Danny ist wieder da, in Essex bei London, im sogenannten Motortown, wo einst die Fordwerke Arbeit boten. Wirklich zurück aber ist er nicht, denn er ist ein anderer geworden durch seinen Einsatz im Irak. Der 25-jährige Ex-Soldat hat in Basra Folterungen, Vergewaltigungen und allgemeine menschliche und moralische Verwahrlosung erlebt. Die Erinnerungen daran kann er weder vergessen noch verarbeiten, und die Gesellschaft, in die er zurückkehrt, vermag er nur noch durch den Schleier seiner schlimmen Erinnerungen wahrzunehmen.
Im Irak wurde Danny von seinen Kameraden als Weichei beschimpft, weil er sich nie an Übergriffen beteiligte. In der Heimat vermag er sich nicht mehr gegen die Bilder und Empfindungen des Erlebten zu wehren und erlebt auch deshalb die Gesellschaft, in die er zurückkehrt, als eine völlig verrottete. "Ich komme heim, und es ist ein völlig fremdes Land", sagt er. Was ihm bleibt, ist das antrainierte Soldatische: sind Aggressivität und Egoismus.
Simon Stephens viel gespieltes Stück "Motortown" wurde angeregt von der Geschichte eines englischen Soldaten, der nach seiner Heimkehr Folterfotos in einer Drogerie zur Entwicklung gab und mit deren Bekanntwerden öffentliche Empörung auslöste. Sein Stück sei von Georg Büchners "Woyzeck" und von Martin Scorseses "Taxi Driver" beeinflusst, hat der 36-jährige englische Dramatiker immer wieder hervorgehoben; was weniger mit der Form seines Stückes als mit der Haltung und sprachlosen Hilflosigkeit seiner Figuren zu tun hat. Denn Danny ist ein zerstörter, in seinen Hoffnungen zerschlagener, suchender junger Mann. In der allerersten Szene offenbart er, während er stark und cool zu sein behauptet, im Gespräch mit seinem autistischen Bruder mit hilfloser Ziellosigkeit seinen sprachlosen Liebeswunsch. Danny ist ein Opfer, das aus Hilflosigkeit zum Täter wird. Weil die ehemalige Freundin nichts mehr von ihm wissen will, er es aber nicht fertig bringt, sie zu töten, tötet er ein junges, vierzehnjähriges Mädchen, geht also aus Hilflosigkeit gegen eine noch Schwächere vor.
Stephens formte keine Charaktere, sondern schuf Situationen, in denen sich die Figuren offenbaren. "Motortown" ist ein konzentriertes Redestück ohne größere szenische Aktion, das vor über einem Jahr bei seiner deutschsprachigen Erstaufführung in Zürich wunderbar zurückhaltend und nüchtern gegeben wurde, fast wie ein Lehrstück, und damit gesellschaftliche Verhaltensmuster und Strukturen offen legte.
Andrea Breth aber zeigt sich in ihrer Inszenierung am Wiener Akademietheater als die große Erklärerin des deutschsprachigen Theaters: Sie malt alle Figuren mit psychologischem Realismus aus. Während der Autor seine Figuren einfach "setzt", erklärt die Regisseurin, die erstmals seit ihrer langen Krankheit wieder ein Schauspiel inszenierte, ihre Figuren mit vielen realistischen Haltungs- und Spieldetails.
In einem Einheitsbühnenbild, bei dem in Annette Murschetz’ offenem Bühnenraum zwischen frisch gestrichenen Wänden auf sandigem, vermülltem Boden alte Reifen und Bierkisten herumstehen, fügen sich die einzelnen, nur durch schnelle Blenden, durch heftige Musik und kurze Blacks getrennten Szenen in ruhigem Rhythmus aneinander.
Nicolas Ofczarek steht als Danny stets unter innerem Überdruck. Er springt aus einer verdrucksten Körperhaltung in ausfahrende Kraftgesten, spielt eine Figur, die sich aus innerer Unsicherheit in äußerliche Kräftigkeit aufpustet. Seiner scheinbar realistischen Figur sieht man allerdings ihre Künstlichkeit in jedem Augenblick an. Weil sie jede Figurenhaltung unbedingt erklären will, verrennt sich die Regisseurin mit ihren Darstellern zwischen absichtsvollem Realismus und kunstfertiger Künstlichkeit in eine merkwürdige Undeutlichkeit.
Schauspielerisch gibt es dennoch Kabinettstückchen zu sehen: Wolfgang Michael spielt den Waffenhändler, der über eine zerstörte, nur als reine Konstruktion existierende Welt philosophiert, mit kratziger Stimme und überdeutlicher Theatermimik als eine skurrile Figur, während Markus Meyer Dannys behinderten Bruder mit Zauselbart, Brille und schlechten Zähnen als komische Figur entwickelt. Wunderbar das bürgerliche Swingerpaar, das mit seinem Angebot an Danny demonstriert, wie Menschen der Mittelschicht eine andere soziale Schicht einfach nur konsumieren wollen. Eine Szene, mit der der Autor auch kritisch auf die Funktionsweise seines Stückes anspielt. Wie Udo Samel als der tolerante Mann völlig zufrieden in seiner Körperlichkeit ruht und wie Andrea Clausen dagegen die Gier seiner Frau schrill ausspielt, das sind Glanzpunkte einer Inszenierung, die insgesamt in ihrer biederen Kunstfertigkeit Simon Stephens' Stück nicht gerecht wird.
Im Irak wurde Danny von seinen Kameraden als Weichei beschimpft, weil er sich nie an Übergriffen beteiligte. In der Heimat vermag er sich nicht mehr gegen die Bilder und Empfindungen des Erlebten zu wehren und erlebt auch deshalb die Gesellschaft, in die er zurückkehrt, als eine völlig verrottete. "Ich komme heim, und es ist ein völlig fremdes Land", sagt er. Was ihm bleibt, ist das antrainierte Soldatische: sind Aggressivität und Egoismus.
Simon Stephens viel gespieltes Stück "Motortown" wurde angeregt von der Geschichte eines englischen Soldaten, der nach seiner Heimkehr Folterfotos in einer Drogerie zur Entwicklung gab und mit deren Bekanntwerden öffentliche Empörung auslöste. Sein Stück sei von Georg Büchners "Woyzeck" und von Martin Scorseses "Taxi Driver" beeinflusst, hat der 36-jährige englische Dramatiker immer wieder hervorgehoben; was weniger mit der Form seines Stückes als mit der Haltung und sprachlosen Hilflosigkeit seiner Figuren zu tun hat. Denn Danny ist ein zerstörter, in seinen Hoffnungen zerschlagener, suchender junger Mann. In der allerersten Szene offenbart er, während er stark und cool zu sein behauptet, im Gespräch mit seinem autistischen Bruder mit hilfloser Ziellosigkeit seinen sprachlosen Liebeswunsch. Danny ist ein Opfer, das aus Hilflosigkeit zum Täter wird. Weil die ehemalige Freundin nichts mehr von ihm wissen will, er es aber nicht fertig bringt, sie zu töten, tötet er ein junges, vierzehnjähriges Mädchen, geht also aus Hilflosigkeit gegen eine noch Schwächere vor.
Stephens formte keine Charaktere, sondern schuf Situationen, in denen sich die Figuren offenbaren. "Motortown" ist ein konzentriertes Redestück ohne größere szenische Aktion, das vor über einem Jahr bei seiner deutschsprachigen Erstaufführung in Zürich wunderbar zurückhaltend und nüchtern gegeben wurde, fast wie ein Lehrstück, und damit gesellschaftliche Verhaltensmuster und Strukturen offen legte.
Andrea Breth aber zeigt sich in ihrer Inszenierung am Wiener Akademietheater als die große Erklärerin des deutschsprachigen Theaters: Sie malt alle Figuren mit psychologischem Realismus aus. Während der Autor seine Figuren einfach "setzt", erklärt die Regisseurin, die erstmals seit ihrer langen Krankheit wieder ein Schauspiel inszenierte, ihre Figuren mit vielen realistischen Haltungs- und Spieldetails.
In einem Einheitsbühnenbild, bei dem in Annette Murschetz’ offenem Bühnenraum zwischen frisch gestrichenen Wänden auf sandigem, vermülltem Boden alte Reifen und Bierkisten herumstehen, fügen sich die einzelnen, nur durch schnelle Blenden, durch heftige Musik und kurze Blacks getrennten Szenen in ruhigem Rhythmus aneinander.
Nicolas Ofczarek steht als Danny stets unter innerem Überdruck. Er springt aus einer verdrucksten Körperhaltung in ausfahrende Kraftgesten, spielt eine Figur, die sich aus innerer Unsicherheit in äußerliche Kräftigkeit aufpustet. Seiner scheinbar realistischen Figur sieht man allerdings ihre Künstlichkeit in jedem Augenblick an. Weil sie jede Figurenhaltung unbedingt erklären will, verrennt sich die Regisseurin mit ihren Darstellern zwischen absichtsvollem Realismus und kunstfertiger Künstlichkeit in eine merkwürdige Undeutlichkeit.
Schauspielerisch gibt es dennoch Kabinettstückchen zu sehen: Wolfgang Michael spielt den Waffenhändler, der über eine zerstörte, nur als reine Konstruktion existierende Welt philosophiert, mit kratziger Stimme und überdeutlicher Theatermimik als eine skurrile Figur, während Markus Meyer Dannys behinderten Bruder mit Zauselbart, Brille und schlechten Zähnen als komische Figur entwickelt. Wunderbar das bürgerliche Swingerpaar, das mit seinem Angebot an Danny demonstriert, wie Menschen der Mittelschicht eine andere soziale Schicht einfach nur konsumieren wollen. Eine Szene, mit der der Autor auch kritisch auf die Funktionsweise seines Stückes anspielt. Wie Udo Samel als der tolerante Mann völlig zufrieden in seiner Körperlichkeit ruht und wie Andrea Clausen dagegen die Gier seiner Frau schrill ausspielt, das sind Glanzpunkte einer Inszenierung, die insgesamt in ihrer biederen Kunstfertigkeit Simon Stephens' Stück nicht gerecht wird.