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Heißes Eisen Musikhochschulen

Mit Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) stellte im Sommer erstmals seit mehr als zehn Jahren eine Landespolitikerin ein Einsparkonzept für Musikhochschulen in Baden-Württemberg vor. Im Landtag fand nun eine Anhörung dazu statt.

Von Michael Brandt | 16.10.2013
    Nach den Auseinandersetzungen und Beschimpfungen der vergangenen Wochen war allein der Anblick bemerkenswert. Die Rektoren der fünf Musikhochschulen in Baden-Württemberg, die Bürgermeister der Hochschulstädte sowie die Studierendenvertreter sitzen friedlich nebeneinander und hören gemeinsam einem Grußwort von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer zu und applaudieren anschließend sogar.

    "Es geht und es muss uns gehen um die Qualität unserer Musikhochschulen, um die Zukunftsfestigkeit unserer Musikhochschulen, in einer Perspektive für mindestens die nächsten zehn Jahre. Und es geht uns um eine Qualität und Zukunftsfestigkeit an allen Standorten und deswegen müssen wir diese Diskussion führen."

    Die Ministerin erläuterte noch einmal die Gründe für ihr Zukunftskonzept für die Musikhochschulen: Wenn das Bundesland mit den meisten, aber den kleinsten Musikhochschulen am Status quo festhalte, sei das keine Zukunftssicherung, so die Ministerin. Die einzelnen Hochschulen müssten sich auf ihre Stärken besinnen und genau die weiterentwickeln. Allerdings, so Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann, die gemeinsam mit ihrem SPD-Kollegen Claus Schmiede zu der Anhörung eingeladen hatte, innerhalb eines vorgegebenen Rahmens:

    "Wir können nicht akzeptieren, wenn es Einbußen bei der Qualität gibt, aber wir können auch nicht akzeptieren, wenn es keine Einsparungen gibt."


    Und dann waren die einzelnen Standorte an der Reihe und zumindest bei den drei großen Hochschulen war schnell ein Konsens herauszuhören, dass die Grundidee des Vorschlages aus dem Ministerium gar nicht so schlecht ist. Dass es nämlich einen Kernbereich gibt, den alle Hochschulen anbieten müssen, und darüber hinaus unterschiedliche Spezialisierungen. Die Rektoren Rüdiger Nolte, Freiburg, Regula Rapp Stuttgart und Hartmut Höll, Karlsruhe:

    "Wenn die Reform unter Kürzungszwang zur Folge hat, dass sie nur mit der unterschiedlichen Gewichtung von fünf Standorten realisierbar ist, dann muss das sachlich begründet werden. Das Eckpunktepapier der Ministerin bietet aus unserer Sicht einen diskussionswürdigen Entwurf, den es weiter zu entwickeln gilt. Hier sehe ich Chancen, wieder Bewegung in den Strukturierungsprozess zu bekommen, denn hier sind alle Musikhochschulen unseres Landes gefordert, gemeinsam Qualitätszentren, Synergien und Verbundstrukturen zu gestalten."

    Die Chefs der beiden kleinen Hochschulen in Trossingen und Mannheim, die bei dem ursprünglichen Konzept auch Teile dessen, was sie als Kernbereich sehen, hätten aufgeben müssen, waren zwar nicht ganz auf dieser Linie, aber bei Weitem nicht mehr so weit entfernt, wie vor einigen Wochen. Wichtig sei, so Rudolf Meister aus Mannheim und Elisabeth Gutjahr aus Trossingen, dass der Kernbereich der musikalischen Ausbildung groß genug ist:

    "Erhaltung der Kernfächer an allen fünf Hochschulen entsprechend der allgemeinen Standardgutachten zur bayerischen Hochschullandschaft, Erhaltung der engen Verknüpfung der Schulmusik mit Klassik, Pop, Jazz gleichermaßen. Der Kernbereich jeder als Fundament einer musikalischen Schulausbildung mit Orchester, Chor und Schulmusik."

    Schulmusik, darauf legt Rudolf Meister besonderen Wert, müsse überall erhalten bleiben. Aber Fächer wie reine Opernschule, Liedklasse oder Orgelspiel müsse es nicht überall geben.

    Und sogar gegen einen gewissen Sparbeitrag sei nichts einzuwenden, wenn im Gegenzug die Zahl der Studienplätze verringert würde, so Elisabeth Gutjahr.

    Die Vertreter der Asten der fünf Musikhochschulen hatten sich am Wochenende zusammengesetzt und ein eigenes Modell für die Zukunft der Musikschulen entwickelt. Ein Aspekt, so der Mannheimer ASTA-Vorsitzende Friedrich Stockmeier, sei ein zusätzliches Studienmodul Kulturvermittlung, das langfristig dazu dienen soll, die Musik besser in die Gesellschaft zu verankern. Außerdem:

    "Dass wir zum Beispiel die künstlerische Ausbildung im Jazz-Pop-Bereich an den schon vorhandenen Standorten Stuttgart und Mannheim stärken wollen, die EMP stärken wollen, eine finanzielle Besserstellung der freien Mitarbeiter, und dass wir die in die Schulmusik an allen fünf Standorten erhalten wollen."

    Gleichzeitig sprechen die Studenten ein wichtiges Problem an: Es ist ihnen im Laufe der vergangenen Wochen nicht gelungen, konkrete Zahlen über die Kosten von Studienplätzen in der verschiedenen Hochschule herauszubekommen. Und tatsächlich scheinen auch an den Hochschulspitzen und im Ministerium Informationen zu fehlen.

    Wie zum Beispiel die Karrierechancen der Absolventen sind. Zu diesem Punkt will jetzt Ministerin Bauer vorlegen und mittels von Befragungen und Studien verlässliche Zahlen erheben, die in dem, was nun folgt, eine zusätzliche Grundlage sein sollen.

    Was nun folgt, sind im Laufe des Nachmittags zunächst nicht-öffentliche Arbeitsgruppen von alle Beteiligten, und dann im Laufe der kommenden Monaten eine ganze Reihe von Diskussionsforen, in dem nun im Konsens über die künftige Musikhochschullandschaft in Baden-Württemberg entscheiden werden soll.