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Heinrich-Heine-Preis: CDU-Politiker fordert neues Verfahren

Nach dem Streit um die Zuerkennung des Heinrich-Heine-Preises an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke fordert der CDU-Politiker und Bürgermeister der Stadt Düsseldorf, Dirk Elbers, die Auflösung der Jury und eine Statutenänderung. Der Einfluss der Politik müsse gestärkt werden, verlangte Elbers. Seiner Meinung nach werde es in diesem Jahr keine Preisverleihung geben. Dies sei in dem vorhandenen Zeitrahmen nicht mehr zu bewerkstelligen.

    Michael Köhler: Der Dichter, die Stadt und der Preis. Wir können ein weiteres, vorläufig endgültiges Kapitel in der Sache Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf an den Schriftsteller Peter Handke aufschlagen, denn - es wird ihn nicht geben, den Preis.

    Nun sah das schon nach einer reumütigen Besänftigung aus, was heute vom österreichischen Schriftsteller Peter Handke in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu lesen war. Er habe Verbrechen oder Massaker in den Jugoslawien-Kriegen nicht geleugnet, verharmlost oder gebilligt. Doch seine mehrfach demonstrierte Nähe zum serbischen Diktator Slobodan Milosevic hat inzwischen so hohe Wellen geschlagen, dass der Heine-Preis der Stadt Düsseldorf, der Handke zuerkannt werden sollte, nun nicht stattfindet, vom Rat der Stadt nicht gebilligt oder abgenickt wird. Die Absicht hatte ja starke Kritik hervorgerufen. Ich habe Bürgermeister Dirk Elbers, Fraktionschef der CDU, im Düsseldorfer Rat gefragt, was sie denn gestern beschlossen haben.

    Dirk Elbers: Wir haben über das Thema Heine-Preis, über Peter Handke gesprochen und die Gesamtfraktion ist zu dem Ergebnis gekommen, dass unter den gegebenen Umständen eine Verleihung des Heine-Preises nicht zu rechtfertigen ist.

    Köhler: Herr Elbers, haben Sie unter öffentlichem Druck gewissermaßen die Notbremse gezogen oder sind Sie ihrem Parteifreund, sogar dem Oberbürgermeister, ein Stück weit in den Rücken gefallen?

    Elbers: Also, ich glaube nicht, dass ich dem Oberbürgermeister in den Rücken gefallen bin. Der Oberbürgermeister war Mitglied der Jury, genau so wie ich Mitglied der Jury war, und es gibt einen erheblichen öffentlichen Druck, das ist richtig, das macht es auch schwer, überhaupt sachlich noch zu argumentieren, weil ich glaube, dass man das auch nicht mehr überbringen kann, letztendlich nach Würdigung aber aller Seiten haben wir es für richtig erachtet gestern abend zu sagen, auch die CDU-Fraktion wird im Rat nicht zustimmen.

    Köhler: Wird der Heine-Preis im Jahr 2006 vergeben oder fällt er aus?

    Elbers: Das ist nicht meine Entscheidung, das zu tun, das wird man besprechen müssen. Ich persönlich gehe davon aus, dass in diesem Jahr kein Heine-Preis verliehen wird, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass man jetzt das Verfahren noch mal aufrollen kann und eine wirklich geeignete Persönlichkeit ansprechen kann. Das wäre dann noch mal unwürdig für den ansonsten ja nun wirklich tollen Preis. Also ich gehe wirklich davon aus, dass man über das Verfahren neu reden muss, über eine Juryzusammensetzung neu reden muss, über eine Satzungsänderung mal reden muss, die veraltet ist, dass man über das ganz Verfahren spricht und dann schaut, dass man vielleicht in 2007 wieder zu einem vernünftigen Verfahren zurückfindet.

    Köhler: Es hatte Kritik an der Kompetenz und Zusammensetzung gegeben. Sie haben das gerade wiederholt und bestätigt. Gewisser politische Schaden ist entstanden, kulturpolitischer, wird das Ihrer Meinung nach vielleicht sogar auch kommunalpolitische Konsequenzen haben, es hat sich beispielsweise der Rektor der, immerhin Heinrich Heine Universität hatte sich für Handke ausgesprochen, wenn ich das richtig weiß, der Kulturdezernent der neue, war nicht gut beraten, werden die zu halten sein?

    Elbers: Ich denke, ja, also ich kann mir nicht vorstellen, dass das derartige Auswirklungen haben kann. Deshalb habe ich eingangs gesagt, man kann sicherlich auch argumentieren dafür zu sein, Peter Handke diesen Preis zu geben, das würde ich nicht verteufeln. Also es heißt nicht, wenn man dafür ist, das man dann nicht tragfähig ist als Kulturdezernent ...

    Köhler: ... aber Herr Elbers, am Rande der Trauerfeier für Paul Spiegel hat der Ministerpräsident Rüttgers des Landes Nordrhein-Westfalen sehr deutliche Worte in dieser Sache gefunden, also da hat es schon mächtig gerumpelt, nicht wahr.

    Elbers: Also, ob es gerumpelt hat, weiß ich nicht. Die Mehrheit scheint so, die Öffentlichkeit ja auch dagegen zu sein. So auch der Ministerpräsident, ich bin dabei gewesen, als der Ministerpräsident das gesagt hat. Ich habe das zur Kenntnis genommen, aber das ist [doch] seine Meinung, die sicherlich nicht verkehrt ist, ob sie geeignet war, an dieser Stele zu sagen, ist noch eine zweite Frage.

    Köhler: War die Jury glücklich beraten, dass der bislang eigentlich untadelige, früher jedenfalls untadelige Kulturdezernent Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff der entscheidenden Sitzung fern geblieben ist und im Grunde das hätte schon verhindern können, zu einem viel früheren Zeitpunkt?

    Elbers: Also ich kann dazu nichts sagen, wenn Grosse-Brockhoff nicht teilnimmt. Er hat ja wohl, wie ich erfahren habe, sehr bewusst nicht teilgenommen, wofür ich überhaupt kein Verständnis habe, wegen irgendwelcher Auseinandersetzungen persönlicher Natur mit dem Oberbürgermeister der Jury fern zu bleiben, dafür fehlt mir das Verständnis. Also er hätte sicherlich Positives dort bewirken können, aber wenn er nicht gewollt hat, kann ich das nicht ändern.

    Köhler: Ein letztes, Herr Bürgermeister Elbers, was wünschen Sie sich für die Zukunft, damit der Preis weiterhin etwas geräuscharmer, reibungsloser und auf so hohem Niveau weiter vergeben wird. Ich erinnere nur mal nebenbei, er ist vergeben worden an Richard von Weizsäcker, an Wolf Biermann, an Siegfried Lenz, an Robert Gernhardt letztes Jahr. Die Heine-Vorlesungen sind immer ein großes gesellschaftliches Ereignis. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

    Elbers: Der Heine-Preis ist ein Preis, über den man sich freuen kann, der hoch dotiert ist, noch mal verdoppelt worden ist mit 50.000 Euro, auch um zu dokumentieren, ...

    Köhler: ... das bleibt auch?

    Elbers: ... würde ich mir wünschen ... wie wichtig dieser Preis ist. Und ich sage nochmals, es ist ein Preis der Freude, der angemessen verleihen werden muss, an geeignete Persönlichkeiten, das ist mein Wunsch für die Zukunft. Deshalb hoffe ich sehr, dass wir eine Jury finden, eine Zusammensetzung in Zukunft, wo auch die Politik eine größere Rolle spielt. Das ist meine Erfahrung, dass es nichts nützt, geeignete Fachleute reinzusetzen mit einer Doppelstimme und dann die Politik relativ raus lässt. Letztendlich die Politik im Rat aber zu entscheiden hat, ja oder nein. Das scheint nicht mehr zu funktionieren. Deshalb wird man sich auch Gedanken machen müssen, inwieweit dann die Politik mehr einbezogen wird und es dann mehr eine politische Entscheidung wird.

    Köhler: Ich fasse Sie richtig zusammen, Sie setzen sich ein für eine gleichgewichtige Stimmenverteilung in der Jury und die Konsequenz muss doch sein, dass die alte Jury aufgelöst wird.

    Elbers: Ja.

    Köhler: Kurze klare Antwort. Bürgermeister Dirk Elbers zur nicht stattfindenden Verleihung des Heine-Preises der Stadt Düsseldorf an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke.