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Hehres Ziel mit Problemen

Tierschutz. – Mit überwältigender Mehrheit hat der Bundestag heute für die Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel im Grundgesetz gestimmt. Wissenschaftler befürchten von der Verfassungsänderung eine Erschwerung der Tierversuche, die sie weiterhin als unverzichtbar ansehen.

    "Ein Großteil der wissenschaftlichen Gemeinde hat vor den möglichen negativen Folgen einer solchen Änderung gewarnt, weil befürchtet wird, dass dadurch wichtige Forschungsvorhaben wesentlich verzögert werden können", erklärt Professor Heiner Niemann, Leiter des Instituts für Tierzucht und Tierverhalten in Mariensee. Noch ist allerdings offen, welche Folgen die beschlossene Änderung des Artikels 20a hat. Darin wird der Staat verpflichtet, "auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung". Genau von dieser Ausgestaltung durch Gesetz und Rechtsprechung hängt es nach Niemanns Einschätzung ab, ob und wie die Forschung behindert wird. "Da wird vielfach befürchtet, dass in langwierigen Rechtsstreit vor Gerichten die Dinge letztendlich geklärt werden müssen", so der Professor.

    Dabei sind nach Niemanns Angaben Tierversuche nach wie vor unverzichtbar für die Forschung. "Ich glaube, dass sie heute in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle wirklich notwendig sind, es gibt eine Reihe von Gründen, warum die Versuche in vielen Bereichen einfach unverzichtbar sind", meinte Niemann. In vielen Fällen seien überflüssige Tierversuche aufgrund der zurückliegenden Diskussion abgeschafft worden. Die oft diskutierten Ersatzmethoden sind in vielen Fällen nicht ausgereift oder nicht aussagekräftig genug. Dennoch wird sich kurzfristig wohl nichts für die derzeitige Forschung ändern. "Wir müssen erst einmal abwarten, was passiert und wie das im Einzelnen ausgeführt wird. Ich glaube, es ist noch etwas früh, dass jetzt schon zu beurteilen", betont der Naturwissenschaftler. Denn bereits jetzt müssen die Tierversuche zahlreichen gesetzlichen Auflagen genügen und von verschiedenen Aufsichtsgremien genehmigt werden. Daher ist Niemann erst einmal ruhig: "Es gibt zur Zeit überhaupt keine Veranlassung, plötzlich in Panik zu verfallen."

    [Quelle: Gerd Pasch]