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Heiße Endphase in Stammzelldisput

Forschungspolitik. - Ohne viel Aufhebens und lange Diskussionen wurde in Deutschland seit Jahren Stammzellforschung finanziert und betrieben. Erst als Wissenschaftler für ihre Projekte auch menschliche Embryonalzellen benötigten und auch aus dem Ausland erhalten konnten, gerieten sie angesichts der folgenden öffentlichen Diskussion in einen Erklärungsnotstand. In der kommenden Woche wird sich auch der Bundestag erneut des Themas Stammzellforschung annehmen. Schon heute verdeutlichte das Bundesforschungsministerium in einem Hintergrundgespräch den Stand und die Perspektiven der umstrittenen Wissenschaft hierzulande.

    Eine gute Woche vor der entscheidenden Debatte im Bundestag um den Umgang mit Stammzellen beziehen Politiker langsam ihre Stellungen. Im Gegensatz dazu unterstreicht die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) inzwischen zum wiederholten Mal ihre Forderung nach der Zulassung der Importe von embryonalen Stammzellen zu Forschungszwecken. Heute wurde überdies bekannt, das der DFG neben dem öffentlich gut bekannten Antrag des Bonner Stammzellexperten Oliver Brüstle auch weitere ähnliche Anträge vorliegen. Sollte der Bundestag die Einfuhr hinnehmen, müsse dies möglichst noch vor der Sommerpause gesetzlich geregelt werden, fordert der parlamentarische Staatssekretär im Forschungsministerium, Wolf-Michael Catenhusen.

    Ein Großteil der Abgeordneten ist offenbar - mit mehr oder minder starken Einschränkungen - inzwischen für die Stammzellforschung in Deutschland und den damit verbundenen Import der embryonalen Zellen. Die Bundesjustizministerin gehört dagegen zu jener Gruppe, die sich strikt gegen eine solche Einfuhr stellt. So unterstrich Herta Däubler-Gmelin am vergangenen Wochenende erneut ihre schweren ethischen Bedenken und erklärte, die Wissenschaft besitze keine überzeugende Argumente für die Erlaubnis eines Stammzellimports. Bärbel Friedrich, Vizepräsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, vermag ihrerseits nicht, der Argumentation der Bundesjustizministerin zu folgen: "Aus den pluripotenten Zellen, die eingeführt werden sollen, kann kein vollständiger Embryo entstehen. Daher sehe ich auch keinen Unterschied zur bisherigen Einfuhr von anderen Zelllinien." Auch könne keine Rede davon sein, ganze Embryonen für die deutsche Forschung zu importieren. Insgesamt sei die Einfuhr der Stammzellen naturwissenschaftlich wie juristisch unbedenklich, so Friedrich.

    Wolf-Michael Catenhusen gehört zu den Initiatoren eines Antrags aus den Reihen der SPD, der sich für einen Import unter engen Auflagen mit einer Stichtagsregelung ausspricht. Damit soll verhindert werden, dass weitere Embryonen extra zu Forschungszwecken produziert werden. Die DFG ist jedoch skeptisch, ob ein Stichtag helfen würde. Es könnte zu einem Fiasko kommen, warnte Bärbel Friedrich, falls sich die bis zum Stichtag hergestellten Zelllinien als unbrauchbar erwiesen. Auch wies die Wissenschaftlerin darauf hin, dass die Stammzellforschung hierzulande seit Ende der 90er Jahre massiv gefördert werde und es daher bei der Debatte nicht um einen völlig neuen Sachverhalt, sondern lediglich um die Fortschreibung der bisherigen Forschung auch auf embryonale Stammzellen.

    [Quelle: Christiane Heuer]