Die Testanlage erreicht man durch das Institut für nukleare Entsorgung, von außen nur ein unscheinbarer grauer länglicher Anbau. Innen herrscht grelles Licht, leere Gänge und das kalte Surren der einzelnen Maschinen. Durch Sichtfenster kann man in den Kern der Anlage, die Betriebszelle mit dem großen Schmelzofen schauen.
Auf der einen Seite kommt der Abfall rein, und dann haben wir hier einen Bediengang, den unteren Bediengang, wo der Operateur auf den unteren Teil des Schmelzofens Sicht hat. Darüber ist der zweite Bediengang, wo entsprechend durch ein Zellenfenster die obere Ansicht des Schmelzofens zu sehen ist.
Die Zelle selbst wird später der radioaktiven Strahlung des Abfalls ausgesetzt und für Menschen nicht mehr begehbar sein. Deshalb sind dort diverse Roboterarme in verschiedenen Winkeln angebracht, um jede Schraube des Schmelzofens erreichen und drehen zu können. Auf den keramische Schmelzofen sind die Wissenschaftler besonders stolz, denn er hat bereits dieselben Maße wie später der Ofen in der Verglasungseinrichtung. In dem riesigen, messingfarbenen Gerät sollen zunächst die flüssigen Anteile der Atomsuppe verdampft werden. Die festen Reststoffe werden dann mit aufgeschmolzenen Glasausgangsstoffen vermengt, um schließlich als glühende Masse in Glaskokillen abgefüllt zu werden. Dieses einstufige Verglasungsverfahren ist einzigartig in ganz Europa - wie Dr. Günther Roth vom Institut für Nukleare Entsorgungstechnik erklärt:
Das ist auch mit die Attraktivität dieses Verfahrens. Sie müssen sich das so vorstellen, dass in einer obersten Schicht bei etwa 100 Grad die wässrigen Anteile verdampfen. Darunter werden Sie salzhaltige Schichten haben, die so zwischen 200 und 700 Grad noch Nitrose-Gase freisetzen, und die verbleibenden Oxide sind dann die Form, die chemische Form der Abfallbestandteile, wie sie ins Glas übernommen werden können - in die Netzstruktur des Glases eingebunden werden können.
Zunächst wird das Verfahren allerdings ohne radioaktive Bestandteile getestet.
Sie können bis auf wenige Ausnahmen die ganzen Stoffe, die in diesem Abfall vorhanden sind, durch chemische, inaktive Isotope simulieren, sodass man von der chemischen Seite her testen kann wie im späteren realen Fall.
Um sicherzugehen, dass die radioaktiven Elemente später tatsächlich ihren festen Platz in der Glasstruktur einnehmen, ist es wichtig, dass bereits bei der Schmelze eine homogene Durchmischung der Glasausgangsstoffe mit dem radioaktivem Abfall geschieht. Genau dafür ist das einstufige Verfahren hervorragend geeignet, meint Dr. Günther Roth:
Die mittlere Verweilzeit dieser Materialien im Schmelzofen beträgt etwa 2,5 Tage. Dazu kommt, dass wir aufgrund des Temperaturfeldes im Schmelzofen eine relativ intensive konvektive Vermischung haben - sodass wir also davon ausgehen können, - und das auch über Proben nachgewiesen haben -, dass die Gläser also sehr, sehr homogen sind, die wir erzeugen.
Einer der später 60 Operateure der Anlage ist Eric Lang. Mit vier anderen Männern in weißen Kitteln sitzt er in der so genannten Leitwarte, einem langgestreckten Raum, dessen eine Wand so verglast ist, dass sie den Blick von oben auf die heiße Zelle mit dem Schmelzofen freigibt. Von hier wird per Kamera und Computer unter anderem das Abfüllen der mit Glas verschmolzenen radioaktiven Abfälle aus dem Schmelzofen in die darunter bereitstehende Kokille überwacht. Eric Lang:
Wir haben vor kurzem einen Glasabstich eingeleitet, das ist ein Prozess, der über zirka eineinhalb Stunden geht, bis das Glas aus dem Ofen in die Kokille entleert werden kann.
Später sollen zehn Liter Atomsuppe pro Stunde verglast und anschließend in Edelstahltonnen abgefüllt werden. Das Endprodukt muss wenigstens 500 Jahre durchhalten, um endlagerfähig zu sein. Dr. Jürgen Fleisch, der Projektleiter der Verglasungseinrichtung ist zuversichtlich:
Die Glaskokille hat etwa einen Durchmesser von 40 Zentimetern, ist etwa 1,50 Meter hoch, hat ein Gewicht von etwa einer halben Tonne, gasdicht oben verschweißt und unterliegt einem hohen Maß an Prüfungen, um eben die ganzen Anforderungen, was eben die Zwischenlager- und Endlagerfähigkeit angeht, zu erfüllen.
Anderthalb Jahre wird es dauern, bis die ganze radioaktive Masse in 130 Kokillen verarbeitet ist. Eine Endkontrolle des Produktes ist nicht mehr vorgesehen: einzig eine Testmöglichkeit bleibt, denn von jeder 10. Kokille soll eine Rückstellprobe genommen werden. Die kann analysiert werden, wenn ein Prozessschritt schief laufen sollte. Eine Möglichkeit, die die Wissenschaftler gerne ausschließen:
Wir gehen davon aus, dass die Kokillen so produziert werden, dass sie eben endlagergerecht sind . Und die Proben werden dann praktisch vor Beendigung des Verglasungsbetriebes gesammelt und in die letzte Kokille gegeben und einfach mit Glas übergossen und das war es dann.