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Heiße Schwester

xPlanetologie. - Jeder sechste Stern in unserer Galaxie dürfte von einem Planeten umkreist werden, der etwa so groß ist wie die Erde. In "Nature" berichten zwei Astronomen-Gruppen jetzt von einem Planeten, der etwa die selbe Masse wie der unsere haben dürfte. Allerdings kreist er so dicht um seine Sonne, dass die Temperaturen kein Leben ermöglichen dürften.

Von Frank Grotelüschen | 31.10.2013
    700 Lichtjahre entfernt und ein wenig größer als die Erde. Das ist ein kurzer Steckbrief von Kepler 78b, einem fernen Planeten, den US-Astronomen in den Daten des Weltraumteleskops Kepler aufgespürt hatten. Das war im Mai, und an der Universität Genf wurde das Team um den Astronomen Francesco Pepe gleich hellhörig:

    "Als wir von dieser Entdeckung hörten, sagten wir uns: Perfekt! Mit unserem Teleskop auf den kanarischen Inseln haben wir das perfekte Instrument, um uns diesen Planeten genauer anzuschauen und seine Masse zu bestimmen."

    Haargenau dieselbe Idee hatte eine Arbeitsgruppe aus Hawaii. Dort steht das Keck-Teleskop, ebenso wie das Observatorium auf den Kanaren zählt es zu den besten der Welt. Während man mit Satelliten die Größe eines Exoplaneten messen kann, lässt sich mit den Bodenteleskopen die Masse bestimmen, sagt Andrew Howard von der Universität Hawaii. Das Prinzip:

    "Den Planeten selber können wir nicht sehen. Stattdessen beobachten wir die Bewegung seines Muttersterns. Denn wenn der Planeten um seinen Stern kreist, lässt er ihn durch seine Gravitation ein bisschen hin- und herwackeln. Und dieses Wackeln konnten wir mit unserem Teleskop nachweisen."

    Dabei gilt: Je stärker der Stern wackelt, umso schwerer muss der Planet sein, der ihn umkreist. Drei Monate lang nahmen die Forscherteams aus Genf und Hawaii den Exoplaneten Kepler 78b ins Visier. Nun präsentieren sie gleichzeitig ihre Ergebnisse:

    Howard: "1,7 times the mass of the earth."

    Pepe: "1,86 times the mass of the earth."

    Hawaii hat eine 1,7-fache Erdmasse gemessen, Genf eine 1,86-fache. Resultate, die im Rahmen der Messfehler nahezu übereinstimmen. Francesco Pepe:

    "Es ist das erste Mal, dass man sowohl den Radius als auch die Masse eines Planeten bestimmen konnte, der in etwa so groß ist wie die Erde. Und kombiniert man beide Werte miteinander, kommt heraus, dass Kepler 78b dieselbe Dichte besitzt wie unsere Erde. Daraus lässt sich dann ableiten, dass er eine ganz ähnliche Zusammensetzung haben muss – einen Kern aus Eisen und einen Mantel aus Felsgestein."

    Haben die Astronomen also eine zweite Erde aufgespürt – einen Zwilling, der unserem Planeten zum Verwechseln ähnelt? Nicht ganz, meint Andrew Howard aus Hawaii. Denn anders als die Erde braucht Kepler 78b zum Umkreisen seines Muttersterns nicht ein Jahr, sondern nur achteinhalb Stunden – kaum mehr also als ein durchschnittlicher Arbeitstag.

    "Der Planet ist zwar so groß wie die Erde und hat die gleiche Dichte. Aber er umkreist seinen Stern auf einer extrem engen Umlaufbahn und ist ihm 100 Mal näher als die Erde von der Sonne entfernt ist. Deshalb ist es dort viel zu heiß, als dass es Leben geben könnte."

    Bis zu 3000 Grad dürften auf der Oberfläche herrschen – so heiß, dass die Gesteinskruste geschmolzen ist zu einem Ozean aus glühender Lava. Eher eine Hölle also als ein zweiter Garten Eden. Doch die Forscher sind optimistisch, dass sie irgendwann auf bewohnbare Planeten stoßen – und zwar mit derselben Methodenkombination: Satellitenteleskope spüren ferne Exoplaneten auf und messen deren Radius. Dann schauen Bodenteleskope näher nach und bestimmen die Masse. Howard:

    "In den Daten von Kepler gibt es noch ein paar andere, äußerst vielversprechende Kandidaten. Und nach denen werden wir nun Ausschau halten."

    Deutlich größer aber dürften die Chancen auf die Entdeckung einer zweiten Erde werden, wenn im Jahr 2017 ein neues Weltraumteleskop namens Tess startet. Tess nämlich wird gezielt die Sterne in unserer Nachbarschaft ins Visier nehmen. Und damit sollten sich dann auch Planeten aufspüren lassen, die weiter von ihrem Mutterstern entfernt sind und auf denen es nicht zu heiß ist für die Entstehung von Leben.