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Heiß und schnell

Technik. - In Heidelberg diskutieren derzeit Wissenschaftler aus aller Welt über Verbrennungsabläufe und Verbrennungstechnik. Ein spannendes Thema dabei sind Vorgänge in Turbinen für überschallschnelle Flugzeuge und Raketen. Die Verbrennung läuft hier so schnell ab, dass die Flamme in der Turbine eigentlich sofort erlöschen müsste - tut sie aber nicht.

Von Mirko Smiljanic |
    Scramjets heißen die Triebwerke, äußerlich vergleichbar mit klassischen Strahltriebwerken von Flugzeugen. Sind die Supersonic Combustion Ramjets aber erst einmal in Aktion, werden die Unterschiede schnell deutlich: Mit brachialer Gewalt wird flüssiger Wasserstoff und Luft auf mehrfache Schallgeschwindigkeit beschleunigt, im Triebwerk verbrannt, um dann mit unvorstellbarem Lärm ins Freie zu gelangen. Der Arbeitsbereich von Scramjets liegt zwischen Mach 5 und Mach 15. Das Hauptproblem besteht dabei in der kurzen Verweilzeit der Luft im Triebwerk. Sie kann sich nur unzureichend mit dem Treibstoff durchmischen.

    "Wenn Sie einen Bunsenbrenner oder so etwas haben und Sie machen den an und pusten von einer Seite richtig stark dagegen, dann geht das Ding aus. Und ähnlich ist es bei der Überschallverbrennung. Sie müssen sich vorstellen, da kommt eine Strömung extrem schnell rein und eigentlich würde die die Flamme auspusten und jetzt ist die Frage, wie kriege ich das hin, dass es brennt,..."

    ...erläutert Professor Bernhard Weigand, Direktor des Instituts für Thermodynamik und Wärmetechnik an der Universität Stuttgart. Geforscht wird an mehreren Fronten. Zunächst einmal versuchen die Wissenschaftler, Luft und Brennstoff besser zu mischen. Dafür nutzen sie speziell geformten Injektoren, die dem Brennstoff einen Drall beziehungsweise eine Spiralbewegung verleiht.

    "Das führt dann dazu, dass man relativ gut den Brennstoff mischt und dann bekommt man ein zündfähiges Gemisch und dann beginnt es zu reagieren,..."

    ...und zwar auch deshalb, weil Treibstoff und Sauerstoff mehr Zeit haben, miteinander zu reagieren.

    "Normalerweise in den Brennkammern ist das ein Bruchteil einer Sekunde bis das durch ist, und wenn Sie sich jetzt vorstellen, dass so ein Teilchen, das da hinten raussaust, im Prinzip immer auf einer Spiral-Kreisbahn sich bewegt, dann haben sie vielleicht den zehnfachen Weg, bis das Teilchen draußen ist. Die Reaktionszeit ist dann deutlich größer und Sie können sauber verbrennen."

    Allerdings in einem Temperaturbereich, dem ungeschützt kein Material gewachsen wäre. Bei Volllast erhitzen sich die Wände stellenweise auf weit über 2.000 Grad Celsius. Also müssen die Triebwerkswände ständig gekühlt werden.

    "Sie können zum Beispiel Brennstoff nehmen, den Sie gekühlt mitführen und aus der Wand ausblasen, oder die Wand von hinten kühlen. Und nun versucht man, das System so unaufwändig wie möglich und funktional so sicher wie möglich zu gestalten, weil jedes System natürlich wieder einen gewissen Unsicherheitsfaktor, den es mit sich bringt, hat."

    Einfluss auf die Verbrennungsprozesse - erläutert Professor Bernd Kröplin, Direktor des Instituts für Statik und Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen der Universität Stuttgart weiter - hat zudem die Form der Brennkammer: Verstellbare Barrieren lenken den Luft-Brennstoff-Strom so, dass keine Hotspots entstehen, superheiße Stellen mit hoher Zerstörungskraft. Gleichzeitig testen die Forscher neue Materialien. Hochbelastbare Keramiken aus Siliziumkarbid zum Beispiel, in der Entwicklung sind aber auch neue metallische Werkstoffe,...

    "...die sehr oft darauf hinauslaufen, die Materialien durch Fasern oder Partikel zu verstärken, um auf diese Weise Blockierungsmechanismen einzubauen und um auf diese Weise auch Mechanismen einzubauen, die die Beweglichkeit der molekularen Teilchen und der atomaren Teilchen behindert und so höhere Festigkeiten hervorzubringen."

    Im Gespräch sind zudem Nanostrukturen in den Metallen, die Gewicht und Festigkeit um den Faktor zehn verbessern. Würden dann noch die Wände mit einer Schutzschicht versehen, wäre das Triebwerk perfekt - fast zumindest.

    "Das Problem bei diesen Schutzschichten ist, dass sie meistens steifer sind als die unterliegende Wandstruktur, die dann zum Beispiel aus Keramik besteht. Dann gibt es durch diese hohe Hitze verschiedene Ausdehnungskoeffizienten, dann gibt es Risse, dann gibt es Abplatzungen dieser Schutzschicht,..."

    ...was beim Einsatz eines Scramjets natürlich katastrophal wäre, immerhin sollen sie Flugzeuge und Raketen mal auf Mach 15 beschleunigen.