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Heiße Öfen

Energie. - Sowohl Parabolrinnen- als auch Fresnel-Kollektoren fokussieren direkt einfallendes Sonnenlicht auf linienförmige Absorber, in denen eine Flüssigkeit erhitzt wird. Aber was wäre, wenn man stattdessen alle Strahlung an einem einzigen Punkt bündeln würde? Genau das ist das Prinzip von Solarturm-Kraftwerken.

Von Ralf Krauter | 10.08.2011
    Wer auf der Autobahn von Sevilla nach Cordoba fährt, könnte auf halber Strecke glauben, eine Vision zu haben. Inmitten von Sonnenblumenfeldern erhebt sich dort ein 140 Meter hoher Turm, dessen Spitze gleißend hell leuchtet. Gemasolar, so heißt das bislang weltweit größte Solarturmkraftwerk bei Fuentes de Andalucia. Im Mai speiste es erstmals Strom ins Netz. Kraftwerksdirektor Santiago Arias vom Unternehmen Torresol Energy überwacht derzeit den Übergang in den Regelbetrieb.

    "Das Solarfeld am Fuß des Turms besteht aus 2500 Heliostaten, mit je 110 Quadratmetern Spiegelfläche. 300 000 Quadratmeter Spiegel konzentrieren Sonnenlicht auf die Turmspitze."

    Die Heliostaten sind konzentrisch um den Turm verteilt. Ihre riesigen Spiegel ruhen auf massiven Pfeilern.

    "Alle 20 Sekunden korrigieren kleine Motoren die Ausrichtung der Spiegel um Bruchteile eines Grades. Diese Präzision ist nötig, weil die äußersten Spiegel fast einen Kilometer von der Turmspitze entfernt sind."

    "Dort oben wird es höllisch heiß. Um die Wärme abzutransportieren, leiten wir geschmolzenes Salz durch Tausende dünne Absorberrohre. Das erhitzte Salz speichern wir in großen Tanks, um damit Dampf für eine Turbine und damit Strom zu erzeugen. Und zwar dann, wenn er gebraucht wird – auch wenn die Sonne nicht scheint."

    Der 16 Meter hohe Absorberring an der Turmspitze besteht aus hitzebeständigen Spezialrohren. Im Fokus der Spiegel werden sie über 700 Grad heiß und leuchten so hell, dass sich Piloten, die zig Kilometer entfernt vorbei flogen, schon gewundert haben. Die Salzschmelze, die Rohre kühlt, besteht aus Kalium- und Natriumnitrat – und zwar in genau derselben Mischung wie in den Wärmespeichern der Parabolrinnenkraftwerke. Doch beim Solarturm wird das Salz viel stärker aufgeheizt – auf 565 Grad.

    Über einen Wärmetauscher am Fuß des Turms wird damit 550 Grad heißer Wasserdampf mit 100 Bar erzeugt: Optimale Bedingungen, für die 20-Megawatt-Turbine von Siemens, die in der Maschinenhalle läuft.

    "Unser entscheidender Vorteil ist: Wir arbeiten bei höheren Temperaturen als alle anderen Solarthermiekraftwerke. Und je höher die Temperatur, umso effizienter lässt sich Wärme in Strom verwandeln – das sind die Gesetze der Thermodynamik. Außerdem können wir durch die hohen Temperaturen auch unseren Salzspeicher effizienter nutzen. Wir haben 8000 Tonnen flüssiges Salz und können damit genug Wärme für 15 Stunden Volllastbetrieb bunkern."

    Das Turmkraftwerk ist damit so gut wie grundlastfähig – für Stromversorger ein wichtiges Argument. 110 Gigawattstunden pro Jahr soll Gemasolar produzieren, genug für 25.000 Haushalte. Den ersten Betriebserfahrungen zufolge könnte sogar mehr drin sein. Santiago Arias ist deshalb überzeugt: Den Solartürmen gehört die Zukunft.

    "Das hier ist das erste Solarturmkraftwerk dieser Größenordnung. Aber ich glaube, es wird bald schon Dutzende davon geben. Auch andere Firmen sind in den Startlöchern. Wir, von Torresol Energy, haben Pläne für deutlich größere Kraftwerke in Spanien, Abu Dhabi und den USA."
    Selbst bei Solar Millennium, dem auf Parabolrinnen spezialisierten deutschen Konkurrenten, hat man den Charme der Turmtechnologie erkannt und lotet derzeit das Potenzial aus.

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