Es ist still in Gensingen, nur ein paar Vögel begrüßen den Frühling. Das Grundrauschen der nahen Autobahn ist ohnehin immer da. In Gensingen bei Bingen am Rhein hat der rheinland-pfälzische Jagdverband sein Hauptquartier. Gleich neben dem Eingang zum Flachbau steht ein veritabler Keiler, in Stein gemeißelt.
Um junge Wildschweine geht es im heftigen Streit zwischen Jägern und der rheinland-pfälzischen Landesregierung, aber auch um ältere Rothirsche mit Geweih. Weil sich diese Tierarten stark vermehrt haben und Schäden an Bäumen und in der Landwirtschaft verursachen, wolle jetzt die rot-grüne Landesregierung in Mainz mit einer neuen Landesjagdverordnung zum Feldzug gegen die Tiere blasen, argwöhnen die Jäger. Sekundiert vom Bauern-und Winzerverband, der den Bundeswehreinsatz gegen Wildschweine fordert. Günter Klein, Sprecher des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz, ist entsetzt:
"Man kann doch keinen Krieg gegen Wildtiere führen. Es geht darum, der Zuwachs der muss abgeschöpft werden und führende Bachen, also Muttertiere mit noch abhängigen Frischlingen, zu schonen. Man kann doch jetzt nicht den Tierschutz teilen und sagen, es muss alles weg, was wirtschaftlichen Schaden anrichtet und alles andere kann einfach dann per Schonzeit dann geschützt bleiben."
Der Fuchs etwa, für den in der neuen Landesjagdverordnung weiter eine Schonzeit vorgesehen ist. Thomas Griese, grüner Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Umweltministerium, glaubt den Jägern nicht, dass es ihnen bei ihrer Kritik am neuen Jagdrecht tatsächlich vor allem um den Tierschutz geht. Es gehe doch wohl mehr um die Hirschgeweihe, vermutet die Landesregierung in Mainz. Denn sie will künftig auch sogenannte Güteklassen für männliche Rothirsche mit prächtigen Geweihen abschaffen, die bisher besonders geschont wurden, damit sie später als alte Hirsche schöne Jagdtrophäen lieferten, so Staatssekretär Thomas Griese:
"Der Ärger der Jäger rührt vor allem daher, dass wir die Trophäenjagd anders, als früher, nicht mehr zulassen. Das ist in der der Tat eine Veränderung. Aber da muss man auch sagen, die Trophäenjagd vergangener Jahre und Jahrzehnte ist auch antiquiert und hat keine Zukunftsberechtigung mehr."
Im Flur des rheinland-pfälzischen Landesjagdverbandes in Gensingen hängen tatsächlich noch einige Hirschgeweihe. Aber alte Rothirsche wolle man vor allem schützen, weil wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sie bei der jährlichen Fortpflanzung eine wichtige Rolle spielten, heißt es in einer Stellungnahme des Verbandes. Dies als "Trophäenjagd" abzuqualifizieren, sei schlicht unsinnig, so die Jäger.
Sie kritisieren die Landesregierung im nahen Mainz auch dafür, dass sie neben den Füchsen auch die eingewanderten Marderhunde oder die Waschbären schonen wolle, obwohl die doch gar nicht so harmlos seien, wie sie aussehen und etwa Vogelnester bedrohen – oder Weinreben.
Günther Klein vom Jagdverband ärgert sich aber vor allem darüber, dass weibliches Rehwild und Rehkitze künftig schon ab August gejagt werden dürfen und nicht wie bisher erst im Herbst:
"Eine Vorverlagerung der Jagdzeit auf Ricken und Kitze in den August hinein, das ist überaus fragwürdig und wildbiologisch absolut sinnlos. Weil die Ricken sind zu der Zeit in der Brunft, die Paarungszeit ist wirklich auf Touren. Die Ricken verstecken ihre Kitze im hohen Gras, vergnügen sich dann mit dem männlichen Rehwild, lassen sie schon längere Zeit alleine. Aber es sind dennoch abhängige Kitze, die sind abhängig von ihren Müttern. Und wenn da eine Ricke unterwegs ist, alleine mit dem Bock, und die wird dann geschossen, haben sie ein Waisenkind, das irgendwo auf einer Wiese auf seine Mutter wartet, die nicht mehr kommt. Das kann nicht tierschutzgerecht sein."
Staatssekretär Thomas Griese will auch dieses Argument der Jäger nicht so stehen lassen:
"Denen würde ich vor allem sagen, dass die Möglichkeit, ab 1. August zu jagen, ja nicht die Verpflichtung bedeutet, ab 1. August zu jagen. Und es entspricht der Sorgfalt des Jägers und da muss man die Jäger auch daran erinnern, das jeweils vorher genau zu prüfen. Und wenn man sich nicht sicher ist, den Abschuss zu unterlassen. Es ist ja keine Jagdpflicht, sondern es ist nur die Möglichkeit zu sagen, aber die muss verantwortungsvoll ausgeübt werden."
Das gelte auch für den Rothirsch. Der grüne Staatssekretär will sehr zum Ärger des Jagdverbandes, dass auch dieser in Rheinland-Pfalz künftig intensiv bejagt wird – ohne Rücksicht auf die Größe und Pracht seines Geweihs:
"Auch Hirsche richten Schäden an und die Population ist gerade beim Rotwild, jedenfalls, wenn man bestimmte Regionen anguckt, eindeutig zu hoch. Wenn man die Waldschäden betrachtet, ist es notwenig, sie zu reduzieren. Und da kann man nicht einseitig vorgehen und nur die weiblichen Tiere abschießen wollen und die männlichen Tiere schonen, nur weil man sich hinterher schöne Geweihe in die Wohnhalle hängen möchte. Und deswegen hat das keine Zukunftsberechtigung mehr."
Beitrag aus der Sendung "Deutschland Heute" im Deutschlandfunk vom 11.04.2013
Um junge Wildschweine geht es im heftigen Streit zwischen Jägern und der rheinland-pfälzischen Landesregierung, aber auch um ältere Rothirsche mit Geweih. Weil sich diese Tierarten stark vermehrt haben und Schäden an Bäumen und in der Landwirtschaft verursachen, wolle jetzt die rot-grüne Landesregierung in Mainz mit einer neuen Landesjagdverordnung zum Feldzug gegen die Tiere blasen, argwöhnen die Jäger. Sekundiert vom Bauern-und Winzerverband, der den Bundeswehreinsatz gegen Wildschweine fordert. Günter Klein, Sprecher des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz, ist entsetzt:
"Man kann doch keinen Krieg gegen Wildtiere führen. Es geht darum, der Zuwachs der muss abgeschöpft werden und führende Bachen, also Muttertiere mit noch abhängigen Frischlingen, zu schonen. Man kann doch jetzt nicht den Tierschutz teilen und sagen, es muss alles weg, was wirtschaftlichen Schaden anrichtet und alles andere kann einfach dann per Schonzeit dann geschützt bleiben."
Der Fuchs etwa, für den in der neuen Landesjagdverordnung weiter eine Schonzeit vorgesehen ist. Thomas Griese, grüner Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Umweltministerium, glaubt den Jägern nicht, dass es ihnen bei ihrer Kritik am neuen Jagdrecht tatsächlich vor allem um den Tierschutz geht. Es gehe doch wohl mehr um die Hirschgeweihe, vermutet die Landesregierung in Mainz. Denn sie will künftig auch sogenannte Güteklassen für männliche Rothirsche mit prächtigen Geweihen abschaffen, die bisher besonders geschont wurden, damit sie später als alte Hirsche schöne Jagdtrophäen lieferten, so Staatssekretär Thomas Griese:
"Der Ärger der Jäger rührt vor allem daher, dass wir die Trophäenjagd anders, als früher, nicht mehr zulassen. Das ist in der der Tat eine Veränderung. Aber da muss man auch sagen, die Trophäenjagd vergangener Jahre und Jahrzehnte ist auch antiquiert und hat keine Zukunftsberechtigung mehr."
Im Flur des rheinland-pfälzischen Landesjagdverbandes in Gensingen hängen tatsächlich noch einige Hirschgeweihe. Aber alte Rothirsche wolle man vor allem schützen, weil wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sie bei der jährlichen Fortpflanzung eine wichtige Rolle spielten, heißt es in einer Stellungnahme des Verbandes. Dies als "Trophäenjagd" abzuqualifizieren, sei schlicht unsinnig, so die Jäger.
Sie kritisieren die Landesregierung im nahen Mainz auch dafür, dass sie neben den Füchsen auch die eingewanderten Marderhunde oder die Waschbären schonen wolle, obwohl die doch gar nicht so harmlos seien, wie sie aussehen und etwa Vogelnester bedrohen – oder Weinreben.
Günther Klein vom Jagdverband ärgert sich aber vor allem darüber, dass weibliches Rehwild und Rehkitze künftig schon ab August gejagt werden dürfen und nicht wie bisher erst im Herbst:
"Eine Vorverlagerung der Jagdzeit auf Ricken und Kitze in den August hinein, das ist überaus fragwürdig und wildbiologisch absolut sinnlos. Weil die Ricken sind zu der Zeit in der Brunft, die Paarungszeit ist wirklich auf Touren. Die Ricken verstecken ihre Kitze im hohen Gras, vergnügen sich dann mit dem männlichen Rehwild, lassen sie schon längere Zeit alleine. Aber es sind dennoch abhängige Kitze, die sind abhängig von ihren Müttern. Und wenn da eine Ricke unterwegs ist, alleine mit dem Bock, und die wird dann geschossen, haben sie ein Waisenkind, das irgendwo auf einer Wiese auf seine Mutter wartet, die nicht mehr kommt. Das kann nicht tierschutzgerecht sein."
Staatssekretär Thomas Griese will auch dieses Argument der Jäger nicht so stehen lassen:
"Denen würde ich vor allem sagen, dass die Möglichkeit, ab 1. August zu jagen, ja nicht die Verpflichtung bedeutet, ab 1. August zu jagen. Und es entspricht der Sorgfalt des Jägers und da muss man die Jäger auch daran erinnern, das jeweils vorher genau zu prüfen. Und wenn man sich nicht sicher ist, den Abschuss zu unterlassen. Es ist ja keine Jagdpflicht, sondern es ist nur die Möglichkeit zu sagen, aber die muss verantwortungsvoll ausgeübt werden."
Das gelte auch für den Rothirsch. Der grüne Staatssekretär will sehr zum Ärger des Jagdverbandes, dass auch dieser in Rheinland-Pfalz künftig intensiv bejagt wird – ohne Rücksicht auf die Größe und Pracht seines Geweihs:
"Auch Hirsche richten Schäden an und die Population ist gerade beim Rotwild, jedenfalls, wenn man bestimmte Regionen anguckt, eindeutig zu hoch. Wenn man die Waldschäden betrachtet, ist es notwenig, sie zu reduzieren. Und da kann man nicht einseitig vorgehen und nur die weiblichen Tiere abschießen wollen und die männlichen Tiere schonen, nur weil man sich hinterher schöne Geweihe in die Wohnhalle hängen möchte. Und deswegen hat das keine Zukunftsberechtigung mehr."
Beitrag aus der Sendung "Deutschland Heute" im Deutschlandfunk vom 11.04.2013