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Herr PhD statt Herr Doktor

Angloamerikanische Titel liegen derzeit voll im Trend. Und jetzt gibt es nach Bachelor und Master bald den PhD für Mediziner. In Bayern an der Technischen Universität München startet zum Wintersemester ein interdisziplinär angelegtes Promotionsstudium. Nach nur sechs Semestern kann es mit der Auszeichnung Doctor of Philosophy abgeschlossen werden.

Von Birgit Fenzel |
    Nun konnten die deutschen Bachelor- und Masterabschlüsse nicht unbedingt alle in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen. Beim neuen Münchner PhD soll das anders sein. Davon ist Prof. Dr. Arthur Konnerth, der Direktor des Instituts für Neurowissenschaften überzeugt. Diese Absolventen werden vom Arbeitsmarkt mit Sicherheit nicht verschmäht:

    " Man braucht die um wirklich qualifiziert, zum Beispiel in der biomedizischen Forschung, arbeiten zu können. Also das ist ein Gebiet, das in den letzten Jahren massiv gewachsen ist und da fehlt der kompetente Nachwuchs, den wir da gerne hätten. "

    Doch sei es nicht nur die Nachwuchsfrage gewesen, die den Wunsch nach einem PhD-Studium in diesem Bereich hat keimen lassen. Auch ein festgestelltes Defizit in Sachen Wissenschaftlichkeit bei medizinischen Doktorarbeiten habe da eine nicht unwesentliche Rolle gespielt.

    " Es ist so, dass Doktorarbeiten in der klinischen Forschung unter den institutionellen Zwangsvoraussetzungen, die häufig da sind, oft dazu führen, dass dann die Arbeiten etwas kürzer sind und auch nach dem Ende eines langen Studiums dann nicht die systematische Schärfe erreichen, wie man es eigentlich von den naturwissenschaftlichen Doktorarbeiten in der Regel erwartet."

    Dieses Defizit soll das neue PhD-Studium beheben. Denn es ist strukturiert, wissenschaftlich, international ausgerichtet und dabei noch schneller als die meisten Promotionen in der Medizin bisher waren. In nur sechs Semestern werden die Teilnehmer wissenschaftliches Arbeiten von der Pike auf lernen. Die Doktorarbeit wird dann nicht mehr wie bisher üblich irgendwann gegen Ende der Ausbildung zusammengeschrieben, sondern steht im Mittelpunkt von Anfang an. Sie ist experimentell ausgerichtet und vom Umfang vergleichbar mit einer naturwissenschaftlichen Promotion. Begleitend dazu gibt es interdisziplinär angelegte Lehrveranstaltungen. Das Programm ist dabei modular angelegt und konzentriert sich zunächst auf drei Bereiche: die Neurowissenschaften, die Molekulare Medizin und die bildgebenden Verfahren. Mit dem interdisziplinären Ansatz wolle man den Teilnehmern einen Überblick über den neuesten Stand der Wissenschaft in den drei Kernbereichen geben, sagt Prof. Dr. Helmuth Adelsberger, Co-Koordinator des neuen PhD für Mediziner in München.

    " Die Studenten stehen alle auf einem unterschiedlichen Level, was ihre Vorbildung anbelangt. Das heißt man fängt mit den basaleren Methoden an, aus dem bereich Bildgebung, aus dem Bereich Neurowissenschaften, aus dem Bereich Molekularbiologie und es wird dann im Laufe des Studiums immer spezieller mit den Angeboten in Form von Vorlesungen, in Form von Methodenkursen, in Form von Labor-Rotationen, wobei die Studenten für eine begrenzte Zeit von wenigen Wochen in ein fachfremdes Labor gehen um mal zu sehen was in anderen Instituten gemacht wird - um sicherzustellen, dass jeder Student einen Überblick über alle modernen wissenschaftlichen Methoden aus dem Bereich Biowissenschaften oder Lebenswissenschaften und Medizintechnik erhält."

    Die Zielgruppe des neuen PhD-Studienganges an der TU-München sind in erster Linie Mediziner, aber auch Absolventen von Natur- und Ingenieurwissenschaften. Für eine Bewerbung müssen Nichtmediziner ein abgeschlossenes Erststudium vorweisen können. Für Mediziner gibt es eine Sonderregelung, (so Prof. Dr. Arthur Konnerth:

    " Die haben die Möglichkeit bereits während ihres laufenden Studiums nach Abschluss des ersten Teils der ärztlichen Prüfung parallel mit diesem PhD-Programm beginnen zu können und alternierend und überlappend ihr Medizinstudium beenden zu können und das PhD-Programm durchführen zu können."

    Die 24jährige Christine Grienberger ist so ein Sonderfall und kann schon während ihres Medizin-Studiums an der TU gleichzeitig das PhD- Programm absolvieren. Bislang sei sie mit ihrem Arbeitspensum noch nicht ins rotieren gekommen. Überhaupt sei das Programm wegen der gebotenen Blicke über den fachlichen Tellerrand sehr spannend, findet sie. Und in den Abschluss setzt sie schon einige Hoffnungen.

    " Also natürlich ist Forschung international und jeder möchte mal ins Ausland gehen und insofern verspreche ich mir schon, dass sich meine Bewerbungschancen im Ausland verbessern, wenn man diesen international bekannten Abschluss hat."

    Bessere Chancen im Ausland verspricht sich auch Elena Dragicevic aus Serbien. Sie hat in Belgrad Mikrobiologie studiert und möchte an der TU einen Doktortitel erwerben, der auf internationaler Ebene sofort verstanden wird. Der gute alte Dr. rer. nat. werfe da erfahrungsgemäß einfach zu viele Fragen auf:

    " For me ist very intersting because of the international title. It is very difficult if you are foreigner to go back into your country or to America or english-speaking country it is difficult to explain "dr. rer nat"."

    Hierzulande mag das derzeit noch genau anders sein. Mit einem Doctor of Philosophy assoziiert nicht jeder unbedingt sofort Forschungaktivitäten in Medizin, Technik oder Lebenswissenschaften - aber das kann sich ja ändern.