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Henkel trotzt der Flaute

An der Börse war Henkel unter den DAX-Werten bisher Tagesverlierer, obwohl der Konsumgüterkonzern sehr gute Geschäftszahlen zum dritten Quartal veröffentlicht hatte. In London stellte das Unternehmen heute nicht nur neue Quartalszahlen vor, sondern legte auch eine Zukunftsstrategie vor.

Günter Hetzke im Gespräch mit Andreas Kolbe |
    Günter Hetzke: Henkel ist in den Bereichen Klebstoffe, Waschmittel, aber auch Kosmetik und Körperpflege tätig und hat hiermit nicht nur in der Vergangenheit gute Umsätze und Gewinne erzielt, sondern seine Erwartungen hier auch noch in die Höhe geschraubt. Im Studio der BBC in London begrüße ich meinen Kollegen Andreas Kolbe. Herr Kolbe, warum sind die Anleger dennoch enttäuscht von diesem Ausblick?

    Andreas Kolbe: Weil der Henkel-Chef Kasper Rorsted die Messlatte einfach schon sehr hoch gelegt hatte. Er ist vor vier Jahren als Vorstandschef bei Henkel angetreten. Da galt das Unternehmen ein bisschen als verstaubt mit all den Traditionsmarken: Pattex, Pril, Persil, Schwarzkopf ...

    Der Däne wollte den Konzern schneller, rentabler und internationaler zu machen. Und das ist ihm besser gelungen, als viele das erwartet haben. Henkel macht heute mehr als 85 Prozent seines Umsatzes im Ausland. Der Konzern hat aus dem Sammelsurium der vielen Marken Hunderte gestrichen und konzentriert sich jetzt nur noch auf die großen, die umsatz- und renditestarken Marken.

    Denn gerade die Rendite, das ist die Zahl, an der sich Rorsted messen lassen will: Von jedem Euro Umsatz sollen 14 Cent Gewinn hängen bleiben. Das war das Ziel bisher. Und diese Marke hat der Konzern erreicht: In den ersten neun Monaten des Jahres lag die Umsatzrendite bei 14,3 Prozent.

    Viele haben nun erwartet, dass Kasper Rorsted nachlegen würde, ein neues Renditeziel für die kommenden Jahre verkündet. Das hat er aber nicht getan. Er hat zwar Umsatz und Gewinnziele ausgegeben. Und daraus kann man auch ableiten, dass der Konzern bis 2016 seine Rendite auf um die 16 Prozent steigern will. Aber den Analysten war das offenbar zu wenig. Manche hatten Henkel mehr zugetraut, bis zu 18 Prozent.

    Günter Hetzke: Wie begründet Henkel-Chef Kasper Rorsted denn diesen vorsichtigen Ausblick?

    Andreas Kolbe: Henkel ist ja viel mehr als nur ein Konsumgüterkonzern – eigentlich ein Klebstoffkonzern mit angeschlossener Waschmittelabteilung. Pritt-Stifte, Pattex-Kleber kennt jeder. Henkel stellt aber auch sehr viele Industrieklebstoffe her, die in beispielsweise Autos drin stecken, in Babywindeln oder in einem iPad.

    Und diese verschiedenen Sparten reagieren doch sehr unterschiedlich auf die sich eintrübende Weltkonjunktur. Geputzt und gewaschen wird immer. Also die Wasch- und Reinigungsmittel oder auch die Kosmetika sind da verhältnismäßig wenig anfällig. Aber gerade die Industrieklebstoffe unterliegen doch einigen Schwankungen. Ich denke, da will man lieber ein bisschen Luft einkalkulieren.

    Das heißt aber nicht, dass Henkel nicht wachsen will. Im Gegenteil. Der Umsatz des Unternehmens soll bis 2016 auf 20 Milliarden Euro steigen. Davon die Hälfte in den wachstumsstarken Schwellenländern. Auf die will sich Henkel noch stärker fokussieren. Und auch beim Gewinn soll Henkel zulegen. Plus zehn Prozent jedes Jahr bis 2016, das ist die neue Messlatte.

    Günter Hetzke: Macht sich die Rezession in Südeuropa denn schon in den Zahlen für dieses Jahr bemerkbar?

    Andreas Kolbe: Die macht sich bemerkbar. In Westeuropa insgesamt sind die Umsätze leicht rückläufig, das liegt an den schwachen Märkten im Süden. Allerdings kann der Konzern das sehr gut ausgleichen mit einem starken Wachstum in Asien oder auch in einigen Ländern Afrikas oder des Nahen Ostens. Sodass die Umsätze insgesamt weltweit um zwei einhalb Prozent zugelegt haben gegenüber dem Vorjahr.

    Auch der Gewinn kann sich sehen lassen. Unter dem Strich waren das in den ersten neun Monaten des Jahres 1,2 Milliarden Euro, fast ein Viertel mehr als vor einem Jahr. Henkel ist da auf dem Weg zu einem neuen Rekordjahr. Und das hat dem Konzern auch geholfen, seine Schuldenlast spürbar zu senken. Die Konzernkasse ist gut gefüllt.

    Das will der Konzern nutzen. Henkel will auf Einkaufstour gehen, um die ausgegebenen Wachstumsziele zu erreichen. Bis zu drei Milliarden Euro könne man dafür lockermachen, wenn sich eine Gelegenheit bietet, heißt es heute hier in London.