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Hell und offen

Schlank soll es sein, das Büro der Zukunft, flexibel, mobil - doch bei aller Kommunikation soll es auch Rückzugsräume bieten für die Mitarbeiter. Wissenschaftler von fünf verschiedenen Fraunhofer Instituten erforschen im "Office Innovation Center" seit 1996 die Zukunft der Arbeit.

Von Solveig Grahl |
    Im "Büro der Zukunft" heißt die klassische Tee- und Kaffeeküche "Piazza", groß und hell, mitten im Stuttgarter "Office Innovation Center". Ein Kommunikationsraum, wie man ihn mittlerweile in vielen Unternehmen finden wird. Isabella Jesemann, Geschäftsstellenleiterin des OIC, zeigt in die Runde: Stehtische, hohe Stühle mit bunten Sitzflächen, eine moderne Küchenzeile:

    "Man kennt die Teeküchen, es ist irgendwo ein kleines Räumchen zwischen Kellertreppe und Archiv. Bei uns ist es ganz zentral untergebracht, ich vergleiche es immer noch mit der "Piazza di San Marco", wo man sich einfach bei einem Tässchen Espresso trifft und miteinander kommuniziert. Das ist das, was wir hier auch fördern können, die informelle Kommunikation, die letztendlich zum Informationsaustausch und zum Wohlbefinden führt."

    Die Idee für das Office Innovation Center OIC entstand 1996. Seitdem erforschen Wissenschaftler von fünf verschiedenen Fraunhofer Instituten im OIC die Zukunft der Arbeit: Wie muss die Bürowelt künftig aussehen, damit sie den Anforderungen von Effektivität, Mobilität und Flexibilität entspricht?

    "Kommunikation" ist hierbei das Schlüsselwort. Alles ist offen, alles ist hell - und vieles aus Glas:

    Vom Schreibtisch aus blickt Vanessa Borgmann durch gläserne Wände auf die "Piazza". Sehen und gesehen werden ist das Prinzip, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin. Im Office Innovation Center erforscht sie gemeinsam mit ihren Kollegen die Zukunft der Arbeit - und lebt sie zugleich beispielhaft.

    Forschungsergebnisse werden hier sofort in die Realität umgesetzt. Das OIC ist also Entwicklungslabor, lebendiges Büro und Show-Room in einem.
    Zum Konzept der Zukunft gehört auch: Flexibel und mobil sein. Das Motto: Das Büro ist dort, wo du bist. Deshalb hat im OIC auch niemand einen eigenen Schreibtisch. Wer morgens kommt, räumt abends alles wieder auf, in seinen Caddy, einen Rollcontainer mit grünen, gelben oder roten Türen, erzählt Vanessa Borgmann:

    "So dass ich mir jeden Morgen aufs Neue einen Arbeitsplatz aussuchen kann, der den Anforderungen meiner Arbeit an diesem Tag entspricht. Wenn ich also einen konzentrierten Arbeitsplatz suche, bevorzuge ich ein Einzelbüro, eine Denkerzelle zum Beispiel. Wenn ich eher kommunikativ arbeiten muss, dann gehe ich in ein Doppelbüro."

    Unternehmen wie Banken und Versicherungen, aber auch Privatpersonen nutzen das "Office Innovation Center", um sich für die künftige Ausstattung ihrer Büros Ideen zu holen. Dazu gehört auch: So wenig Dokumente in Papierform zu verwenden wie möglich. Isabella Jesemann steht vor den Postfächern:

    " Ich sehe, jetzt ist eine Geschichte angekommen, eine Anmeldung zu einer Veranstaltung, die brauche ich nicht in Papierform, die reicht mir digital. Also wandere ich gleich zum Copy-Shop und lege die Geschichte auf den Scanner ... "

    Der steht gleich gegenüber. Nur noch den Namen eingeben - und schon wird das Dokument an die entsprechende Email-Adresse gesendet. Das ursprüngliche Papier kommt in den Schredder:

    Unternehmen wie die Deutsche Bank hätten fast alle Ideen des "Office Innovation Center" in ihren Filialen realisiert, sagt Isabella Jesemann. Manche übernähmen sogar die "Frozen Cloud": ein riesiges orangefarbenes Ungetüm in Wolkenform mit Sitzplätzen in unterschiedlicher Größe und Höhe. Diese Alternative zum klassischen Besprechungstisch ist laut Experten besonders kommunikationsfördernd.

    Schlank soll es sein, das "Büro der Zukunft", flexibel, mobil - doch bei aller Kommunikation soll es auch Rückzugsräume bieten für die Mitarbeiter. Nur wenige Schritte vom Copy-Shop entfernt liegt deshalb der "Sinnesraum", ausgekleidet mit weißem Stoff. Per Schalter kann man ihn in blaues, rotes oder grünes Licht tauchen. Ein Beamer wirft Bilder von Segelschiffen oder Bergpanoramen an die Wand. Hier sollen Mitarbeiter entspannen - und dabei Ideen oder Lösungen entwickeln für das Projekt, an dem sie gerade arbeiten. Schließlich lässt sich auch Entspannung effektiv nutzen ...