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Helmut Rahn
Die religiöse Seite des Bosses

Helmut Rahn kennt so gut wie jeder Deutsche aus der Reportage des WM-Endspiels 1954. Denn er "müsste schießen" und er schoss. Und wie. Helmut Rahns 3:2 gegen Ungarn ist ein Stück des deutschen Nachkriegs-Selbstbilds. Doch der glorreiche Rahn hatte noch andere Facetten.

Von Matthias Friebe |
    Schwarz-Weiß-Foto-Porträt eines Mannes um die 30, aufgenommen im Vorfeld der Fußball- WM 1958.Undatierte Aufnahme.
    Der Fußballspieler Helmut Rahn vor der Fußball- WM 1958 (picture alliance / dpa / Klaus-Dieter Heirler)
    "Rahn müsste schießen, Rahn schießt, TOOOOR!" Millionenfach gehört und doch erzeugt sie immer noch Gänsehaut bis heute, die Reportage von Herbert Zimmermann beim WM-Finale 1954. Helmut Rahn erzielt mit einem wuchtigen Linksschuss den 3:2-Siegtreffer im WM-Finale gegen Ungarn.
    "Noch zwei, drei Dribbelschritte und der Weg zum Tor war frei. Zumindest in Richtung linke Torecke gab es eine große Lücke. Mit dem linken Fuß bombte ich aus etwa sechzehn Metern Entfernung ein", schreibt Rahn später selbst. An das Tor der Tore erinnert er sich detailliert und an den Jubel danach.
    "Einen Berg von Leibern über mir."
    "Ich wurde von Kameraden, die jubelnd auf mich zusprangen zu Boden geworfen, fühlte hilflos einen Berg von Leibern über mir, unter dem ich beinahe erstickte. ‚Lasst mich leben‘, jammerte ich, ‚so lasst mich doch leben.‘"
    Helmut Rahns Fußballschuh von 1954 mit Kreuz
    Helmut Rahns Fußballschuh von 1954 mit Kreuz (firo Sportphoto)
    Der Held von Bern wächst in Essen-Katernberg auf, mitten im Bergarbeitermilieu. Zeitweilig arbeitet er selbst in der Zeche, sein Vater ist 35 Jahre lang Bergmann. Er gilt als Kumpel.
    Und so verzeiht man Helmut Rahn auch seine Fehler, den ein oder anderen Konflikt mit dem Gesetz wie Trunkenheit am Steuer und so manche Eigensinnigkeit auf dem Platz.
    "Stimmung für den Tag schon gerettet."
    "Ich bin im allgemeinen etwas ruhig, während der Helmut ja vor Temperament überschäumt. Er ist oft morgens um sieben schon auf den Balkon gestürmt, hat seine berühmte Essener Marktfrau über den See geschrien, hat mir die Decke weggezogen, ist mit einem Hechtsprung wieder ins Bett gesprungen, hat gemacht, wie wenn er wieder tief schlafen würde. Ich hab Tränen gelacht und damit war die Stimmung für den Tag schon gerettet", so erinnert sich Kapitän und Zimmergenosse Fritz Walter.

    Und da ist aber noch diese wenig bekannte andere Seite des Helmut Rahn. Sein fester Glaube. Ein Kohlekreuz aus seinem Nachlass zeigt die Verwurzelung im Glauben und die tiefe Heimatverbundenheit in der Bergbau-Stadt Essen. Pfarrer Bernhard Alzhude sagte über Rahn:
    Die deutschen Fußballspieler Fritz Walter (M, mit dem Pokal in denHänden) und Horst Eckel (r) werden am 4.7.1954 von Fans frenetisch gefeiertund auf den Schultern durch das Stadion getragen.
    Deutschland Fußball-Weltmeister 1954 (picture alliance / dpa)
    "Ich hab immer gesagt der Mann mit der Mütze. Der hatte wohl das Bedürfnis hier mal ein Kerzchen anzuzünden. Also er war am Ende nicht mehr der große Kämpfer und Fußballspieler."
    Rahn ganz ehrfürchtig
    Aber ein gläubiger Mensch, der schon ein Jahr nach dem WM-Titel mit der Nationalmannschaft vom Papst empfangen wird. Ein besonderer Tag für Rahn, den er in seiner Autobiographie würdigt, wenn auch mit nüchternen Worten.
    "Papst Pius unterhielt sich mit uns in deutscher Sprache. Er fragte jeden nach seiner Heimatstadt und seiner Familie. Zum Abschluss stellte er sich für ein Erinnerungsfoto zwischen uns."
    Direkt rechts neben dem Papst steht Linksfuß Helmut Rahn auf dem Bild - ganz ehrfürchtig mit Anzug und gefalteten Händen.