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Heiraten im Hörsaal

Viele Ehepaare haben sich im Studium kennengelernt: Die Hochschule ist offenbar auch ein großer Heiratsmarkt. Warum also nicht gleich im Hörsaal heiraten? An der Uni Hannover ist das möglich.

Von Lukas Sander | 31.07.2009
    Neonlicht - grau-blaues PVC - schwarze Klappsitze in Reihen. Von der hohen Decke hängt ein Videobeamer, neben der Tür: eine überdimensionale Bahnhofsuhr. Die große Tafel ist vollgeschrieben mit mathematischen Formeln. Ein typischer Hörsaal an der Universität Hannover heute Morgen.

    "Agnes, könnt Ihr die Tafel noch eben sauber machen?"

    Monika Wegener von der Uni Hannover hat heute alles organisiert. Sie stellt noch schnell ein Gesteck aus roten Rosen auf den Tisch vor der Tafel - fertig ist das Trauzimmer.

    "Es soll ein Hörsaal sein, der soll auch ein Hörsaalambiente haben, wir haben bisschen Blumenschmuck gemacht und ansonsten soll es ein authentisches Ambiente sein und sich wie früher anfühlen."

    Eine halbe Stunde später geben sich vor der eilig geputzten Tafel zwei Menschen das Jawort - und die Hochzeitsgesellschaft - ist begeistert: Immerhin 60 Gäste sind gekommen.

    "Das Brautpaar sind Ralf Rokita und Bente von der Heide. Sieh führen jetzt den Nachnamen der Braut."

    "Super. Hat Spaß gebracht.
    War sehr lustig.
    Dass so viele Leute da waren, war schön.
    Und die Stimmung einfach. Es ist was ganz anderes als im Standesamt / war sehr schön."

    Die beiden sind die Ersten, die in einem Unihörsaal geheiratet haben. Dazu gekommen sind sie nur durch Zufall. Auf dem Standesamt fragten sie nach den verschiedenen Orten, an denen man heiraten kann. Neu im Angebot hatten die Standesbeamten - den Hörsaal, sagt der Bräutigam:

    "Eigentlich ist es auch eine ganz witzige Sache. Einfach mal was anderes. Dann nicht so steif wie im Standesamtsraum, sondern ein bisschen gelöster. Irgendwie passt Uni schon zu unserer Geschichte. Dann lass uns das mal machen."

    Die Eheleute sind Sprachtherapeuten. Sie hat in Potsdam studiert, er in Hannover. Kennen gelernt haben sie sich nach ihrem Studium - bei einer Tagung ihres Berufsverbandes. Ralf von der Heide hat über den Verband auch noch Verbindungen zu seinem alten Uniinstitut in Hannover. So wie er halten viele Ehemalige Kontakt zu ihrer Uni, sagt Monika Wegener, die die sogenannten Alumni betreut:

    "Das Studium ist irgendwann vorbei, aber die Studienzeit bleibt. Das ist ein Abschnitt im Leben, der geprägt hat, wo man Erfahrungen gemacht hat, in dem man seinen Beruf erlernt hat, Verbindungen geknüpft hat. Diesen Moment möchte man dann ein bisschen festhalten für den Rest seines Lebens."

    Und so bieten die Universitäten vieles, um die Alumni bei der Stange zu halten. In Hannover umfasst das Netzwerk 2000 Mitglieder. Wer sich meldet, wird aufgenommen, bekommt zweimal im Jahr ein Magazin. Und da die Ehemaligen verstreut in aller Welt leben, gründet das Alumnibüro der Uni gerade Regionalgruppen.

    "Dort gibt es Leute, die sitzen in Australien oder den USA oder Frankreich, und die möchten mit anderen Alumni in Kontakt kommen, Stammtische gründen, Aktivitäten unternehmen. Wir haben die Kontakte auf unseren Webseiten veröffentlicht, sodass man Kontakt aufnehmen und anrufen kann, und wir haben noch einiges in Planung."

    Im angelsächsischen Raum sind Angebote, die mehr auf Emotionalität abzielen, sehr viel verbreiteter. Danach will sich die Uni Hannover künftig stärker ausrichten. Die Nachfrage ist da. Für die "Hochzeit im Hörsaal" gibt es schon weitere Anfragen. Geheiratet werden kann dort aber nur in den Semesterferien. Denn sonst sitzen dort Studenten wie Patrick, Alexander und Jens - die sind gerade im Klausurenstress - ihnen fehlt offenbar noch der Abstand, um sich eine Hochzeit im Hörsaal vorstellen zu können:

    "Eigentlich nicht. Da verbindet man ja nicht so viel schöne Sachen mit.
    Da hat man ja nicht die besten Erinnerungen, weil es ja doch mehr Arbeit ist als Spaß.
    Kann man machen. Für mich wäre es nicht unbedingt was."

    Die Brauteltern sehen das zum Glück anders:

    "Mal wirklich was Besonderes. Im Hörsaal fand ich das toll. Sind begeistert von dieser Aktion."