im Auge haben. Dieser Nukleus dürfte rund sechs Kilometer lang sein und vorwiegend aus Eis sowie einigen organischen Verbindungen bestehen. Es sind dies Überbleibsel aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems."

    Das Risiko, dass der Impaktor von Deep Impact sein Ziel verfehlt, schätzt die Nasa nur auf ein Prozent. Die Software zur Bahnsteuerung wurde nämlich mittlerweile schon erfolgreich von der Raumsonde "Stardust" getestet, die im letzten Jahr Proben aus dem Schweif des Kometen "Wild 2" entnommen hat und damit derzeit auf dem Rückflug zur Erde ist. Nach "Wild 2" nun also "Tempel 1".

    "Warum gerade Tempel 1? Weil es ein typischer Komet ist, der wahrscheinlich aus dem Kuiper-Gürtel am Rande des Sonnensystems regelmäßig zu uns kommt. Außerdem hat er einen großen Kern. Wir können ihn außerdem in nur einem halben Jahr erreichen. Und er ist von der Erde aus zu beobachten. Weil die Wolke aus Gas und Staub, die ihn umgibt, nicht besonders stark ist, ist er für die Einschlagsonde relativ leicht zu treffen."

    Der Impaktor selbst, der sich von "Deep Impact" lösen und auf "Tempel 1" stürzen soll, besteht aus einer Kupferdisk, auf der eine Kamera angebracht ist. Kupfer deshalb, weil es - genau wie Gold und Silber - mit Wasser und Eis auf dem Kometen keine chemischen Reaktionen eingeht und die Messergebnisse so nicht verfälscht.

    "Die Kamera an Bord der Einschlagssonde wird uns bis zu ihrem Auftreffen hochauflösende Bilder vom Kern des Kometen liefern. Etwa dreißig Sekunden vor dem Aufschlag wird sie wohl nicht mehr durch den immer dichter werdenden Staubschweif gucken können, und am Ende wird sie mitsamt des Impaktors auf "Tempel 1" zerschellen."

    Doch der genaue Zeitpunkt des Endes der Sonde ist offen genauso wie ihre wirkliche Wirkung. Open End für das neueste Science-Fiction-Abenteuer der NASA.