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Heizen mit Dinkel

Brennholz ist teuer geworden, die Preise sind im vergangenen Jahr um bis zu 30 Prozent gestiegen. Doch auch andere natürliche Produkte sind hervorragende Energielieferanten, vorausgesetzt sie können unter hohem Druck zu kleinen Pellets gepresst werden, zum Beispiel die Abfallstoffe des Getreides Dinkel.

Von Carolin Hoffrogge |
    "Hier wird Rohdinkel angeliefert. Wir haben Dinkel fast ausschließlich aus der Region."

    In der Bohlsener Mühle verarbeitet Müller Volker Krause täglich mehrere Tonnen Dinkel. Das Besondere an dem Getreide: Es hat eine harte Schale, die so genannten Spelzen. Um diese Spelzen von den Dinkelkörnen zu trennen, pustet eine Schälmaschine mit viel Kraft gegen die Körner. Volker Krause steht vor dieser fahrstuhlähnlichen Maschine:

    "Hier wird Dinkel geschält, allerdings sind wir hier nicht vor dem Schäler, sondern vor einem Steigsichter. Dieser Steigsichter hat die Aufgabe, die leichten Spelzen von den schweren Körnern zu trennen."

    Unmengen dieser Spelzen fallen Stunde um Stunde aus der Schälmaschine. Noch gelten die Spelzen als Abfallstoff:

    "Wenn wir einen Tag produzieren, ist dieser 30 Kubikmeter-Container voll. Eigentlich muss er jeden Tag entsorgt werden."

    700 Tonnen Dinkelspelzen fallen in der Bohlsener Mühle im Jahr an. Dabei kostet es den Ökomüller 2500 Euro, diese Spelzen loszuwerden:

    "Die Spelzen sind zunächst mal an einen Landwirt gegangen, der daraus Futtermittel hergestellt hat. Danach, weil das dann irgendwann zuviel wurde, haben das andere Landwirte zur Bodenkompostierung gekriegt, es wurde also großflächig auf die Flächen aufgebracht, auch nicht schlecht."

    Viel besser aber scheint die Idee zu sein, die Müller Krause zusammen mit dem Göttinger Agrartechniker Jörg Heinzemann entwickelt hat. In einer Presse drücken sie Spelzen des Dinkels zu so genannten Dinkelpellets zusammen. Diese Pellets sehen eigentlich aus wie Kraftfutter fürs Vieh, wie würmchengroße, dunkle Stifte. Jörg Heinzemann:

    "Wenn sie sich mal das Potenzial angucken, wir sprechen alleine bei Dinkelspelzen von 170.000 Tonnen in Deutschland, dann wird das ungefähr reichen , um 25.000 Einfamilienhäuser zu heizen nur mit den Dinkelspelzen. Und Dinkel ist ein relativ gering vorkommendes Getreide, wenn sie das mal auf Hafer hochrechnen, dann kommen sie auf ganz andere Bereiche."

    Ob Hafer oder Dinkel, vielleicht auch irgendwann mal Grünkern und Einkorn, die Investition der Müller in eine Pelletspresse direkt vor Ort rechnet sich schnell, so Jörg Heinzemann:

    "Wir haben das mal für die Bohlsener Mühle durchgerechnet, also wenn der sich eine Pelletpresse hinstellen würde, würden sich diese Kosten innerhalb von acht Monaten amortisieren, und das bei 100 Euro pro Tonne."

    Damit sind die Dinkelpellets zwei Drittel billiger als die herkömmlichen Holzpellets. Schließlich, so die Göttinger Agrartechniker Heinzemann und Renert, kosten die Holzpellets zurzeit 300 Euro pro Tonne:

    Heinzemann: "Der einzige Nachteil, den wir gefunden haben: sie müssen öfter den Aschenkasten entleeren. Ansonsten haben wir keine Nachteile gefunden."

    Renert: "Der direkte Vergleich zu Holz würde ich sagen, dass sie günstiger sind, da sie eh Abfall sind und eigentlich Geld kosten. Wenn man sie nun presst, macht man aus dem, was man für Futtermittelfirmen oder dergleichen zahlen müsste, noch einen Gewinn. Und man kann es regenerativ nutzen, weil die CO2-Bilanz auf jeden Fall positiv ist."

    Die Göttinger Agrartechniker haben jetzt zusammen mit dem Bohlsener Müller Krause die Zulassung ihrer Dinkelpellets bei den zuständigen Behörden beantragt. Schon bald steht dann in Bohlsen gleich neben der Dinkelschälmaschine eine Anlage, die die Spelzen zu kleinen Pellets presst. Die neuen in Niedersachsen entwickelten Dinkelpellets könnten besonders für die süddeutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg interessant werden. Denn hier wird 80 Prozent des deutschen Dinkels angebaut.