Cecil Beatons Fotografie war immer wieder bemerkenswerten Schwankungen unterworfen. Er selbst sagte von sich, daß ihn das alte edwardianische Ideal der schönen Frau oder des schönen Ambientes nie losgelassen hat, daß er ein vom Jugendstil geprägter Spätromantiker war, was man der Ausstattung vieler Interieurs, die seinen Portraits den Hintergrund geben, auch immer wieder anmerkt. Schon in den frühen Portraits der britischen Exzentriker um Edith Sitwell zeigt sich die Tendenz zum Verschnörkelten und beinah mit Reiz Überladenen. In den dreißiger Jahren entdeckt Beaton zunehmend seine Vorliebe für Ausstattungsfotografie, Berühmtheiten wie Coco Chanel oder der Schriftsteller Aldous Huxley sind in höchst artifiziellen Gesten und Posen zu sehen, gegen die Beaton mit seiner Fotografie dann gleichsam anarbeitet, um das Künstliche dann doch wieder natürlich erscheinen zu lassen. Durch diesen Trick fällt jedes dieser Portrait sofort ins Augen, denn nie weiß man, wofür man es halten soll: für Pose oder für eine Charakterstudie. Beides wäre möglich. Die Grenzen verschwimmen. Nicht zuletzt deshalb hat man Beaton später, in den sechziger Jahren, in die Nähe des Glamour und sogar der Pop Art gerückt, vielleicht hat er sogar selbst, dem es an Narzißmus nicht mangelte, diese schicke Etikettierung betrieben .
Die kühle, klare Härte wie in den Portraits eines Irving Penn oder Richard Avendon, die zu seinen Freunden und Bewunderern in den USA zählten, wird man in Beatons Fotografien niemals finden, ebenso wenig die schonungslosen fotografischen Demaskierungen eines John Deacon, dessen Kollege er zeitweise bei der Zeitschrift "Vogue" war. Nein, Beaton pflegt von Beginn an eher einen weniger exponierten, einen weichen, eben sehr auf "Natürlichkeit" bedachten Fotostil, der das Schöne, das faszinierend Vielschichtige einer Persönlichkeit oder ihres Anblicks geradezu entfesseln und befreien will. Ganz bewußt stellt er sich damit in die große Portraittradition der europäischen Malerei. Und es ist gewiß kein Zufall, daß die altehrwürdige National Portrait Gallery in London Beatons Werk als ersten Fotografen überhaupt in ihre Sammlung aufgenommen hat und dafür eigens ihre bis dahin strikt fotophobe Satzung änderte.
Der Zufall will es jedoch auch, daß Beaton in eine Epoche hineingeboren wird, in der das Kunstschöne und die Natürlichkeit immer weiter auseinander gehen, nicht nur auf den Bildern der Modemagazine, sondern in Mode und Design überhaupt und vor allem infolge des rasanten technologischen Fortschritts. Beaton war keineswegs ein Gegner der wachsenden technischen Manipulation von Medien und Wahrnehmung. Er zählte sogar zu den ersten, die öffentlich laut über Schönheitsoperationen für Stars nachdachten. Doch an den über hundert Portraits, die in Wolfsburg zu sehen sind, zeigt vor allem Beatons ganz persönlicher – ja: Kampf um die Bewahrung romantisch-ganzheitlicher Schönheit im Bild.
Das Prinzip erscheint dabei ganz einfach: Wo Beaton es nicht mit wirklich prominenten Zeitgenossen zu tun hat, bemüht er sich durch einen etwas exaltierten Rahmen, die Privatheit ins Künstliche heraufzuziehen, um ihr so eine eindrucksvollere Wirkung zu geben - wunderbar zu studieren bei einer Aufnahme des Kunsthistorikers Bernard Berenson von 1955, eines älteren Herrn, der etwas verschroben in Hut und Gehrock in einem verwilderten Garten steht, während im Hindergrund seine Lebensgefährtin Nicky Mariano sich fast ängstlich an einen dürren Baustamm klammert. Ähnlich macht er es mit dem Gelehrten Walter Sickert und dessen Frau bereits 1940.
Andersherum, wenn Beaton Weltstars oder höchstrangige Persönlichkeiten vor der Linse hat, bemüht er sich, die ohnehin vorhandene prominente Ausstrahlung ins Schlichte, Zufällige und Private hinunterzuholen. Weniger allerdings, um die Götter menschlich erscheinen zu lassen, als um ihre natürliche Anmut und Würde zu feiern. Seine Fotografien des britischen Königshauses aus den dreißiger und vierziger Jahren zählen in dieser Hinsicht zum Intimsten und Gewagtesten, was es in diesem Genre seinerzeit gegeben hat. Königin Elizabeth, Gemahlin von George VI., erscheint 1939 wie gemalt in einem hohen dunklen Kabinett von Buckingham Palace in weichem, scharf einfallenden Fensterlicht. Marylin Monroe blickt 1956 auf dem Bett liegend in die Kamera, als wäre sie gerade in Träumen überrascht worden. Ebenso fängt Beaton Liz Taylors ganze natürliche Schönheit in einem Moment ein, in dem sie flüchtig und fast furchtsam von der Seite in die Kamera blickt.
Diese höchst subtile Mischung aus Inszenierung und Zufall deutet auf vieles voraus, was in der Fotografie erst nach Beatons Tod in den achtziger Jahren immer mehr zur Praxis wurde, vor allem mit fortschreitender Digitalisierung. Jeff Wall, Nan Goldin oder Wolfgang Tillmans und viele andere berufen sich direkt oder indirekt auf Beatons Versuch, nicht nur die Fotografie in die Kunstgeschichte einzuordnen, sondern mit ihr auch zugleich das, was man heute Lifestyle nennt.
Die kühle, klare Härte wie in den Portraits eines Irving Penn oder Richard Avendon, die zu seinen Freunden und Bewunderern in den USA zählten, wird man in Beatons Fotografien niemals finden, ebenso wenig die schonungslosen fotografischen Demaskierungen eines John Deacon, dessen Kollege er zeitweise bei der Zeitschrift "Vogue" war. Nein, Beaton pflegt von Beginn an eher einen weniger exponierten, einen weichen, eben sehr auf "Natürlichkeit" bedachten Fotostil, der das Schöne, das faszinierend Vielschichtige einer Persönlichkeit oder ihres Anblicks geradezu entfesseln und befreien will. Ganz bewußt stellt er sich damit in die große Portraittradition der europäischen Malerei. Und es ist gewiß kein Zufall, daß die altehrwürdige National Portrait Gallery in London Beatons Werk als ersten Fotografen überhaupt in ihre Sammlung aufgenommen hat und dafür eigens ihre bis dahin strikt fotophobe Satzung änderte.
Der Zufall will es jedoch auch, daß Beaton in eine Epoche hineingeboren wird, in der das Kunstschöne und die Natürlichkeit immer weiter auseinander gehen, nicht nur auf den Bildern der Modemagazine, sondern in Mode und Design überhaupt und vor allem infolge des rasanten technologischen Fortschritts. Beaton war keineswegs ein Gegner der wachsenden technischen Manipulation von Medien und Wahrnehmung. Er zählte sogar zu den ersten, die öffentlich laut über Schönheitsoperationen für Stars nachdachten. Doch an den über hundert Portraits, die in Wolfsburg zu sehen sind, zeigt vor allem Beatons ganz persönlicher – ja: Kampf um die Bewahrung romantisch-ganzheitlicher Schönheit im Bild.
Das Prinzip erscheint dabei ganz einfach: Wo Beaton es nicht mit wirklich prominenten Zeitgenossen zu tun hat, bemüht er sich durch einen etwas exaltierten Rahmen, die Privatheit ins Künstliche heraufzuziehen, um ihr so eine eindrucksvollere Wirkung zu geben - wunderbar zu studieren bei einer Aufnahme des Kunsthistorikers Bernard Berenson von 1955, eines älteren Herrn, der etwas verschroben in Hut und Gehrock in einem verwilderten Garten steht, während im Hindergrund seine Lebensgefährtin Nicky Mariano sich fast ängstlich an einen dürren Baustamm klammert. Ähnlich macht er es mit dem Gelehrten Walter Sickert und dessen Frau bereits 1940.
Andersherum, wenn Beaton Weltstars oder höchstrangige Persönlichkeiten vor der Linse hat, bemüht er sich, die ohnehin vorhandene prominente Ausstrahlung ins Schlichte, Zufällige und Private hinunterzuholen. Weniger allerdings, um die Götter menschlich erscheinen zu lassen, als um ihre natürliche Anmut und Würde zu feiern. Seine Fotografien des britischen Königshauses aus den dreißiger und vierziger Jahren zählen in dieser Hinsicht zum Intimsten und Gewagtesten, was es in diesem Genre seinerzeit gegeben hat. Königin Elizabeth, Gemahlin von George VI., erscheint 1939 wie gemalt in einem hohen dunklen Kabinett von Buckingham Palace in weichem, scharf einfallenden Fensterlicht. Marylin Monroe blickt 1956 auf dem Bett liegend in die Kamera, als wäre sie gerade in Träumen überrascht worden. Ebenso fängt Beaton Liz Taylors ganze natürliche Schönheit in einem Moment ein, in dem sie flüchtig und fast furchtsam von der Seite in die Kamera blickt.
Diese höchst subtile Mischung aus Inszenierung und Zufall deutet auf vieles voraus, was in der Fotografie erst nach Beatons Tod in den achtziger Jahren immer mehr zur Praxis wurde, vor allem mit fortschreitender Digitalisierung. Jeff Wall, Nan Goldin oder Wolfgang Tillmans und viele andere berufen sich direkt oder indirekt auf Beatons Versuch, nicht nur die Fotografie in die Kunstgeschichte einzuordnen, sondern mit ihr auch zugleich das, was man heute Lifestyle nennt.