Bereits die venezianischen Meister Andrea und Giovanni Gabrieli waren sich der Sinnlichkeit des flutenden Raumklanges bewußt, als sie ihre mehrchörigen Komposition gezielt den architektonischen Gegebenheiten des Markusdoms anpaßten. Auch der römische Kolossalstil des 17.Jahrhunderts brachte gigantische Chorwerke mit bis zu 48 Stimmen hervor. Bibers "Missa Salisburgensis" weitet den Apparat der Stimmen und Instrumente ins Gigantische aus. 16 Vokal und 35 Instrumentalstimmen, 2 Orgeln und Basso continuo werden zusammengeführt, bilden Chöre, entwickeln ein polyphones Geflecht und entfalten ein barockes Konzert von Solostimmen. Den beiden vokalen Hauptchören stehen Gruppen von je zwei Violinen und vier Violen gegenüber, dem Chor aus Blockflöten und Oboen ist ein Ensemble aus zwei Zinken und drei Posaunen zugeordnet. Die Trompeter sind in zwei Gruppen zu je vier Instrumenten und Pauken aufgeteilt. Sie leiten das "Benedictus" mit einer stahlenden Fanfare ein. * Musikbeispiel: Heinrich Ignaz Franz Biber - aus: Missa salisburgensis, Benedictus qui venit "Benedictus, qui venit" aus der "Missa salisburgensis" von Heinrich Ignaz Franz Biber. Es musizierten Mitglieder von Musica Antiqua Köln und des Ensembles Gabrieli Consort & Players unter Paul McCreesh. Die Leistungen der in dieser Aufnahme mitwirkenden Sänger und Instrumentalisten entspricht höchstem Standard. Der natürliche Hall des Kirchenraumes wurde entsprechend der räumlich-perspektivischen Dimension des Werkes annähernd realistisch abgebildet. Über die Lautsprecher sind die einzelnen Vokal- und Instrumentalchöre in ihrer räumlichen Relation zueinander ortbar.
Diese Neuproduktion aus der Archivreihe der Deutschen Grammophon macht außerdem mit drei Kirchensonaten Bibers bekannt, die wegen ihrer erheblichen spieltechnischen Anforderungen berühmt und gefürchtet waren. Darunter die mit acht Trompeten und Pauken besetzte "Sonata Sancti Polycarpi", die an den frühchristlichen Märtyrer Polycarp von Smyrna erinnert. * Musikbeispiel: Heinrich Ignaz Franz Biber - aus: Sonata Sancti Polycarpi Die Neue Platte. In unserer heutigen Sendung brachten wir Ausschnitte aus der "Missa salisburgensis", die nach neuesten musikwissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Feder von Heinrich Ignaz Franz Biber stammt. Das Werk ist in einer Aufnahme mit Musica Antiqua Köln unter Reinhard Goebel und dem Ensemble Gabrieli Consort & Players unter Paul McCreesh in der Reihe Archivproduktion der Deutschen Grammophon erschienen. Außerdem hörten Sie zum Schluß Bibers "Sonata Sancti Polycarpi", die zusammen mit zwei weiteren Kirchensonaten des Komponisten auf derselben CD zu hören ist.
Am Mikrophon verabschiedet sich Norbert Hornig.