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Heidelberg mobil

Kaum ein Informationsportal ist für die kleinen Bildschirme und die Minimaltatstaturen von Handys und Taschencomputern ausgelegt. Das gilt auch für die vielen Stadt-Informationsportale, die sich vor allem an Touristen richten. In Heidelberg wurde diese Woche "Heidelberg mobil" gestartet. Die Universitätsstadt am Neckar ist nun flächendeckend mit mobilen Informationsdiensten versorgt.

Von Pia Grund-Ludwig |
    Heidelberg auf dem Kornmarkt, mitten in der Altstadt, einen Tag vor Nikolaus. Scheppernde Lautsprecher eines Kinderkarusells spielen Weihnachtslieder. Es ist zwar warm wie an Ostern, aber Düfte von Bratapfel und Lebkuchen lassen wenigstens ein bisschen weihnachtliche Gefühle aufkommen. Aber nicht nur die Romantiker, auch echte Hightech-Fans kommen hier in Heidelberg auf ihre Kosten. Sie müssen nicht mehr nur der Nase nachgehen, wenn sie einen Glühweinstand suchen, sondern Handy oder PDA zücken und sich navigieren lassen. Einen Tag vor dem Nikolaustag ist nämlich Heidelberg mobil gestartet, ein Stadtportal, dessen Inhalte von Handys oder PDAs aus mit einem Funknetz abrufbar ist. Es enthält nicht nur die Informationen über Geschäften oder Kultureinrichtungen, sondern eben auch von zeitlich begrenzten Aktionen wie dem Heidelberger Weihnachtsmarkt. Das Design stammt vom European Media Laboratory EML. Dessen Mitarbeiter Wotan von Klass erklärt die Navigation:

    " Zum Beispiel kann ich mir in dieser Sicht den Weihnachtsmarkt anzeigen lassen und zum Beispiel sagen, ich möchte Attraktionen für Kinder sehen. Dann dauert das einen Moment und dann sollte die Karte öffnen. Jetzt haben wir die Karte und sehen zum Beispiel Attraktionen für Kinder, die für Kinder interessant sind auf der Karte markiert. Wir sehen hier zum Beispiel ein Karussell oder ein Nikolaushaus. Dann können wir draufklicken und es uns hier auf der Karte anzeigen lassen."

    Der besondere Reiz dabei: Die Informationen werden dem jeweiligen Standpunkt angepasst. Wenn ich also am Bahnhof bin, erkennt das System dies und blendet dazu passende Informationen und Kartenausschnitte ein. Basis für die Lokalisierung sind die Funkzellen des drahtlosen Netzes. Die Betreiber erkennen anhand dieser Funkzelle, wo der Anrufer sich befindet. Und noch ein wichtiges Element: Die Informationen sind den jeweiligen Endgeräten angepasst, so Professor Andreas Reuteer, Chef des EML:

    " Unser Prinzip ist es, dass wir die gleiche Information , die inhaltlich gleiche Information jeweils so anpassen, dass die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen des jeweiligen Endgeräts beachtet beziehungsweise genutzt werden können."

    Das bedeutet, dass die Information so angezeigt wird, dass sie auf dem jeweiligen Display, und mit den vorhandenen Eingabemöglichkeiten optimal genutzt werden kann. So erhält jemand, der mit dem Handy surft eine andere Oberfläche gezeigt als ein Benutzer mit einem PDA mit größerem Display. Dazu ziehen die Betreiber die Daten zunächst auf ihren eigenen Rechner und bereiten sie dort auf. Durch diese Aufbereitung müssen die Endgeräte keine Spezialsoftware haben , sie brauchen nur Zugang zum WLAN. Auch dem Inhalt der Anfrage wird die Ansicht angepasst, um die Bildschirme nicht zu überfrachten. So werden in der Karte, die das System den Touristen für einen Stadtrundgang zeigt, die Informationen zum Nahverkehr ausgeblendet. Erst wenn die Benutzer fragen, wo die nächste Bus- oder S-Bahnstation ist wird diese Ebene ebenfalls gezeigt. Doch die Heidelberger wollen nicht nur trockene Informationen liefern. Sie haben auch eine Art Hörspiel integriert:

    " Seien Sie mir willkommen, lieber Gast in Heidelberg. Vielleicht haben Sie schon von mir gehört, Lieselotte von der Pfalz werde ich genannt."

    Lieselotte wird begleitet von Perkeo. Das ist eine historische Figur, ein Narr, der das riesige Weinfass im Keller des Heidelberger Schlosses bewacht. Sie kommentieren die Sehenswürdigkeiten. Auch bei diesem Rundgang werden die Standortinformationen aus dem Funknetz genutzt, um die jeweils passenden Sequenzen zu spielen.

    Bislang läuft das ganze noch im Probebetrieb. Deshalb ist sowohl die Benutzung des drahtlosen Netzes als auch der Zugriff auf die Informationen kostenlos. Mit dem Übergang in den Normalbetrieb wollen die Betreiber ihre Kunden aber zur Kasse bitten. Andreas Reuter kann sich verschiedene Bezahlmodelle vorstellen:

    " Das eine ist die ganz einfache Flatrate, man zahlt eine Einmalgebühr, die dann pro Tag oder was auch immer Sinn macht, bemessen wird. In Heidelberg wäre das wahrscheinlich eine Gebühr pro Tag, denn die meisten Besucher von Heidelberg bleiben ein bis zwei Tage. Die zweite Möglichkeit ist die Werbefinanzierung. Die dritte Möglichkeit, und dafür ist das System schon eingerichtet, ist die Gebührenerhebung für einzelne Dienste."

    Die Heidelberger sind sicher, dass sich bald Nachahmer ihres Projekts finden. Die Voraussetzungen sind in erster Linie ein verfügbares Funknetz und aufbereitete Informationen. Zunächst einmal muss gewährleistet sein, dass es genügend Funkzellen für WLAN-Verbindungen gibt. Die nächste Frage ist dann, wie viel an Inhalten über die Stadt liegt schon in digital aufbereiteter Form vor, wie viel historische Information ist da, wie viele Bilder sind digitalisiert.