Wer so und auf diese Weise musikalisch zusammenklaut, zeigt, worauf es ihm ankommt. Schon allein dafür lohnt es sich, Wagners "Feen" auf sich wirken zu lassen: Dass es ihm die Gruselszenen des "Freischütz" in seiner Jugend besonders angetan hatten, hat Wagner später selbst bekannt. Aber das ist längst nicht alles: der Geist des Vaters in Hamlet, die Feen aus Webers "Oberon" zeigen, wie Wagner "tickt": Ich nehme alles, Hauptsache es spukt.
Aber nicht nur die Zauberhörner Hüons aus dem "Oberon" sind zu hören, auch die Prüfungen aus der "Zauberflöte", von Wagner in den "Feen" von drei Damen auf zwei reduziert oder Florestans existenzieller Liebesschrei nach der verlorenen Geliebten aus Beethovens Oper "Fidelio" – das alles ist hier wie in einem "The best of" der Opernromantik wie in einer Waffenkammer der todsicheren Effekte geordnet.
Dabei ist der kommende Wagner schon zu hören: der "Holländer" als Schauerdrama mit Schauermännern; das Weib als Doppelsubjekt von Sehnsucht und Hexerei, Wagners Kundry-Syndrom eben; aber auch die Figur des singenden Zeugen, der wie Gurnemanz im Parsifal die allzu lange und ausladende Vergangenheit nachzutragen hat; und schließlich nicht zu vergessen Wagner als musikalischer Grammatiker, der in seiner Spannungssyntax ständig Ausrufezeichen auskomponiert, damit das Publikum auch ja versteht, wie wichtig diese aktuelle Szene jetzt für den Gesamtverlauf ist. Solche musikalische Laternchen blinken in den Feen so häufig wie Glühwürmchen in einer Sommernacht.
Bei all diesen Anspielungen kommt die Handlung um König Arindal, der im Feenreich seine Ada kennenlernt und fast wieder verliert, und der ganz nebenbei auch noch das Volk von Tramond vor seinen Feinden zu schützen hat, denn doch ein wenig in Schieflagen der Wahrscheinlichkeit. Aber auch hier zeigt Wagner, wie frech man als Librettist eine Vollkaskoversicherung abschließen kann, die musikhistorisch andere bezahlt haben: wenn in der Handlungslogik nichts mehr geht, wenn das Publikum wie die Hauptperson ausformulieren bekennen mussmuss: "Wie braust`s in meinem Hirn!", dann mussmuss die Musik sich eben selbst retten. Dann ist es der Orpheus-Mythos, dann ist es der Zauber der Musik selbst, mit welchem Arindal seine versteinerte Schöne zurückgewinnen kann. Dann sollen die Leute mal hören, wird sich der junge Wagner gesagt haben, nicht was musikalisch geschieht, sondern wie es musikalisch geschieht!
Was kompositorisch folgt, ist dann zwar noch etwas hausbacken, aber das macht in Frankfurt ein erstaunliches, auch in seiner Zusammenstellung hoch ambitioniertes Sängerensemble wett: Da ist der Arindal von Burkhard Fritz, der in der zweiten Aufführung zu einer sensationeller Darstellung findet, der bei aller Kraft noch edlen Schmelz behalten kann. Da ist das Deutschland-Debut Debüt von Tamara Wilson als Ada, einer schlackenlosen Hochdramatischen, von der man hier sicher noch viel hören wird. Eindrucksvoll ihre Cavatina "Wie muss ich doch beklagen" aus dem 1.Akt.
Und diese klare, nie wabernde Dramatik von Tamara Wilson stimmt wunderschön zu den lyrischen Sopranen von Brenda Rae als Lora und Christiane Karg als Drolla. Auch im Baritonbereich hat der Sängerwettstreit von Thorsten Grümbel als Gernot und Michael Nagy als Morald Format! Es ist also eine große Aufführung unter der beeindruckenden Leitung von Sebastian Weigle, denn Weigle lässt Wagners musikalischen "Datenklau" und die Schnittstellen immer wieder transparent werden, ohne darüber die Gesamtheit zu opfern.
Sicher wurde diese Aufführung dem normalen Opernbetrieb mit etwas zu wenig Proben für das Opern- und Museumsorchester abgerungen, was aber für die kommenden CD–Produktionen vielleicht noch überdacht werden kann.
Informationen:
Oper Frankfurt: "Die Feen" von Richard Wagner
Aber nicht nur die Zauberhörner Hüons aus dem "Oberon" sind zu hören, auch die Prüfungen aus der "Zauberflöte", von Wagner in den "Feen" von drei Damen auf zwei reduziert oder Florestans existenzieller Liebesschrei nach der verlorenen Geliebten aus Beethovens Oper "Fidelio" – das alles ist hier wie in einem "The best of" der Opernromantik wie in einer Waffenkammer der todsicheren Effekte geordnet.
Dabei ist der kommende Wagner schon zu hören: der "Holländer" als Schauerdrama mit Schauermännern; das Weib als Doppelsubjekt von Sehnsucht und Hexerei, Wagners Kundry-Syndrom eben; aber auch die Figur des singenden Zeugen, der wie Gurnemanz im Parsifal die allzu lange und ausladende Vergangenheit nachzutragen hat; und schließlich nicht zu vergessen Wagner als musikalischer Grammatiker, der in seiner Spannungssyntax ständig Ausrufezeichen auskomponiert, damit das Publikum auch ja versteht, wie wichtig diese aktuelle Szene jetzt für den Gesamtverlauf ist. Solche musikalische Laternchen blinken in den Feen so häufig wie Glühwürmchen in einer Sommernacht.
Bei all diesen Anspielungen kommt die Handlung um König Arindal, der im Feenreich seine Ada kennenlernt und fast wieder verliert, und der ganz nebenbei auch noch das Volk von Tramond vor seinen Feinden zu schützen hat, denn doch ein wenig in Schieflagen der Wahrscheinlichkeit. Aber auch hier zeigt Wagner, wie frech man als Librettist eine Vollkaskoversicherung abschließen kann, die musikhistorisch andere bezahlt haben: wenn in der Handlungslogik nichts mehr geht, wenn das Publikum wie die Hauptperson ausformulieren bekennen mussmuss: "Wie braust`s in meinem Hirn!", dann mussmuss die Musik sich eben selbst retten. Dann ist es der Orpheus-Mythos, dann ist es der Zauber der Musik selbst, mit welchem Arindal seine versteinerte Schöne zurückgewinnen kann. Dann sollen die Leute mal hören, wird sich der junge Wagner gesagt haben, nicht was musikalisch geschieht, sondern wie es musikalisch geschieht!
Was kompositorisch folgt, ist dann zwar noch etwas hausbacken, aber das macht in Frankfurt ein erstaunliches, auch in seiner Zusammenstellung hoch ambitioniertes Sängerensemble wett: Da ist der Arindal von Burkhard Fritz, der in der zweiten Aufführung zu einer sensationeller Darstellung findet, der bei aller Kraft noch edlen Schmelz behalten kann. Da ist das Deutschland-Debut Debüt von Tamara Wilson als Ada, einer schlackenlosen Hochdramatischen, von der man hier sicher noch viel hören wird. Eindrucksvoll ihre Cavatina "Wie muss ich doch beklagen" aus dem 1.Akt.
Und diese klare, nie wabernde Dramatik von Tamara Wilson stimmt wunderschön zu den lyrischen Sopranen von Brenda Rae als Lora und Christiane Karg als Drolla. Auch im Baritonbereich hat der Sängerwettstreit von Thorsten Grümbel als Gernot und Michael Nagy als Morald Format! Es ist also eine große Aufführung unter der beeindruckenden Leitung von Sebastian Weigle, denn Weigle lässt Wagners musikalischen "Datenklau" und die Schnittstellen immer wieder transparent werden, ohne darüber die Gesamtheit zu opfern.
Sicher wurde diese Aufführung dem normalen Opernbetrieb mit etwas zu wenig Proben für das Opern- und Museumsorchester abgerungen, was aber für die kommenden CD–Produktionen vielleicht noch überdacht werden kann.
Informationen:
Oper Frankfurt: "Die Feen" von Richard Wagner